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Die Feuerzangenbowle

Die Feuerzangenbowle

Titel: Die Feuerzangenbowle
Autoren: Heinrich Spoerl
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Mark?“
    „Können Sie mir herausgeben?“
    Der Direktor fixierte ihn entgeistert.
„Sehen Sie, Herr Kollege, er redet irre.“
    „Ich rede gar nicht irre. Aber das haben wir doch alles nur so gemacht. Wegen der
griechischen Klassenarbeit um elf. Ich habe das angestiftet. Und es soll auch
ganz bestimmt nicht wieder Vorkommen.“
    Es dauerte eine geraume Weile, bis die
beiden Herren begriffen hatten. Und hernach dauerte es eine geraume Weile, bis
sie begriffen, daß sie begriffen hatten. Und da schauten sie sich hilflos an.
Das war noch nicht dagewesen. Das war nicht im Lehrplan vorgesehen. Und darum
überlegten sie, wie sie sich als Pädagogen jetzt zu benehmen hätten. Ob man den
Verbrecher mit dem ganzen Vokabularium des höchsten pädagogischen Zornes
anhauchen oder ihn mit grenzenloser Verachtung strafen sollte. Oder wie sonst
die außergewöhnliche Mißbilligung angemessen zum Ausdruck zu bringen sei.
Infolgedessen geschah zunächst nichts.
    Schließlich fand Direktor Knauer —
dafür war er Direktor — das erlösende Wort: „Pfeiffer, holen Sie sofort die
Klasse zurück.“ Aber die war längst über alle Berge.
     
    *
     
    Es ist dafür gesorgt, daß die Bäume
nicht in den Himmel wachsen.
    Am Nachmittag bekam Hans einen Brief
von Marion. Er wußte schon, was darin stand. Es war immer dasselbe. In ihrer
kühlen, nüchternen Art setzte sie ihm auseinander, daß es jetzt genug sei und
daß er schließlich noch etwas anderes zu tun habe, als sich als Primaner auf
einem Kleinstadtgymnasium herumzuflegeln. Der Brief war diesmal ungewöhnlich
dick. Hans fand nicht den Mut, ihn zu öffnen. Er steckte ihn ungelesen in die
Brusttasche, wie man es mit Rechtsanwaltsschreiben oder Lieferantenbriefen zu
tun pflegt.
    Außerdem hatte er keine Lust, sich
seine Heidelbeerlaune verderben zu lassen. Gerade heute, wo er der Held des
Tages war.
    Bildete er sich ein.
    Am Nachmittag, als man sich zum Baden
am Fluß traf, wollte er seinen Triumph einkassieren. Man empfing ihn mit
eisiger Kälte.
    Die Situation war ganz einfach; daß er
der Erfinder der Idee war, hatte man vergessen. Ideen werden ohnehin nur selten
bewertet. Aber was man nicht vergessen hatte, war, daß er zu guter Letzt
schlappgemacht und die Klasse verpetzt hatte.
    Hans versuchte, ihnen die moralische
Notwendigkeit auseinanderzusetzen. Sie hörten ihn nicht einmal an. Sogar Rudi
Knebel schien von ihm abzurücken. Und Ernst Husemann brummelte etwas
Unfreundliches.
    Um so mehr schloß sich Luck an Hans
Pfeiffer an. Als sie zusammen im heißen Sand lagen und sich von der Sonne
bräunen ließen, bekam der kleine Luck Mut und erzählte ihm von seiner großen
Liebe zu Lotte v. Halbach. Halbach war der Landrat.
    „Die ist doch mindestens zwei Köpfe
größer als du.“
    „Große Frauen habe ich gern.“
    „Ist sie denn einigermaßen nett zu dir?“
    „Nett? Wie denn nett?“
    „Ich meine, ob sie sich was aus dir
macht.“
    „Das weiß ich doch nicht.“
    „Siehst du sie oft?“
    „Natürlich, jeden Tag.“
    „Donnerwetter!“
    „Jeden Tag, wenn sie aus der Schule
kommt. Gestern bin ich ganz dicht an ihr vorbeigelaufen.“
    „Vorbeigelaufen?“
    „Ich glaube, sie hat mich nicht
bemerkt.“
    „Ja, sprichst du denn nicht mit ihr?“
    „Du bist wohl wahnsinnig.“
    Hans überlegte, ob er dem kleinen Luck
diese hoffnungslose Sache ausreden sollte. Er ließ es bleiben. Er wußte, daß
unglückliche Liebe glücklicher macht als glückliche.
    „Du — Hans!“
    „Ja?“
    „Hans, ich glaube, die Frauen machen
sich nichts aus mir.“
    „Wie kommst du darauf?“
    „Ich meine bloß so. Und sieh mal, in
der Klasse kann mich auch keiner richtig leiden.“
    „Und ich?“
    „Vielleicht außer dir. Und ich tue
ihnen doch nichts. Ich bin nett zu allen, mache jeden Fez mit und petze nie.
Wie kommt das eigentlich?“
    Hans wußte es erschreckend genau. Aber
er sagte nur: „Ich weiß es nicht.“
    „Ich glaube, sie halten mich für feige.“
    „Möglich. Du siehst ja auch nicht
gerade sehr gewalttätig aus.“
    „Das ist ja Blech. Mut hat man im Kopf
und nicht im Bizeps. Wer als Herkules herumläuft, hat es leicht, mutig zu sein.
Aber weißt du, Hans, ich möchte denen doch mal gelegentlich zeigen, was Courage
ist. Die sollen sich wundern. Ich möchte mal was anstellen. Aber was ganz
Tolles. Weißt du, wo deine Heidelbeersache gar nichts gegen ist. So etwas, wo
die ganze Stadt von redet.“
    „Mach keine Dummheiten, Luck. Überlasse
anderen die Mannestaten. Dir
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