Die Feuerbraut
trübsinnig und in ihrem Zustand sogar krank.« Dionysia von Kerlings Worte klangen einleuchtend, doch Irmela konnte ihre Ansicht nicht teilen.
Unterdessen hatten die Männer die Kutsche gewendet und die Pferde wieder vorgespannt. Abdur kam auf die Frauen zu und wies auf den offenen Schlag. »Ich bitte die Damen, wieder Platz zu nehmen. Im Wagen ist es doch ein wenig angenehmer als im Freien.«
»Und ich soll nicht einsteigen?«, fragte Fanny naserümpfend.
Abdur blickte sie erstaunt an. »Doch, natürlich! Warum fragst du?«
»Weil du nur von den Damen gesprochen hast. Ich aber bin nur die Zofe.« Ohne Abdur Gelegenheit zu geben, darauf zu antworten, stieg Fanny in den Kutschkasten und bemerkte erst, als sie sich aufquiekend auf das nasse Polster setzte, dass sie sich vorgedrängt hatte. Nun zog sie den Kopf ein.
»Ich bitte die Damen zu entschuldigen, dass ich als Erste eingestiegen bin. Aber dieses nutzlose Stück Holzkohle hat mich zu sehr geärgert.«
Irmela blickte sie fragend an. »Warum tust du das?«
»Es war wirklich keine Absicht!«, rief Fanny beschwörend.
»Das meine ich nicht. Ich will wissen, warum du Abdur mit so hässlichen Ausdrücken belegst. Warum beleidigst du ihn ständig?Er ist trotz seiner dunklen Hautfarbe ein guter Mensch, vor dem du Achtung haben solltest.«
Innerlich gab Fanny ihrer Herrin recht. Dennoch warf sie trotzig den Kopf hoch. »Er ärgert mich halt.«
»Dich kümmert es jedoch nicht, ob du mich damit ärgerst!« Diesmal lag eine gewisse Schärfe in Irmelas Worten. Sie fasste Fannys Hand und zog sie so zu sich herum, dass sie ihr in die Augen blicken musste. »Ohne Abdur wären wir in größten Schwierigkeiten. Weder Frau von Kerling noch ich sind es gewohnt, solch weite Fahrten zu planen, und von den anderen Männern beherrscht ebenfalls niemand diese Kunst. Daher bin ich sehr froh, Abdur bei uns zu haben.«
»Ich auch!«, warf Dionysia von Kerling lobend ein. Abdur hatte ihre Achtung durch die Fürsorge erworben, die er ihr und Irmela, aber auch Fanny zukommen ließ.
Die Zofe sah sich in eine Ecke gedrängt und fauchte. »Ich mag ihn halt nicht! Aber da Ihr es wünscht, werde ich in Zukunft meinen Mund halten.« Dann kniff sie deutlich sichtbar die Lippen zusammen.
In Irmelas Augen benahm Fanny sich wie ein kleines Kind, und sie überlegte, wie sie ihre Zofe von Abdurs Qualitäten überzeugen konnte. Gerade als ihr eine Idee kam, wie sie es beginnen konnte, ohne Fannys Widerspenstigkeit zu reizen, steckte der Mohr den Kopf zum Schlag herein.
»Ich habe in Langegg eine Herberge gesehen, in der wir unterkommen könnten. Daher schlage ich vor, dorthin zurückzukehren. Einfach aufs Geratewohl weiterzufahren, halte ich für wenig sinnvoll.«
»Du hast recht. Ich werde froh sein, wenn ich aus den nassen Sachen herauskomme, sonst werde ich noch krank.« Irmela nickte dem Burschen zu und fachte Fannys Eifersucht auf Abdur erneut an.
»Ich vermag Euch einen Trunk zu bereiten, der das Fieber fernhält. Er stammt von meiner Großmutter, die jedes Kräutlein in Wald und Flur kannte.«
»Danke, das wäre sehr lieb von dir. Du solltest aber genug davon brauen, damit auch unsere Begleiter einen Becher davon bekommen.« Irmela nickte anerkennend, doch die Zofe machte nur eine wegwerfende Handbewegung.
»Männer haben eine dicke Schwarte, und dieser Kaminkehrer sowieso.«
Irmela richtete sich zornig auf. »Jetzt reicht es, Fanny!«
Ihre Zofe begriff, dass es besser war zu schweigen, und starrte auf das regennasse Land hinaus, durch das sich die Straße wie ein schlammiger Bach wand, in dem die Pferde bis zu den Fesseln einsanken.
Allen in der Kutsche schien es, als gäbe es nichts mehr um sie außer Wasser, und Irmela fragte sich, ob die Beschreibungen der Hölle vielleicht falsch sein mochten. Zumindest der Weg dahin schien aus Kälte und alles durchdringender Nässe zu bestehen. Als Langegg endlich vor ihnen auftauchte, empfand sie es beinahe wie ein Wunder.
Das Dorf war kaum größer als jenes, das zu Harlau gehörte, und die Herberge wirkte nicht so, als ob tagtäglich edle Gäste in ihr einkehrten. Aber sie versprach ein Feuer, an dem sich alle wärmen und trocknen konnten. Ehe der Kutscher seine dampfenden Pferde zum Stehen gebracht hatte, sprang Abdur von dem kleinen Podest, das hinten an der Kutsche angebracht war, und rannte durch den aufspritzenden Matsch zur Tür. Auf sein Klopfen hin steckte ein Mann seinen Kopf zur Tür heraus, schätzte die Reisegesellschaft
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