Die Feuerkämpferin 01 - Im Bann der Wächter
ihr auf den ersten Blick entgangen war: Sein Haar schimmerte leicht bläulich.
Ein Halbelf , sagte ihr die innere Stimme.
Ein wenig zögernd traten sie näher, während der Fremde sie aufmerksam betrachtete.
»Amina«, begann Neor, »ich habe die Ehre, dir einen berühmten Mann vorstellen zu dürfen, von dem du im Unterricht sicher schon viel gehört hast: Das ist San, der nach gar zu langer Abwesenheit zu uns zurückgekehrt ist.«
Staunend riss die Prinzessin die Augen auf und blieb wie angewurzelt stehen.
Es war der Mann in Schwarz, der sich als Erster rührte. Lächelnd trat er einige Schritte auf sie zu. »Sehr erfreut, deine Bekanntschaft zu machen.«
Dann wandte er sich Adhara zu und musterte sie auf eine Weise, die sie verstörte, so als durchstöbere sein Blick ihr Innerstes auf der Suche nach den verborgensten Regungen. Sie spürte die ganze Größe dieses Mannes, ohne sagen zu können, wodurch er sie ausstrahlte.
»Das ist Adhara, die Gesellschafterin meiner Enkeltochter«, stellte Learco sie vor.
Endlich lächelte San auch sie an, und Adhara fragte sich, wer dieser Mann war und wieso sein Blick sie so ergriffen hatte.
Gleich darauf war der Gast wieder von den anderen Familienmitgliedern umringt, die ihn weiter feierten. Amina starrte ihn verzaubert an, ganz außer sich angesichts der Tatsache, eine solch legendäre Gestalt vor sich zu haben, bekam aber kein Wort heraus.
Als sie, noch aufgewühlt von der Überraschung, wieder draußen waren, erklärte sie Adhara, wer dieser Mann war und warum man ihn so begeistert willkommen geheißen hatte. »Stell dir doch mal vor: Er hat Ido gut gekannt und auch am Kampf für die Rettung der Aufgetauchten Welt teilgenommen. Das ist ein Held!«, schwärmte sie mit geröteten Wangen.
Adhara dachte wieder über das eigenartige Gefühl nach, das sie beim Anblick dieses Mannes überkommen hatte. Ein Gefühl, das nichts mit seinen Heldentaten oder seiner eindrucksvollen Erscheinung zu tun hatte. Nein, da war noch etwas anderes, das jeden in seiner Nähe auf Anhieb faszinierte. Und seltsamerweise fiel ihr, während sie so darüber nachdachte, Amhal ein.
Die Neuigkeit verbreitete sich wie ein Lauffeuer im Palast und bald auch darüber hinaus, sickerte durch in die Stadt und war rasch in aller Munde. San, der Held, jener furchtlose Junge, der in dem letzten gewaltigen Ringen, das damals die Aufgetauchte Welt erschütterte, an vorderster Front gekämpft hatte, war zurückgekehrt.
Eine Zeit lang geriet alles andere in Vergessenheit, und selbst am Hof erlaubten es sich Neor, Dubhe und Learco, die Seuche und die Sorgen, die sie zuletzt in Atem gehalten hatten, zu verdrängen. Das Ereignis musste gefeiert werden.
Dubhe lächelte häufiger, als man es von ihr gewohnt war, Neor betrachtete den Gast mit einer Mischung aus Bewunderung
und wohlwollendem Neid, und auch Kalth war hingerissen. Sogar die Hohepriesterin begab sich in den Palast, um San willkommen zu heißen.
Adhara war bei ihrem Besuch zugegen, sah zu, wie die ältere Frau San fest umarmte, ihr an seiner Schulter die Tränen kamen. Er selbst wirkte ergriffen.
»Ich hätte besser auf dich aufpassen müssen …«, schluchzte Theana.
»Meine Gedanken waren immer auch bei dir«, antwortete er, wobei er sie anlächelte.
Bald schon wurde die Schlange der Neugierigen, die San aus irgendwelchen Gründen kennenlernen und treffen wollten, derart lang, dass man beschloss, ein großes Fest zu veranstalten, an dem alle teilnehmen sollten.
Am meisten von allen freute sich König Learco über die Wiederkehr dieses so lange verschollen geglaubten Mannes. Daher setzte er sich auch mehr als jeder andere dafür ein, das Ereignis in gebührender Weise zu feiern. Unter anderem beschloss er, San ehrenhalber zum Drachenritter zu schlagen. Offenbar hatte dieser viele Jahre seines Lebens mit Nihals legendärem Drachen Oarf zusammengelebt. Auf seinen Schwingen hatte das Tier ihn durch die Welt getragen, bis es eines Tages an Altersschwäche gestorben war. Danach hatte sich San einen neues Reittier suchen müssen und sich für einen Lindwurm entschieden, eine Drachenrasse ohne Vorderpranken, die im Süden der Unerforschten Lande, jenseits des Saars, zu Hause war.
Adhara war über die Lage nicht völlig im Bild, verstand aber immerhin so viel, dass hier ein Mann in schier unglaublichem Maß mit Ehren überhäuft wurde, wie sie bislang noch kaum jemandem in der Aufgetauchten Welt zuteilgeworden waren.
Unter einer stechenden Sonne,
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