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Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
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großen Dreimaster, den sie bei ihrem letzten Besuch hier auf dem See bewundert hatte.
    »Na ja, Dad hat sich Kopien der Originalbaupläne aus der Smithsonian-Britannica besorgt und dann das Modell von einem Schiff gebaut, das Lightning hieß. Jeder Mast ließ sich da individuell steuern. Und letztes Jahr hat mein Bruder eine fünfmastige Barke nachgebaut. Die war fast zweieinhalb Meter lang!«
    »Sie hatten von einem geringen Aufpreis gesprochen, oder?«, fragte Honor noch skeptischer nach. Dieses Mal lachte Betsy laut auf.
    »Sie machen mir den Eindruck einer echten Liebhaberin, Commander. Leute wie Sie neigen dazu, den Begriff ›gering‹ ein wenig großzügiger auszulegen, wenn es um etwas geht, was sie wirklich interessiert.«
    Honor kam zu dem Schluss, dass diese Betsy nicht auf die Hilfe einer Katz angewiesen war, um zu erkennen, wann ein echter Einfaltspinsel ihren Verkaufsstand besuchte. Was auch immer geschehen mochte, Honor war sich sicher, dass sie wirklich auf ihr Konto zugreifen müsste, bevor das hier vorbei war.
    »Ich gehe ziemlich sicher davon aus, Ihnen einen ganzen Wochenverdienst zukommen zu lassen«, sagte sie. »Wäre es unter diesen Umständen wohl möglich, dass ich mich mit Ihrem Vater und Ihrem Bruder einmal zusammensetze, damit wir ein wenig über deren Handarbeit plaudern können?«
    »Ach …«, gab Betsy fröhlich zurück, doch ihre Augen hatten sich schlagartig verdunkelt. Fest blickte sie Honor an. »Das halte ich sogar für eine ausgezeichnete Idee.«
    Es dauerte nicht lange, da hatte Betsy einen ihrer Freunde beauftragt, für sie den kleinen Verkaufsstand zu übernehmen. Offensichtlich waren die Händler hier im Park es schon gewohnt, sich gegenseitig auszuhelfen. Der junge Mann, den Betsy herbeiwinkte, nickte nur und trat wortlos hinter den Tresen.
    Kaum, dass das geschehen war, bedeutete Betsy Honor, ihr zu folgen. Gemeinsam schlenderten sie dann über eine der zahllosen gepflasterten Wege von Onyx.
    Währenddessen hielt Betsy ein Gespräch über ihre Segelboote in Gang, und Honors Interesse war ernstlich geweckt. Deswegen musste sie sich auch kaum anstrengen, ihren Teil zu diesem Gespräch beizutragen, obwohl sich in ihrem Inneren gleich mehrere Gefühle regten: ein Gemisch aus Vorahnung und Vorfreude, Wachsamkeit und Zorn (auf Sektorengouverneurin Charnowska, nicht auf Betsy).
    Der Spaziergang dauerte länger, als Honor erwartet hatte. Nach einiger Zeit wichen die schmucken Pflastersteine Betokeramik – sehr schlecht erhaltener Betokeramik –, und Honor begriff, dass sie geradewegs auf einen jener Slums zuhielten, wie es sie in fast allen silesianischen Städten gab. Die Leute, die Honor hier sah, waren armselig gekleidet, und die meisten von ihnen wirkten, als erhielten sie für ihre Arbeit nur einen minimalen Lohn oder hielten sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Manche Mienen hier waren so mürrisch und verschlossen, wie Honor es nur zu oft in anderen silesianischen Städten gesehen hatte. Obwohl es ganz offensichtlich war, dass sich hier niemand ein Bein ausriss, die Straßen oder die Gebäude in Schuss zu halten, war diese Gegend doch deutlich sauberer als viele der anderen heruntergekommenen, hoffnungslosen Viertel, die Honor schon auf mehr als nur einer anderen Welt erlebt hatte. Nimitz reckte die ganze Zeit über wachsam den Hals, die Ohren aufgestellt: Er schmeckte die Emotionen aller Menschen in seiner Umgebung. Honor empfand es als immens beruhigend, dass ihr Gefährte währenddessen sichtlich entspannt blieb.
    Hin und wieder wurden Betsy und sie neugierig angestarrt. Allzu häufig bekamen sie hier wohl kaum Raumoffiziere einer fremden Sternnation zu sehen, und erst recht keine, die dabei auch noch ein exotisches Haustier auf der Schulter trugen. Während sie tiefer und tiefer in dieses Stadtviertel vordrangen, begriff Honor, dass dies genau der richtige Ausdruck war: Stadtviertel. Das hier war eine echte Gemeinschaft, mit Nachbarschaftshilfe und allem, was dazugehörte. Hier kümmerten sich die Leute umeinander, genau wie die Budenbesitzer am See. Sie gaben nicht nur auf sich selbst acht, sondern auch auf andere. So heruntergekommen, ärmlich und bescheiden dieser Teil der Stadt auch sein mochte, hier lebten echte Nachbarn zusammen. Das hier war nicht nur eine Ansammlung mehr oder minder wildfremder Leute, die zufälligerweise in der gleichen Gegend hausten.
    Diesen Gedanken empfand Honor als tröstlich, auch wenn ihr durchaus bewusst war, dass dies unschöne

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