Die Feuer von Eden
sogenannten samoanischen Bungalows — riesige hales mit eigenen Swimmingpools und Gärten. Jeweils ganz nach Osten, Süden und Norden fanden sich Lavafelder — eine a’a- Wüste, die sich über Meilen und Abermeilen erstreckte. Die Bucht und der Strand sowie der Segelhafen auf der Nordseite der Landzunge waren die einzigen Stellen, wo man an das Meer herankam: Klippen im Norden und Süden verhinderten einen direkten Zugang zum Pazifik.
Eleanor hatte bereits das Petroglyphengebiet lokalisiert — direkt hinter den Fairways des südlicheren Golfplatzes verlief ein Joggingpfad durch die Ausläufer des Lavafelds zur Küste. Ein kleines Schild zu Beginn des Pfads erklärte, daß die hier zu findenden Felsmalereien von den hawaiischen Ureinwohnern stammten und strikt vom Mauna-Pele-Hotel geschützt wurden. Andere Schilder warnten Jogger, auf dem Pfad zu bleiben und vor Einbruch der Dunkelheit zum Hotel zurückzukehren, da die a‘a- Felder gefährlich seien, durchsetzt von Felsspalten und eingestürzten Lavatunneln.
Nach einem kurzen Rundgang über das Anwesen kehrte Eleanor zur Big Hale zurück, und es blieben ihr noch zwanzig Minuten, um sich hier umzuschauen, bevor die Kunstführung begann. Sie ging an der Treppe zur Walbeobachtungs lanai und verschiedenen exklusiveren, über Tag geschlossenen Restaurants vorbei und erklomm den breiten Treppenaufgang zum Atrium. Eleanor erkannte auf den ersten Blick, daß die Big Hale eine eigenständige Ferienanlage war; die Gäste mußten nicht ein einziges Mal die Mauern dieses Gebäudes verlassen und würden trotzdem das Gefühl haben, einen exotischen Urlaub verbracht zu haben.
Die äußere Fassade des Gebäudes täuschte: Mit dem nachempfundenen Bambusdach, dem großen Vorbau und den sieben Terrassenetagen, die von Topfpflanzen überquollen, paßte sich die Big Hale nahtlos in das »Eingeborenenhütten«-Motiv der gesamten Hotelanlage ein, aber vom Atrium oder den Hallen im Innern aus betrachtet, war der Bau ausgesprochen elegant. Die an einem Hang gelegene Big Hale zeigte jemandem, der sich dem Ostportal näherte, nur fünf Stockwerke. Wenn man das Hotel von der Ozeanseite betrat, wie Eleanor es getan hatte, kam man an Geschäften und Restaurants vorbei und fand sich unvermittelt in einem Bambuswald wieder, wo ein Pfad über terrassenartig angelegte Grashügel an koi- Teichen und ganzen Trauben herabhängender Orchideen vorbeiführte. Das Innere der Big Hale lag unter freiem Himmel, jede mit Kletterranken und blühenden Pflanzen in Hängetöpfen geschmückte Terrasse ein Stück weiter über das bewaldete Atrium gezogen. So mußte Babylon in seiner Blütezeit ausgesehen haben, dachte Eleanor bei sich.
Die Empfangshalle lag zwei Stockwerke über der untersten Ebene, ihre blankgebohnerten Kachelböden und ihre lächelnden Buddhas ungeschützt den Passatwinden preisgegeben, die ungehindert von den Stufen des Osteingangs zur Westterrasse über der Walbeobachtungs lanai wehten. Eleanor sah einige Hotelangestellte, die diskret durch die sonnigen Korridore huschten, aber alles in allem herrschte der Eindruck sauberer Leere und Stille vor — durchbrochen einzig von Vogelgezwitscher —, drinnen wie draußen, da das Atrium und die Lobby eine Anzahl von riesigen Volieren beherbergten, in denen Kakadus, Aras, Papageien und andere exotische Vögel kreischten und plapperten — und dem beständigen leisen Rauschen der Brandung und der Palmwedel.
Eleanor hatte längere Zeit mit einem Architekten zusammengelebt, und nun wanderte ihr so geschulter Blick bewundernd über die kostspielige Ausstattung, das polierte Messing, das glänzende Zedernholz und das wunderschön geschnitzte Mahagoni, die dunklen Eisenholzrahmen um die Fenster und die erlesenen Marmorumrandungen um die Fahrstühle und die traditionellen japanischen Verandas und Raumaufteilungen, die irgendwie zu einem Gesamteindruck verschmolzen, der — so unglaublich es schien — sowohl postmodern als auch ansprechend war. Dieser Bau vermied die Hyatt-Disney-Aufdringlichkeit, ohne auf Wirkung zu verzichten. Oder zumindest stellte Eleanor sich vor, daß ihr Ex-Geliebter es so ausdrücken würde.
In diesem Moment kam ihr in den Sinn, daß sie sich gern die Haare schneiden lassen würde. Eleanors Haar war gewöhnlich kurz — eine Freundin hatte einmal gesagt, sie sehe aus wie Amelia Earhart —, aber im Frühling ließ sie es gemeinhin länger wachsen, einzig um es sich an ihrem Reiseziel schneiden zu lassen. In welchem Land
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