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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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war.
    »Die Leute hier sind an den Vulkan gewöhnt«, erklärte Paul. »Es sind die merkwürdigen Vorgänge, die ihnen nicht gefallen.«
    Sie fuhren weiter Richtung Süden, vorbei an Puuhonua O Honaunua, der sogenannten Stadt der Zuflucht. Von dem winzigen Kaff Kealia einmal abgesehen, waren die einzigen Anzeichen für Besiedelung ein oder zwei Hütten neben dem Highway und die schmalen Straßen, die zu den Dörfern Hoopuloa und Milolii im Osten führten. Paul erzählte, daß beide Ortschaften wegen des Lavastromes evakuiert worden seien.
    Meilen bevor sie die Lava sehen konnte, bewunderte Eleanor schon die riesigen Rauch- und Dampfwolken, die vor ihnen aufstiegen. Es war eine Wand aus blauschwarzem Rauch und — anscheinend direkt vor ihnen — ein Turm aus weißem Dampf, der sich fünfzehntausend Meter oder mehr erhob. Es war beängstigend, immer weiter auf einen so brodelnden Himmel zuzufahren.
    Die Straßensperre tauchte ohne große Vorwarnung auf. Gerade eben schnurrte der Jeep noch mit fünfundvierzig Meilen pro Stunde dahin, und der Wind zauste Eleanors kurzes Haar, und dann kamen sie um eine Kurve, und plötzlich blockierten Absperrungen, Warnleuchten und zwei Highway-Patrol-Wagen zweihundert Meter weiter ihren Weg. Eleanor bremste ab und hielt neben einem Officer, der bei der ersten Warnleuchte stand.
    »Die Straße ist gesperrt, Ma’am«, sagte der Polizist. Er war Hawaiianer, hatte aber strahlend blaue Augen. »Der Lavastrom hat sie hier und weiter östlich abgeschnitten. Sie kehren am besten wieder um. Oh... hallo, Paul.«
    »Eugene«, grüßte ihn Paul Kukali. »Ich bin überrascht, daß hier nicht mehr Schaulustige rumstehen.«
    »Davon hatten wir schon genug«, erwiderte der Officer grinsend. »Einige der großen Ferienhotels haben bis heute morgen Ausflugsbusse hergeschickt. Aber jetzt wird vor Gasen und weiteren Lavaströmen in eurer Gegend gewarnt, also haben sie damit aufgehört. Die meisten Touristen sind drüben auf der Hilo-Seite. Na ja, und dann gibt es natürlich noch die Hubschrauber.« Als wolle er die Worte des Staatspolizisten unterstreichen, donnerte ein Jet-Copter über die Lavafelder zu ihrer Rechten hinweg und flog eine enge Schleife um die aufsteigende Dampfsäule.
    »Darf ich Ms. Stewart hier zeigen, wie pahoehoe aussieht, wenn sie noch frisch ist?«
    »Klar«, erwiderte der Officer. »Parkt einfach da drüben auf dem Seitenstreifen. Aber geht nicht zu nah ran. Wir hatten hier heute morgen eine Lady aus dem Mauna-Lani-Tourbus, die ist plötzlich umgekippt und in Ohnmacht gefallen. Die Hitze ist noch immer ziemlich schlimm, und die Gase sind tückisch.«
    Paul nickte. Eleanor stellte den Wagen ab, und sie gingen an den Absperrungen vorbei den Highway entlang.
    »Das ist unglaublich«, sagte Eleanor. Und das war es. Etwa eine Meile weiter östlich wälzte sich eine fast drei Meter hohe Wand aus grauer Lava auf ihrem Weg vom Mauna Loa zur Küste über den Highway. Rauch stieg von der aufgeworfenen grauen Oberfläche auf. Wo die zähen Wülste der pahoehoe auf den Asphalt trafen, konnte man deutlich den orangefarbenen Feuerschein der aktiven Lava erkennen, wie Licht, das unter einer Tür hindurchschien. Winzige Flocken schälten sich von der aufbrechenden, sich verschiebenden Lava und flatterten auf der heißen Luft davon. Die gesamte Oberfläche brach auf und verschob sich, während sie abkühlte. Das Gras neben dem Strom war schwarz verbrannt oder kokelte noch, und das Gestrüpp zu beiden Seiten des Highways brannte entweder oder stand nur noch als verkohlte Stümpfe da.
    Glücklicherweise zog der Rauch nach Süden, aber die Hitze war so stark, daß Eleanor und Paul gute fünf, sechs Meter von der Wand aus grauer Lava stehenbleiben mußten. Vor Eleanors Augen platzten die Wülste und Falten vermeintlich abgekühlter Lava wie die Schale eines Eis, und das Eigelb aus geschmolzenem Feuer floß heraus auf den Highway oder das glimmende Gras. Alles, was mit der Lava in Berührung kam, ging augenblicklich in Flammen auf.
    »Unglaublich«, sagte Eleanor abermals und hob die Hand, um ihr Gesicht vor der Hitze zu schützen.
    »Dieser Strom hat gestern morgen den Highway überquert«, erklärte Paul. »Südlich und östlich von hier hatten schon wenigstens fünf Ströme die Straße abgeschnitten.«
    Eleanor spähte zum Vulkan hinüber, der größtenteils von Rauch verhüllt war. »Können sie es kommen sehen?«
    »Normalerweise ja. Aber dieser spezielle Strom trat aus einem Lavatunnel keine

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