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Die Feuer von Eden

Titel: Die Feuer von Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
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Hier wurde der Kampf härter, als weigerte sich der Geist, zu den Organen aufzusteigen und dem Körper von neuem zu erlauben, zu atmen und zu leben. Ich griff hinter mich, so als wüßte ich, daß die alte Frau mir einen irdenen Krug hinhielt. Sie tat es. Ich schöpfte frisches Wasser aus dem Gefäß und goß es über Reverend Haymarks Leib, während ich sang:
     
    »Ich lasse dich wachsen, o Kane!
    Ich, Lorena Stewart, bin die Prophetin.
    Pele ist die Göttin.
    Dies ist ihr Werk.
    Sie gibt das Wachstum,
    Hier ist das Wasser des Lebens.
    E ala e! Erwache! Erhebe dich!
    Laß das Leben zurückkehren.
    Das kapu des Todes ist vorüber.
    Es ist aufgehoben,
    Es ist davongeflogen.«
     
    Plötzlich gab der widerstrebende Geist seine Gegenwehr auf und schien ganz mühelos nach oben zu gleiten, während ich die Seiten und den Bauch des toten Missionars schlug und rieb. Ich rieb den Geist in die schlaffen Arme und schlug die Finger, bis ich dort die Wärme zurückkehren fühlte. Schließlich rieb ich den dicken Hals, massierte die Kiefer und legte meine leuchtenden Finger auf das Gesicht und den Skalp des toten Mannes.
    Einen Augenblick später lehnte ich mich zurück, mit einem Male erschöpft, und die göttliche Kraft entströmte mir so plötzlich und unvermittelt, daß ich die Finger an die Augenwinkel hob, um mich zu vergewissern, daß nicht meine eigene uhane entfloh.
    Reverend Haymark würgte und keuchte, und dann schlug er flatternd seine Augenlider auf. Seine Lippen bewegten sich. Er begann zu atmen.
    Ich glaube, Mr. Clemens hat mich aufgefangen, als ich in Ohnmacht fiel.
     
    Cordie stand in dem verwüsteten Büro des Astronomen, schwenkte die Taschenlampe über die zertrümmerte Wand und die dunkle Höhle dahinter, sah das Blut auf dem Boden, an den Wänden und an der Decke. Schließlich trat sie zurück und sagte: »Also gut, ziehen Sie sich aus.«
    »Vergessen Sie’s«, gab Byron Trumbo zurück. Er würde sich auf das Miststück stürzen, bevor er diese Demütigung zuließ.
    Cordie seufzte erschöpft und hob den Revolver. »Wohin hätten Sie den Schuß denn gern? In den Oberschenkel oder in den Rettungsring, den Sie mit sich rumschleppen? Wie auch immer, Sie werden immer noch laufen können, und nur das zählt.« Sie spannte den Hahn, zu weit entfernt, als daß Trumbo sich hätte auf sie stürzen können.
    Der Milliardär begann zu fluchen, während er sein Hemd aufknöpfte. Als er schließlich die Unterwäsche ausgezogen hatte, hatte er jede Unflätigkeit benutzt, die er in seinem bunten Leben gelernt hatte, und damit angefangen, einige neue zu erfinden. Cordie zog sich ebenfalls aus, die Taschenlampe noch immer erhoben. Als Trumbo nur noch seine Socken trug und die pummelige kleine Frau nur noch den Revolver, die Taschenlampe und die Strohtasche, fragte er: »Was kommt als nächstes? Wollen Sie mich vergewaltigen?«
    »Ich muß doch sehr bitten«, gab Cordie zurück, »ich habe erst vor zwei Stunden gegessen. Runter mit den Socken.«
    »Wenn wir da reingehen, schneide ich mir an den Felsen die Füße auf«, sagte Trumbo und hörte etwas in seiner Stimme mitschwingen, das nach einem erbärmlichen Winseln klang.
    Cordie zuckte mit den Achseln. »Die Geister da drin tragen keine Socken. Also denke ich, dasselbe gilt für uns. Runter damit.«
    Trumbo biß die Zähne zusammen und zog die Socken aus. »Wollen Sie die Tasche da mitnehmen? Glauben Sie, daß Geister Strohtaschen mit sich herumschleppen?«
    »Das ist mir scheißegal«, gab Cordie zurück. »Irgendwodrin muß ich meine Sachen mitnehmen. Ich lasse Kidders Tagebuch nicht zurück!«
    »Wessen Tagebuch?«
    »Das geht Sie nichts an«, erwiderte Cordie. »Wir sollten uns jetzt lieber parfümieren. Sie zuerst. Am besten fangen Sie mit der Knoblauchpaste an, würde ich sagen.«
    Die nächsten Minuten stellten alles in den Schatten, was Byron Trumbo je erlebt hatte. Unter dem einäugigen Blick der Pistole schmierte er sich mit halbflüssigem Knoblauch ein, dann rieb er die Anchovispaste darüber. Der Gestank ließ ihn würgen.
    »Jetzt der Käse«, befahl Cordie, während sie sich selber mit dem Knoblauch einrieb, ohne den Revolver zu senken.
    »Scheiße«, knurrte Trumbo und machte sich daran, Käse zu zerkrümeln. »Der wird nicht halten«, sagte er.
    »Der wird schon halten. Schmieren Sie nur munter weiter.«
    Trumbo schmierte. Der aromatische Limburger klebte auf seiner Brust. Krümel verfingen sich unter seinen Achselhöhlen und fielen auf sein Schamhaar. Er

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