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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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und Helena brauchten sie mehr. Sie wußte, sie war in Troia eine Fremde wie die Prinzessin aus Kolchis und die Königin von Sparta.
    Kassandra blieb bei Andromache, während Helena in die Gemächer von Paris lief und dort Nikos und Astyanax fand. Sie hatten beide geweint, wie ihre tränenverschmierten Gesichter verrieten. Offenbar hatte jemand ihnen von Hektors Tod erzählt und versucht, Astyanax zu trösten. Helena ging mit den beiden zum Brunnen im Hof und wusch ihnen mit einem Zipfel ihres Schleiers die Gesichter. Astyanax sank seiner Mutter dankbar in die Arme, bemerkte ihre Tränen und rief bestürzt: »Weine nicht, Mutter! Sie haben mir gesagt, ich soll nicht weinen, denn mein Vater ist als Held gestorben. Also weshalb weinst  du ?«
    Helena sagte sanft: »Astyanax, du mußt mithelfen, die Tränen deiner Mutter zu trocknen. Es ist jetzt deine Aufgabe, für sie zu sorgen, da dein Vater es nicht mehr kann.«
    Andromache hielt ihr Kind in den Armen, und die Tränen rannen ihr über das Gesicht. Schließlich führten Helena und Kassandra sie in ihr Schlafgemach, brachten sie zu Bett und legten den Jungen an ihre Seite.
    »Nikos bleibt bei mir«, sagte Helena. »Oh, warum nehmen sie uns die Kinder so jung?« Aber als sie Nikos an sich ziehen wollte, wich er empört zurück.
    »lch bin kein kleines Kind mehr, Mutter. Ich gehe zurück zu den Männern.«
    Helena unterdrückte ein Schluchzen und sagte: »Wie du willst, mein Sohn. Aber zuerst umarme mich.«
    Nikos tat es widerwillig und rannte davon. Helena liefen die Tränen über das Gesicht, während sie ihm traurig nachsah.
    »Paris hat ihn nicht besser erzogen als Menelaos«, erklärte sie. »Mir gefällt nicht, was die Männer aus den Jungen machen - ihre Ebenbilder. Gott sei Dank schämt sich Astyanax noch nicht, bei seiner Mutter zu bleiben«, fügte sie hinzu und starrte in den heftigen Regen hinaus, der gegen die Palastmauern peitschte.
    »Kassandra«, rief sie plötzlich mit angsterfüllter Stimme und klammerte sich so ungestüm an sie, daß Kassandra beinahe die Fackel fallen ließ, »Was wird mit meinem Sohn geschehen, wenn wir den Achaiern in die Hände fallen? Vielleicht schrecken die Troianer vor nichts zurück, um sicherzustellen, daß Menelaos ihn nicht zurückfordern kann.«
    »Heißt das, du glaubst, mein Vater oder meine Brüder würden vor nichts zurückschrecken, um zu verhindern, daß Nikos nach Sparta zurückgebracht wird?« Kassandra glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen.
    »Ich kann es mir nicht vorstellen, aber… «
    »Wenn du so etwas denkst, solltest du vielleicht wirklich zu Menelaos zurückkehren und deinen Sohn in Sicherheit bringen. Er wird dich bestimmt gnädig aufnehmen, wenn du ihm seinen Sohn zurückbringst… «
    »Ich habe immer geglaubt, Nikos sei in Troia viel besser aufgehoben, und Paris wäre ein besserer Vater als Menelaos«, murmelte Helena traurig. »Und so war es auch, Kassandra, so war es … Aber jetzt, jetzt scheint er ihn zu hassen, weil er am Leben ist und unsere Söhne tot sind … « Die Stimme versagte ihr, sie klammerte sich an Kassandra und weinte.
    »Du gehst also…?«
    »Ich kann nicht«, sagte Helena dumpf, »ich bringe es nicht über mich, Paris zu verlassen. Ich rede mir ein, es ist der Wille der Götter, daß ich bleibe, bis alles zu Ende ist. Paris liebt mich nicht mehr. Trotzdem möchte ich eher in Troia als in Sparta sein … « Sie verstummte und fügte nach einer Weile hinzu: »Kassandra, du bist müde. Ich darf dich nicht länger aufhalten. Oder gehst du zurück und hältst bei Troilos Totenwache?«
    »Nein, ich glaube, ich bin dort nicht erwünscht«, erwiderte Kassandra. »Ich gehe hinauf in den Tempel.«
    »Bei diesem Regen? Hör dir das Unwetter an«, gab Helena zu bedenken. »Du bist herzlich eingeladen, hier zu schlafen. Du kannst in meinem Bett schlafen. Es ist höchst unwahrscheinlich, daß Paris heute nacht kommen wird. Die Männer haben zu Ehren von Hektors Geist so viel getrunken, daß sie den Weg nicht mehr finden würden. Ich kann dir von den Kammerfrauen auch im Nebenzimmer ein Bett machen lassen.«
    »Das ist sehr freundlich von dir, Schwester. Aber sie schlafen bereits alle. Laß sie ruhen«, erwiderte Kassandra. »Durch den Regen werde ich einen klaren Kopf bekommen. « Sie griff nach ihrem Mantel und zog sich die Kapuze über den Kopf. Dann umarmte und küßte sie Helena. »Andromache hat es nicht so gemeint«, sagte sie.
    »Oh, das weiß ich. An ihrer Stelle würde ich auch so

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