Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
schon denken kannst. Er hat nichts preisgegeben, nur gedroht, dass die Zeit ihrer Wiederkehr nahe sei. Auf Elfisch. Hat es ihr förmlich ins Gesicht gespuckt. Im Moment wird er von einigen Priestern der Ordensgemeinschaft untersucht.«
Neor blickte hinaus. Die Bäume draußen im Park glänzten im Sonnenlicht. Es war ein herrlicher, strahlender Tag, der sogar noch mit einer leichten Brise gesegnet war.
Und doch schwelte etwas unter der Oberfläche, eine kriechende, unheimliche Bedrohung, die sich langsam über die gesamte Aufgetauchte Welt ausbreitete. Zwei Tage zuvor hatten sie Nachricht erhalten von einem verseuchten Dorf an der Grenze zum Land des Meeres.
»Wir müssen die Grenzen schließen«, erklärte der Prinz.
Eine dramatische Maßnahme, denn in diesem Augenblick
war eine Reihe von Drachenrittern auf ihrer Mission außerhalb des Landes der Sonne unterwegs. Man würde ihnen den Rückweg abschneiden und sie ihrem Schicksal überlassen.
»Das sind unsere Leute. Willst du sie zum Tod verurteilen?«
»Natürlich nicht. Aber sie müssen ihren Auftrag zu Ende bringen. Dafür war ein Monat eingeplant. Was danach geschieht, wird sich zeigen. Vielleicht reicht es, sie unter Quarantäne zu stellen. Auf alle Fälle darf niemand mehr unkontrolliert die Grenze zwischen dem Land des Wassers und dem der Sonne passieren.«
Learco stand auf, und Neor beobachtete, wie er mit großen Schritten den Raum durchmaß, während ihn die durch die Fenster einfallenden Sonnenstrahlen in Abständen erhellten.
»Das können wir unseren Soldaten nicht antun.«
Neor seufzte. »Wir wussten um die Gefahr, als wir sie dorthin aussandten.«
»Aber hier haben sie ihre Familien, ihre Angehörigen …«
»Das ist aber nun einmal ihre Mission.«
Learco blieb stehen und blickte seinem Sohn fest in die Augen. »Manchmal lässt mich deine Abgeklärtheit erschaudern.«
Neor erlaubte sich ein erschöpftes Lächeln. »Eben dieser Abgeklärtheit wegen wolltest du mich doch an deiner Seite wissen. Oder etwa nicht? Ginge es nach dir, wäre ich heute bereits König.«
Learco blickte zu Boden.
»Wir müssen jede Ausbreitung verhindern und gleichzeitig ein wirksames Heilmittel finden. Heilpriester, Magier, Weise – sie müssen sich zusammen ins Zeug legen, um zu einer Lösung zu kommen. Währenddessen haben wir dafür zu sorgen, dass die Zahl der Toten möglichst gering bleibt.«
»Das heißt auch, einige Leben opfern, damit sehr viel mehr Leben verschont bleiben …«
»Ganz recht …« Neor dachte an die Soldaten, an Garavar, der zu seiner ersten Mission ins Land des Wassers aufgebrochen war, an Nitta, der sich zu seinem letzten Auftrag vor seinem Ausscheiden aufgemacht hatte. Er schloss die Augen. So viele Leben, die von seiner Entscheidung betroffen waren. Und wie vielen Untertanen seines Vaters mochten seinen Entscheidungen schon zum Verhängnis geworden sein?
»Zudem ist es dringend geboten, die ganze Stadt auf den Kopf zu stellen, um die Elfen zu finden. Sie sind schon mitten unter uns, überall …«
»Die Agenten deiner Mutter haben bereits damit begonnen.«
»Veranlasse, dass die Wachsoldaten ihnen helfen. Außerdem muss eine Notstandssitzung des Gemeinsamen Rates einberufen werden. Sofort. Noch heute.«
Learco schaute seinen Sohn erschöpft an. »Auch das ist bereits geschehen. Die Boten wurden ausgesandt, und ich selbst gedenke, in spätestens drei Tagen aufzubrechen, ausgestattet mit allem, was wir über diese Bedrohung wissen.«
Neor lächelte gequält. Es war tatsächlich ein Wettlauf gegen die Zeit.
»Was sollen wir der Bevölkerung mitteilen?«, fragte der König schließlich.
»Nicht mehr als unbedingt notwendig«, antwortete der Prinz. »Keinesfalls darf eine Panik geschürt werden. Aber dennoch müssen wir überall die Lage im Auge behalten und dazu einzelne Soldaten auf Streife in die Dörfer und Städte ausschicken.«
Einige Augenblicke schwiegen sie.
»Wie immer bist du mir unentbehrlich«, sagte Learco dann mit einem Lächeln.
Neor überlegte, dass er seinem Vater gern entbehrlicher
gewesen wäre, wenn ihm dafür solch dramatische Entscheidungen, wie er sie gerade getroffen hatte, erspart geblieben wären.
Als Erster verließ er den Raum und traf draußen auf Adhara, die dort im Flur auf ihn wartete. Sie wirkte verändert, strahlte etwas aus, was er an ihr nicht kannte, vielleicht eine neue Selbstsicherheit. Seit er sie an jenem Morgen zur Gesellschafterin seiner Tochter gemacht hatte, waren sie sich nicht
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