Die Feuerkämpferin 03 - Im Land der Elfen
sich unter eine Decke, die sie, ebenso wie ein Kopfkissen, in einer Truhe gefunden hatte. Das Gewebe war verstaubt und so brüchig geworden, dass es fast unter den Fingern zerfiel, doch kaum hatte sie sich darin eingewickelt, fühlte sie sich schon etwas besser. Tröstlich knisterte das Feuer und erwärmte langsam das Haus.
Ihr Kopf wurde immer leerer, und die Augen fielen ihr zu. In wenigen Tagen würde sie die Prüfung in Aels Heiligtum bestehen müssen, und was danach kam, war
nicht vorhersehbar. Doch im Moment war nur Raum für diese wohlige Wärme, die ihre Glieder auftaute, für diese muffig riechende, schützende Decke und das weiche Kissen unter ihrem Kopf.
Am nächsten Tag ging es ihr bereits besser. Jamila, die durch ein Loch im Dach zu ihr hineinblicken konnte, begrüßte sie mit einem Brüllen.
Den ganzen Tag versuchte Adhara, sich so gut wie möglich zu erholen, bewegte sich nur im Haus und stöberte ein wenig in den Regalen. Dabei fand sie eine detaillierte Karte vom Land des Wassers. Im Geiste verglich sie, was sie dort sah, mit Sennars Beschreibungen in Nihals Heldengeschichte und konnte so die Lage von Aels Heiligtum ziemlich genau lokalisieren. Ihrer Schätzung nach lag es ungefähr sechs Tagesreisen entfernt.
Ich darf höchstens vier brauchen , sagte sie sich, während sie sich niederlegte, um sich noch eine letzte Nacht auszuruhen.
Als sie am nächsten Morgen die Augen aufschlug, war die Sonne noch nicht aufgegangen.
Sie trat aus dem Haus, um Jamila zu wecken, die noch friedlich schlief. »Wir sind bald am Ziel. Aber jetzt brauche ich noch einmal all deine Kraft für einen anstrengenden Flug. Vier Tage am Stück. Schaffst du das?«
Der Drache blickte sie mit seinen grünen Augen an, und Adhara wusste, dass er sie nicht enttäuschen würde.
»Dann los«, rief sie und schwang sich auf seinen
Rücken. Noch ein lautes Brüllen, und schon stiegen sie gen Himmel auf.
Bald zeichnete sich unter ihnen ein loses Geflecht aus Bächen und Flüssen ab. Das matte Licht des anbrechenden kalten Wintertages ließ sie wie silberne Bänder glitzern. Dieses Panorama erinnerte Adhara an ihre erste Reise mit Jamila. Alles verlief im Kreis, doch obwohl sie jetzt zum Ausgangspunkt zurückkehrte, war auch alles etwas anders. Anders war die Aufgetauchte Welt, anders die Gründe für ihre Reise.
Am vierten Tag sah sie unter sich die Sümpfe auftauchen.
Alles war eingehüllt in einen niedrigen, kaum zu durchdringenden Nebel, und stechender Fäulnisgestank zog ihr in die Nase. Dort, wo die Nebelbänke sich lichteten, erkannte sie einen von fauligem Wasser getränkten Erdboden. Hier und dort ragten die dürren schwarzen Stämme abgestorbener Bäume aus den Dunstschleiern hervor. In diesen Sümpfen hatte die erste Etappe von Nihals langer Reise gelegen, während es für sie selbst die letzte Station sein würde.
»Bring mich runter«, forderte sie den Drachen mit leiser Stimme auf. In großen Kreisen schwebten sie über den Sümpfen nieder, die Drachenflügel durchschnitten die Nebelschichten, und Jamila tauchte ganz in die Schwaden ein. Sie sah kaum die Hand vor Augen, dennoch sprang Adhara, unten angekommen, sofort aus dem Sattel. Aber sie fand keinen Halt, ihre Stiefel versanken bis über die Waden im Morast, und sie fiel. Als sie sich abzustützen versuchte, sanken auch ihre Hände im Sumpf ein. So kroch sie auf allen vieren
durch den Schlamm, während eine bekannte Kraft an ihr zerrte und sie immer tiefer ins Erdreich hineinzog, bis sie endlich einen Baumstamm zu fassen bekam. An den klammerte sie sich, spannte die Armmuskeln an und stemmte sich aus dem Sumpf. Dann lag sie reglos da, auf festerem Grund, und rang nach Luft.
Schließlich richtete sie sich auf, säuberte sich notdürftig mit etwas Wasser aus der Feldflasche und holte aus ihrem Quersack die Karte hervor, die sie aus Rais’ Hütte mitgenommen hatte: Die Stelle, wo sich der Tempel befinden musste, hatte sie mit einem großen Kreuz gekennzeichnet. Sie blickte sich um. Es war unmöglich, sich zu orientieren, und die gleichförmigen Sümpfe breiteten sich über viele Meilen bis zum Meer hin aus.
Sie lehnte sich gegen den Baumstamm und schloss die Augen, während sie wartete, dass sich ihr Atem noch weiter beruhigte. Sie war eine Sheireen, geradeso wie Nihal, und der Talisman der Macht war gewissermaßen Teil ihrer selbst gewesen. Zudem war sie ein Geschöpf Shevrars. Irgendetwas musste sie doch wahrnehmen.
Noch stärker konzentrierte sie
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