Die Feuertaufe
deutlich säuerlicher zurück. »Bedauerlicherweise bin ich ein ziemlich erbärmlicher Lügner. Verdammt, du weißt doch selbst, dass ich das mit dem Bluffen nicht mal beim Poker hinkriege! Ich würde mich doch völlig zum Affen machen, wenn ich den Leuten von Admiralty House verkaufen wollte, der Skipper hätte mich in diese Sache hineingezogen, obwohl ich mich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt habe!«
Honor lächelte die beiden Offiziere an, dann schüttelte sie langsam den Kopf.
»Ich halte Sie beide für echte Idioten«, sagte sie. »Aber ich will wirklich nicht so tun, als wäre ich nicht immens erleichtert, dass Sie so denken. Ich weiß, das sollte ich wirklich nicht sein, aber so selbstsüchtig bin ich dann doch. Ich danke Ihnen beiden!«
»Ich hoffe, dass Sie in ein paar Jahren immer noch so denken«, sagte O’Neal. »Dann dürfte Ihnen nämlich eines allmählich klar geworden sein: Hätten wir ein bisschen besser oder ein bisschen härter argumentiert, dann hätten wir gleich drei Raumoffizierslaufbahnen auf einmal retten können!«
Honor hatte keine Ahnung, wie das Schiff einst geheißen hatte, dessen Icon jetzt auf dem Display erschienen war. Und sie gestand sich ein, dass sie es eigentlich auch gar nicht wissen wollte. Im Augenblick war nur von Bedeutung, dass es jetzt hier war: eine konkrete Bestätigung, dass ihre »Verbündeten« vom Ballroom zumindest einen Teil dessen liefern konnten, was sie versprochen hatten.
Honor saß auf der Brücke der Hawkwing und spürte die Anspannung, die sich hinter dem disziplinierten Auftreten ihrer Brückencrew verbarg. Der Zerstörer baute Geschwindigkeit ab; das Rendezvous mit dem wartenden Frachter stand unmittelbar bevor. Jenes Schiff stellte letztendlich auch eine Bestätigung für die Besatzung der Hawkwing dar – die Bestätigung, dass ihr Kommandant tatsächlich diesen gänzlich unvorhergesehenen Einsatz durchführen würde.
Honor war zu dem Schluss gekommen, zumindest einige ihrer Untergebenen würden diese Operation ganz und gar ablehnen. Lieutenant Boyd beispielsweise hatte nicht verbergen können, wie sehr sie die Vorstellung anwiderte, in irgendeiner Weise mit berüchtigten Terroristen zusammenzuarbeiten. Und damit stand Honors Signaloffizier wahrlich nicht allein da. Lieutenant Mason war ganz offenkundig sehr froh, dass er in seiner Funktion als Versorgungsoffizier der Hawkwing nur sehr, sehr wenig mit den mordlüsternen Fanatikern vom Ballroom zu tun haben würde. Und auch wenn man Mahalia Rosenberg deutlich anmerkte, wie sehr ihr der Gedanke zusagte, einen solchen Umschlagplatz für Konterbande zu zerstören, wie Honor ihn beschrieben hatte, war doch ebenso deutlich zu bemerken, wie unwohl sie sich dabei fühlte, dafür mit dem Ballroom zu tun haben zu müssen.
Nicht, dass irgendjemand sonderlich viel Mitleid mit den »Opfern« des Ballrooms verspürte. Honor vermutete, dass es nur äußerst wenige manticoranische Offiziere gab, die dabei etwas anderes als Verachtung und Abscheu empfanden. Schließlich ging es hier um Individuen, die mit dem menschlichen Elend Geschäfte machten, und das auf interstellarem Gebiet. Zumindest hoffte Honor, dass die meisten Offiziere aus ihrem Sternenkönigreich derart empfanden! Doch bei vielen ging es sogar noch weiter: Sie verspürten einen nagenden Hass auf all das, was der Handel mit Gensklaven repräsentierte. Zugleich ließ sich auch nicht leugnen, dass der Audubon Ballroom immens viele selbst derjenigen gegen sich aufgebracht hatte, die doch eigentlich ebenso sehr das Ziel anstrebten, den Sklavenhandel ein für alle Mal auszumerzen. Aber selbst unter jenen, die kein Problem mit bewaffnetem Widerstand hatten, gab es zahlreiche, die angesichts der ungezügelten, brutalen Wildheit des Ballrooms zurückschraken.
Nicht zuletzt dank der Familie ihrer Mutter wusste Honor deutlich mehr über die Anti-Sklaverei-Bewegung als die weitaus meisten Manticoraner jemals in Erfahrung bringen würden. Honors Onkel Jacques gehörte zu den obersten Reihen der Anti-Sklaverei-Liga von Beowulf, dem politischen Arm der Abolitionisten-Bewegung. Honor wusste auch, dass selbst in den Reihen geflohener oder befreiter Exsklaven lebhaft, manchmal gar erbittert, diskutiert wurde: Die einen hießen die Methoden des Ballrooms gut, die anderen waren der Ansicht, derartige »Terror-Exzesse« würden letztendlich Manpower nur noch stärken. Die Gräueltaten, die der Ballroom hin und wieder beging, waren zweifellos ganz genau das, als
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