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Die Feuer von Troia

Die Feuer von Troia

Titel: Die Feuer von Troia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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einer Hakennase. Die tiefliegenden Augen schienen in unendliche Fernen zu blicken. Noch ehe sie das Wiedererkennen in Andromaches Augen sah, wußte sie, es war der berühmte Seefahrer und Seeräuber Odysseus, ein alter Freund ihres Vaters.
    Odysseus drehte sich um und rief: »Welch ein Strauß von Schönheiten. Das können nicht alles deine Töchter sein, Priamos, oder? Ich erinnere mich, daß du etwas mehr als deinen Teil an Frauen gehabt hast. «
    Priamos bedeutete ihnen, den Gast zu begrüßen.
    Kassandra fand sich plötzlich in den starken Armen eines Bären. 
    »Deine zweite Tochter, nicht wahr? Ist sie die Braut? Bei allen Dämonen, warum auch nicht?« Er roch nach salziger Luft und schwach nach Wein. Kassandra konnte ihm die Umarmung nicht verübeln; er war so freundlich und erfrischend wie ein Windstoß. »So eine schöne Frau hättest du wohl gern, nicht wahr, Aeneas, mein Freund?«
    Kassandra sah, daß. Aeneas sie wohlgefällig betrachtete, und daß Kreusa den Tränen nahe war.
    Sie befreite sich sanft aus Odysseus’ Armen und sagte: »Nicht doch, Herr. Ich bin für keinen Mann bestimmt. Ich bin eine Jungfrau des Sonnengottes Apollon und damit zufrieden. «
    »Beim Feuer der Hölle!« Seine Flüche waren so heftig wie alles an ihm. »Was für eine Verschwendung, schönes Kind! Ich würde dich heiraten. Allerdings habe ich schon eine Frau in Ithaka, und Hera, meine Schutzgöttin, ist eine Göttin der ehelichen Treue. Ich bekäme Schwierigkeiten mit IHR , wenn ich mich an andere Frauen heranmachen würde. Das heißt nicht, daß ich nicht meinen Teil gehabt hätte. Aber ich könnte nicht noch einmal heiraten - und außerdem möchtest du einen schönen jungen Mann, nicht ein altes Walroß wie mich.« Kassandra kicherte. Mit seinem riesigen Schnauzbart sah er wirklich wie ein Walroß aus.
    »Und das ist Hektors Frau?« fragte er und wandte sich Andromache zu. »Hektor, du hast doch nichts dagegen, wenn ein alter Mann deine Frau küßt, nicht wahr? In meinem Teil der Welt ist das Brauch.« Er griff nach Andromaches Armen und tätschelte ihr den gewölbten Leib. »Ich komme nicht nahe genug an dich heran, Mädchen, für einen richtigen Kuß. Nun ja, vielleicht ein andermal.« Er drückte ihr einen schmatzenden Kuß auf die Wange.
    »Ich habe ein paar Sachen mitgebracht - Beute von einem kretischen Schiff. Brautgeschenke für deine Tochter, Priamos, und Geschenke für den prächtigen Enkelsohn, den diese hübsche Frau in wenigen Tagen bekommen wird - nicht wahr? Und da die Kleine hier nicht heiraten will, gebe ich die Geschenke für sie dem Tempel des Sonnengottes. «
    »Ich danke dir in Apollons Namen«, sagte Kassandra höflich, und Odysseus zog sie an den Platz an seiner Seite.
    »Komm, setz dich neben mich und trink aus meinem Becher. Du bist als einzige nicht gebunden, und so, wie ich dir unter den Augen deines Vaters und deiner Mutter den Hof machen kann, schadet es dir nicht.«
    »Meine Schwester Polyxena ist nicht verheiratet«, erwiderte Kassandra verschmitzt, und Odysseus sagte lachend: »Nicht mehr lange, wie ich deinen Vater kenne, Mädchen. Polyxena ist ganz hübsch, aber unter uns gesagt, mir ist eine Frau mit ein bißchen mehr Fleisch auf den Knochen lieber. Du bist gerade richtig.« 
    Kassandra nahm seinen Becher und mischte ihm den Wein, und als die Diener herumgingen, legte sie ihm vor. Sie fühlte sich zu dem alten Mann hingezogen.
    Priamos sagte: »Nun berichte uns deine Neuigkeiten, Odysseus. Ich brauche auch deinen Rat, mein Freund. Achilleus, der Sohn des Peleus, hat um Polyxena angehalten und ein Angebot gemacht. Würdest du an meiner Stelle annehmen? Er ist von edler Herkunft, und wie ich höre auch sehr tapfer …«
    »Tapfer ist er gewiß«, sagte Odysseus. »Aber sein einziges Vergnügen ist Töten. Wenn ich eine Tochter hätte, würde ich ihr lieber die Kehle durchschneiden, als sie diesem Verrückten zur Frau zu geben.«
    »Er ist so stark wie Herakles… «, begann Hektor.
    »Und hat viele seiner Fehler«, unterbrach ihn Odysseus. »Wie Herakles ist er kein Mann für Frauen. Hin und wieder gefällt ihm eine, und in einem Anfall von Verrücktheit bringt er sie möglicherweise um. Ich bin mit Herakles einmal auf einem Schiff gefahren - ein einziges Mal. Das reichte. Ich konnte sein ständiges Trübsal blasen wegen irgendwelcher Freunde und seine plötzlichen Wutanfälle bald nicht mehr ertragen. Und für meinen Geschmack ist Achilleus ihm viel zu ähnlich. Es gibt genug prächtige

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