Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Feuertaufe

Die Feuertaufe

Titel: Die Feuertaufe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Weber
Vom Netzwerk:
das der Ballroom sie stets darstellte: Vergeltungsmaßnahmen – eine direkte Folge all der Jahrhunderte, in denen Sklaven beiläufig abgeschlachtet, gefoltert oder einfach fortgeworfen worden waren. Doch selbst unter denjenigen, die ganz genau wussten, welche unbeschreiblichen Gräueltaten an Sklaven verübt worden waren und immer noch verübt wurden, waren viele nicht bereit, den Gegen-Terror des Ballrooms als gerechte Bestrafung anzusehen. Und noch etwas betonten die gemäßigteren Mitglieder der ASL immer wieder und mit immensem Nachdruck: Für die Öffentlichkeit verwischten die Aktivitäten des Ballrooms nur allzu häufig die moralischen Grenzen zwischen Manpower und dessen Opfern.
    Wäre Honor sich selbst gegenüber in dieser Hinsicht schonungslos ehrlich gewesen, dann hätte sie sich eingestehen müssen, dass sie nur allzu viele Argumente der Gemäßigten teilte. Obwohl sie noch relativ jung war, hatte sie doch schon entschieden zu viel Elend gesehen – vor allem hier in Silesia –, um weiteres Leid zulassen zu wollen. Wenn es sich irgendwie vermeiden ließ, sollte es nicht noch mehr davon geben – nicht einmal für diejenigen, die es vielleicht wirklich verdient hatten. Doch zugleich war Honor mit der Geschichte der Menschheit vertraut genug, um zu wissen, dass Exzesse wie die des Ballrooms sich schlichtweg nicht vermeiden ließen. Allen Menschen war eines gemein, ganz egal, wie das Genom des Individuums geartet sein mochte: Es mochte Menschen geben, die andere Menschen als entbehrlich ansahen und sie wie Wegwerfware behandelten. Es gab jene, die anderen nicht nur die Freiheit verweigerten, sondern auch noch jeglichen Rest Menschenwürde. Und solche, für die andere nicht mehr waren als ein bedeutungsloses Spielzeug. Es gab welche, die diejenigen unter ihren Opfern, die sich tatsächlich zu lieben gestatteten, einfach aus ihrem Umfeld herausrissen. Doch diese Unmenschen, die dafür verantwortlich waren, säten den sprichwörtlichen Wind – und eines Tages würden sie dafür den Sturm ernten. Keine Macht im Universum würde diesen Sturm aufhalten können, wenn er sich erst einmal Bahn gebrochen hatte. Es war nicht nur unmöglich, die verbitterten, leidenschaftlichen, hasserfüllten Rächer des Ballrooms davon abzuhalten, ihre Peiniger abzuschlachten: Es war schlichtweg undenkbar.
    Diesen kalten, unerbittlichen Hass hatte Honor in »Rammbock« Toussaints dunklen Augen lodern sehen. Sie hatte den Hass in Boadicea Mathesons grünen Augen erkannt, und eines wusste sie genau: Menschen, die dergleichen durchlitten hatten, würde nur der Tod selbst aufhalten können. Solange sie lebten, würden sie jedes letzte Quäntchen Rache nehmen, das sie nur kriegen konnten. Und tief in ihrem Innersten konnte Honor ihnen das nicht einmal verübeln.
    Das bedeutete allerdings nicht, dass Honor den Extremismus des Ballrooms guthieß – ganz und gar nicht. Rein pragmatisch betrachtet, hatten die Gemäßigten unter den Exsklaven durchaus recht: Die Gegner der Abolitionisten konnten wirklich den Ballroom dazu heranziehen, die Grenzen zwischen ihnen und ihren Feinden zu verwischen. Doch was noch viel wichtiger war: Diejenigen, die Vergeltung übten, mussten dafür einen hohen Preis zahlen. Rache mochte ja süß sein, und Honor konnte auch verstehen, dass hin und wieder die Gepeinigten tatsächlich Rache brauchten, nicht bloß Gerechtigkeit. Doch zugleich war diese Rache ein todbringendes Gift. Eine grausam schädliche Mischung, die nur allzu oft die moralischen Grenzen zwischen dem Rächer und dem ehemaligen Peiniger verschwinden ließ.
    Honor ging etwas durch den Kopf, das ihr Vater vor vielen, vielen Jahren zu ihr gesagt hatte. Damals war sie noch ein Kind gewesen. Es gibt Zeiten, hatte er gesagt, in denen Männer oder Frauen mit etwas Bösem zu tun haben, das es aufzuhalten gilt. Manchmal lässt sich dieses Böse nur durch Gewalt aufhalten. Schon damals hatte Honor gewusst, dass ihr Vater aus persönlicher Erfahrung sprach, und so hatte sie ihm schweigend zugehört. Sie hatte neben ihm gesessen, und er hatte liebevoll seinen starken Arm um sie gelegt. Erst später war ihr bewusst geworden, dass er schon damals begriffen hatte, wie sehr seiner Tochter der Sinn nach einer Laufbahn als Raumoffizier stand. Dass er sie schon damals bewusst etwas unschätzbar Wichtiges zu lehren versucht hatte – etwas, das er selbst nur durch grausame, bittere Erfahrung hatte begreifen können.
    »Wenn das geschieht«, hatte er gesagt, »wenn es

Weitere Kostenlose Bücher