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Die fiese Meerjungfrau

Die fiese Meerjungfrau

Titel: Die fiese Meerjungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jim C. Hines
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anzunehmen, allerdings hatte diese Verwandlung ihren Preis. Aber Lirea war nur ihr Prinz wichtig.«
    »Ich habe diese Geschichte gehört.« Talias Körperhaltung war steif; Danielle konnte sehen, wie sehr Lannadaes Lied der Verzweiflung sie erschüttert hatte. »Die Seeleute erzählen sich von einer Meerjungfrau, die zum Menschen wurde, um mit ihrem Prinzen zusammen sein zu können.«
    »Es gibt auch ein Lied darüber«, ergänzte Schnee. »Sechs Strophen, eine für jede Nacht der Verführung, und es endet damit, dass der Prinz das Mädchen mit nach unten in -« Sie errötete und sah Lannadae an. »Tut mir leid. Mir war nie klar, dass es in dem Lied um deine Schwester geht.«
    »Ich erzähle diese Geschichte nicht gerne«, sagte Lannadae, die anscheinend nicht beleidigt war. Sie ließ die Schnur locker herabfallen und wand dann eine zweite Schlinge, die sie so hielt, dass sie auf einer Höhe mit der ersten hing. Zwei Steine stellten Augen dar. Lannadae fügte eine dritte Schlinge hinzu, sodass blaue Perlen unter den Steinen hingen. Tränen, erkannte Danielle.
    »Was war der Preis?«, fragte Schnee.
    »Menschlichkeit ist nur die Hälfte unseres Wesens«, sagte Lannadae. »Als sie den Rest abstreifte, war Lirea unvollständig. Ihr Menschenkörper war unvollkommen und verursachte ihr große Schmerzen bei jedem Schritt, den sie machte. Morveren war nicht stark genug, um Lireas Natur wahrhaftig zu verändern, aber sie wirkte einen zweiten Zauber, einen, der Lirea alles geben würde, was sie wollte.
    Morverens Zauber sollte sechs Tage lang anhalten. Bis zum siebten musste Lirea Gustans Hand zur Vermählung gewonnen haben und somit sein Leben an ihres binden. Ihre Vermählung würde den Zauber vervollständigen. Lirea würde ein Mensch bleiben und bis ans Ende ihrer Tage mit ihrem Prinzen zusammenleben. Falls sie versagte ... Niemand kann lange überleben, wenn man ihn der Hälfte seines Wesens beraubt hat.«
    Danielle zuckte zusammen, weil ihr Beatrice in den Sinn kam. »Was ist passiert?«
    Ein Ruck mit den Händen, und Lannadae hatte das Gesicht zerstört. »Er nahm sich, was er wollte, dieses eine letzte Mal, und dann schickte er sie fort. Lirea rief uns vom Ufer aus zu, und ihre raue Stimme war voller Schmerz und Leid. Als ich sie fand, war sie so weit, dass sie ihrem Leben ein Ende setzen wollte. Sie erzählte uns, wie er sie abgewiesen hatte.
    Ich flehte sie an, zu warten und sich von meiner Schwester und mir helfen zu lassen. Wir suchten Morveren auf, die das Messer anfertigte, das ihr gesehen habt. Morveren sagte, dass nur das Leben des Prinzen Lirea jetzt Kraft geben könne. Wenn er sein Leben nicht an ihres binden wolle, so müsse sie es von ihm nehmen.« Ihr Zeigefinger krümmte sich um die Mitte der Schnur und verlängerte sie zur Form einer Klinge.
    »Sie hat den Mann getötet, den sie liebte?«, fragte Danielle.
    »Liebte?« Talia schnaubte verächtlich. »Sie hat den Mann getötet, der sie benutzt hat!«
    »Wir brachten das Messer zu Lirea. Sie weinte und schwor, es nicht zu benutzen. Am siebten Tag, als ihre Lunge sich zusammenzog und ihr Körper sich anfühlte, als würde er sich von innen her auflösen, überredeten wir sie, zu ihm zurückzukehren und ihn noch einmal zu fragen. Sie tat es und erzählte Gustan, dass sie ohne ihn sterben würde. Er verspottete sie und sagte, er habe schon eine andere Frau genommen. In ihrem Kummer stieß Lirea ihm die Klinge ins Herz.«
    Draußen vor der Höhle war das Donnern der Wellen lauter geworden. Die verstärkte Wand des Erdrutsches schluckte die Gewalt der Brecher, und dennoch schwappte das Wasser in der Höhle Danielle bei jedem Anprall draußen gegen die Beine.
    »Sein Leben für ihres«, sagte Lannadae. »Lirea überlebte, wenn auch nicht so, wie es Morveren bei ihrem Zauber vorgeschwebt hatte. Ihre Stimme war gebrochen, ihr Körper weder Mensch noch Undine. Manche sagen, es war Lireas unerfüllte Sehnsucht, die sie zwischen den Welten gefangen hielt, wo sie im Schatten ihrem Geliebten zuflüsterte.«
    Tränen hinterließen salzige Spuren auf Lannadaes Wangen. Sie wischte sich das Gesicht ab, dann nahm sie ihre Schnur in beide Hände und bemühte sich, sich zu beruhigen. »So endet die Geschichte von Lirea, Tochter Gwerdhens, vom Geschlecht der Ilowkira.« Sie blickte auf. »Habe ich sie gut erzählt?«
    »Sehr gut!«, lobte Danielle.
    »Danach war Lirea nicht mehr dieselbe. Lange Zeit weigerte sie sich, zu singen oder zu sprechen. Als sie endlich begann, ihre

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