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Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition)

Titel: Die Feuer von Murano: Ein Venedig-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giuseppe Furno
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ihn genau so gewollt, mit Wänden aus Stein und ohne Fenster, damit der Blick sich nicht in irdischen Dingen verliert. Setzt Euch dorthin.« Jacomo zeigte ihm eine Art schräges Bett, das sich um fünfundvierzig Grad neigte.
    Andrea legte sich darauf. Es bestand aus einer weichen, bequemen Matratze und einer Fußstütze. Jacomo ging zu einem seltsamen Gegenstand, der, ebenfalls geneigt, auf ein Gestell montiert war und im rötlichen Licht an eine jener kleinen Schiffskanonen erinnerte, die über die Bootswände geschwenktwerden können. Und tatsächlich war sie wie eine Waffe auf Andreas Gesicht gerichtet.
    »Was ist das?«
    »Schaut hindurch, und Ihr werdet verstehen.«
    Andrea betrachtete den Gegenstand, berührte ihn. Er war quadratisch, im Durchmesser gut vier Finger breit, eine Elle lang, vielleicht etwas mehr und nach seinem Gewicht bei der Schwenkbewegung zu urteilen, musste der mit Samt umkleidete Körper aus Holz sein.
    »Wo muss ich hindurchschauen?«
    »Am Ende, wo das Glas sitzt.«
    Im rötlichen Schein der Laterne erkannte er den Lichtreflex des Glases, es war wirklich wie das Zielen mit einer Arkebuse. Er hob den Kopf und legte das Auge an die Öffnung.
    Ihm war, als würde er ins Paradies aufsteigen oder in Meerestiefen stürzen. Seine Sehkraft schien von dieser kleinen Kanone wie in die Milchstraße katapultiert. Sein Atem ging schneller.
    »Platon lehrte uns, die Augen zum Himmel zu heben. Aristoteles hat uns wieder auf die Erde blicken lassen«, sagte Jacomo. »Es hat die Zeit Platons gegeben, jetzt scheint Aristoteles herrschen zu müssen, und es ist wirklich bedauerlich, den einen zu verlieren und dafür den anderen vorzufinden.« Als er Andreas Erschütterung sah, zeigte er auf den Gegenstand. »Ich habe es das Sternenauge genannt.«
    Andrea legte das Auge wieder an das Glas.
    »Das ist wunderbar   …«, flüsterte er, während die Sterne größer wurden und, sich vervielfachend, dem Himmel Tiefe verliehen. »Und das habt Ihr gebaut?«
    »Vor vierzig Jahren.«
    Andrea blickte Jacomo erstaunt an. »Warum ist ein solches Juwel noch nicht allen bekannt?«
    Der Glasmeister schwieg eine Weile.
    »Man hat beschlossen, es verborgen zu halten.«
    »Man hat beschlossen? Wer?«
    »Die Wächter. Eure Mutter Lucrezia, Lucia, Marin, ich selbst und die anderen. Ob richtig oder falsch, wir dachten jedenfalls, es sei zu gefährlich, das Instrument allgemein bekannt zu machen.«
    »Aber warum denn nur?«
    Jacomo nickte leicht. Dann bückte er sich. »Ich möchte Euch zeigen, was ein Sternenauge vermag«, und mit diesen Worten stellte er sich neben Andrea, musterte den Himmel durch das Glas und drehte es um eine Handbreit. »Hier, seht selbst.« Er machte Platz, und Andrea näherte sich dem Rohr.
    »Allmächtiger Gott! Was ist das? Ein kleiner Mond?«
    »Das ist die Venus.«
    Fassungslos starrte Andrea auf die leuchtende Sichel, die jetzt, inmitten der anderen Sterne, in der Tiefe des unendlichen Himmels zu stehen schien.
    »Ich zeige Euch Jupiter.« Er spähte ins Firmament über dem gläsernen Dach. »Ah, da ist er! Ihr müsst Eure Position ein wenig verändern.« Er half Andrea, sich aufzurichten, stellte das Fernrohr ein. »Seht nur, welch eine Pracht«, sagte er.
    Andrea schaute hindurch. Noch stärker als die Venus vermittelte dieser Planet den Eindruck einer vertrauten Rundheit, wie Mond und Erde gleichzeitig, und er schien in einer von der Vernunft fassbaren Entfernung zu liegen.
    »Welch eine Gefahr könnte ein solches Wunderwerk bergen?«
    Jacomo suchte nach den rechten Worten, um es zu erklären: »Ihr habt Venus und Jupiter gesehen, aber ebenso leicht lassen sich damit Dinge auf der Erde beobachten. Von hier, von diesem Campanile aus, haben wir die Segel im Golf von Venedig gesehen, fünfunddreißig Meilen entfernt, und sogar den goldenen Reflex des Erzengels auf der Spitze von San Marco. Stellt Euch vor, welch ein ungeheurer Vorteil es für einen Admiral, einen General wäre, vor der Schlacht die Schiffe, die Truppenstärke und die Kanonen des Feindes zählen und seine Bewegungen schon von weitem verfolgen zu können.« Er machte eine Pause.»Die Türken suchen die Bücher, die unter anderem lehren, wie man das Sternenauge und viele andere Instrumente baut. Seit langem suchen sie danach, und vor drei Jahren haben sie mit Hilfe von Verbrechern eine der Lampen stehlen können, die Teil der Chiffre sind.«
    »Bitte erklärt mir das alles!« Andreas Tonfall war fast flehentlich.
    »In diesen Büchern

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