Die Feuerinseln: Das Geheimnis von Askir 5 (German Edition)
jetzt erschlagen sollte. Hätte ich noch Seelenreißer besessen, wäre es wahrscheinlich schon erledigt.
»Gut«, sagte ich, deutete eine knappe Verbeugung vor dem Fürsten an und ging davon, geradewegs als ob ich wüsste, wohin ich gehen wollte. »Komm!«, rief ich über meine Schulter, und mein Elf trottete hinterher.
13. Kurzweil für Piraten
Während ich zielstrebig davonschritt, schalt ich mich einen Narren. Was hatte mich nur geritten, mich so tief zu verstricken? Nicht nur, dass dieser Fürst Celan sich jetzt an mich erinnern würde, diese drei Sklavenhändler waren mir auch nicht wohlgesonnen. Üblicherweise vergaßen mich Menschen nicht leicht … und was jetzt? Ich hielt inne, löste das Armband von meinem Arm und schaute zu meinem Elfen zurück, doch der sah mich nur treuherzig an. Ich mochte Hunde durchaus, aber nicht solche, die auf zwei Beinen liefen.
»Haltet ein, Esseri«, rief die Sklavenhändlerin hinter mir. Sie war mir nachgeeilt und stellte sich mir nun in den Weg. Ihre Leibwächter waren nicht mitgekommen, die kümmerten sich wohl um die menschliche Ware. »Ich gebe Euch fünfunddreißig Goldkronen für ihn«, rief sie mit bebendem Busen. »Damit habt Ihr in einem Tag zehn Goldstücke gutgemacht!«
»Ich will ihn nicht verkaufen.«
»Ihr seid dumm, wenn Ihr auf den Handel nicht eingeht, Esseri«, beharrte sie. »Nun gut, ich gebe Euch fünfzig … aber ich werde bis morgen Abend brauchen, um das Gold zusammenzubekommen!«
»Nein!«, sagte ich und wandte mich ab. Sie legte ihre Hand auf meinen Schwertarm und hielt mich mit überraschender Kraft zurück. »Das ist mein letztes Angebot, Esseri«, sagte sie mit einem seltsam verzweifelten Ton in der Stimme.
Ich nahm ihre Hand und löste sie mit Nachdruck von meinem Arm. »Ich sagte, er ist nicht zu verkaufen.«
Sie schaute hoch zu mir und rieb sich das Handgelenk, dann nickte sie steif. »Wie Ihr wünscht, Esseri«, entgegnete sie kalt. »Ihr werdet es bereuen.« Damit drehte sie sich mit wehenden Röcken um und marschierte davon. In dem Moment erinnerte sie mich ein wenig an Leandra.
Da war der Poller aus Stein, auf dem ich vorhin noch gesessen hatte, dorthin ging ich und setzte mich, der Elf setzte sich wortlos daneben. Ich sah ihn an, und er erwiderte treu meinen Blick. Die Elfen hatten uns geholfen, ohne nach einer Gegenleistung zu fragen. Sie waren mir fremd, erschienen mir fast wie naive Kinder und zugleich irgendwie weise. Ich mochte sie. Ich hatte ihn nicht in diesem Käfig lassen können. Ich würde es jederzeit wieder tun. Also hatte ich jetzt kein Gold mehr, dafür einen Elfen. Gut, in Ordnung, dann war es so.
Aber was sollte ich jetzt tun?
Ich musterte meinen nackten, geschundenen Besitz und stand auf. Vorhin hatte ich auf dem Markt einen Stand gesehen, an dem Kleider gehandelt wurden. Eine halbe Kerze und zwei Silberstücke später trug der Elf eine dunkle Robe und Sandalen, ein Fortschritt, wenn auch nur ein kleiner. Außerdem hatte ich ihm Rendors Gurt und Entermesser gegeben.
Dann fiel mein Blick auf ein Wirtshaus, ein Stück seitlich abgesetzt vom Markt, das etwas besser zu sein schien. Zumindest lagen keine Betrunkenen vor der Tür, und der weiße Putz blätterte auch noch nicht ab. Über dem Eingang hing ein großer vergoldeter Becher, dem der Boden fehlte. Der Durstige Becher , vermutete ich. Ein gewisser Blutiger Marcus hatte hier Quartier genommen. Wenn die Piratenkapitäne hier abstiegen, dann war dies vielleicht eine bessere Wahl als die anderen Spelunken. Oder auch nicht. Am Eingang stand ein bulliger Bediensteter mit einem schweren Knüppel, er musterte mich und den Elfen, sagte aber nichts.
Ich stieß die Tür auf und trat ein.
Es war ruhig hier, die Tische standen gerade, der Boden war sauber, es stank nicht allzu sehr nach Bier, und der Wirt sah nicht aus, als ob er mir seine Mutter verkaufen wollte. Ich war angenehm überrascht. Der Gastraum war vielleicht zu einem Fünftel gefüllt, die Gäste selbst wirkten gesitteter als erwartet. Überraschend viele waren fast schon elegant gekleidet, nur ein paar entsprachen dem bunten Mischmasch, das ich von den Straßen kannte. Alle hatten sich um einen großen Tisch versammelt, nur eine einzige Frau befand sich unter ihnen. Sie war gekleidet wie ein Mann, allerdings klaffte ihr Hemd auf und gewährte einen freizügigen Einblick. Selbst mit der Narbe auf ihrer Wange sah sie deutlich besser aus als die meisten Frauen, die ich bisher auf den Straßen gesehen
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