Die fiese Meerjungfrau
diesem Wetter in See zu stechen«, erwiderte Hephyra. »Die Männer des Königs sagten, es sei wichtig.«
Bevor Danielle antworten konnte, erscholl der Fluch eines Matrosen. »Kapitän, wir haben eine Meerjungfrau hier!«
Mit großen Schritten ging Hephyra auf die Seite des Schiffs, wo knapp unter der Reling das Dingi hing. »Das ist dann wohl unser anderer Passagier, vermute ich?«
»Ihr Name ist Lannadae«, sagte Danielle. Schon hatte sich eine Hand voll Matrosen an der Reling versammelt. »Sie ist eine Freundin der Königin.«
»Und Ihr bringt sie weshalb auf mein Schiff?«
Schnee verschränkte die Arme. »Euer Schiff?«
»Na schön.« Hephyra rieb sich das Handgelenk und blickte Schnee finster an. »Das Schiff der Königin.«
Danielle sah Schnee an und versuchte, die Gereiztheit in Hephyras Stimme zu begreifen.
»Die Phillipa war ein Geschenk an Königin Beatrice«, erklärte Schnee.
»Von der Elfenkönigin. Ich erinnere mich.« Danielle sah wieder zu Hephyra hin.
»Geschnitzt aus dem Baum einer Dryade.« Hephyras Finger liebkosten die Reling. »Meinem Baum.«
Danielle blickte um sich. »Das ganze Schiff?«
»Es war ein großer Baum.«
»Hephyra hatte das Land der Elfenkönigin widerrechtlich betreten und Übergriffe gegen ihr Eigentum begangen«, führte Schnee aus. »Die Königin wollte ein Exempel an ihr statuieren, indem sie ihren Baum tötete; sie ließ ihn fällen und in dieses Schiff verwandeln. Sie nahm an, das würde reichen, um auch Hephyra zu töten, aber -«
»Aber die uralten Bäume sind zäher, als selbst die Königin weiß, mögen die Termiten ihr ein zweites Arschloch bohren!« Hephyra drehte den Kopf zur Seite und spuckte aus. »Beatrice begriff, was es mit diesem Geschenk auf sich hatte. Ich hatte mich in der Maserung versteckt, um dem Zorn des königlichen Miststücks zu entgehen, aber bis wir in Lorindar ankamen, hatte mein Baum zu sterben begonnen. Beatrice fand mich und ließ ihre Hexe alles in ihrer Macht Stehende tun, um den Baum zu retten. Der Schwur der Elfenkönigin bindet dieses Schiff an Beatrice. Niemand kann diesen Bund brechen, was mich zu ihrer Dienerin macht. Aber solange ich bleibe, leben sowohl die Phillipa als auch ich weiter.«
»Zauberin, nicht Hexe«, brummte Schnee.
»Dann ist die Phillipa also lebendig?«, fragte Danielle.
»So ist es. Und Ihr habt immer noch nicht Eure zahme Meerjungfrau erklärt.«
Lannadae musste bemerkt haben, dass sie entdeckt worden war; sie setzte sich auf und starrte zur Mannschaft hoch.
»Ihr habt gehört, was passiert ist?«, fragte Danielle. Auf Hephyras Nicken hin fuhr sie fort: »Beatrice liegt im Sterben.« Ein Kloß saß ihr im Hals und machte ihr das Weiterreden schwer. »Lannadae kann uns zu einer ihrer Sippe bringen, einer, die vielleicht in der Lage ist, die Königin zu retten.«
Hephyra lehnte sich an die Reling. »Wieso sollte ich Euch helfen wollen, sie zu retten? Ihr Tod bedeutet meine Freiheit.«
»Beatrice hat Euch das Leben gerettet«, sagte Danielle. »Sie hätte Euch auch sterben lassen können!«
»Das war ihre Entscheidung«, meinte die Baumnymphe achselzuckend. »Ich bin an sie gebunden, Prinzessin - nicht an Euch.«
»Na schön.« Danielle wandte sich, plötzlich wütend, an Schnee. »Deine Zauber haben Hephyra und ihrem Schiff geholfen, zu überleben. Bedeutet das, dass du diese Zauber umkehren kannst?«
»Nicht nötig«, antwortete Schnee. »Die Elfenkönigin sagte, dieses Schiff diene Beatrice. Hephyra muss uns nicht gehorchen, aber sie muss uns dienen. Beatrice braucht diesen Dienst.«
»Blöde Schwüre!« Hephyra spuckte ein zweites Mal aus und wandte sich dann an die Besatzung. »Bringt die Nixe an Bord! Die Übrigen gehen wieder an die Arbeit!«
Die Mannschaft schien dem Befehl nur widerstrebend Folge zu leisten. Danielle konnte ihre Worte nicht verstehen, aber ihre Stimmen klangen verärgert. Lannadae schien am liebsten mit dem Boden des Boots verschmelzen zu wollen.
Hephyra lächelte wieder, aber diesmal handelte es sich dabei um einen hungrigen Gesichtsausdruck. »Sollte jemand von Euch das Gefühl haben, keine Aufgaben zu erfüllen zu haben - das Schiff könnte frischen Dünger gebrauchen.«
»Dünger?«, fragte Danielle.
»Der Boden der Phillipa ist mit Erde angefüllt, um das Schiff zu ernähren«, erklärte Schnee. »Du wirst es riechen, wenn du ein paar Decks nach unten gehst. Auf den meisten Schiffen kippen sie den Inhalt der Nachttöpfe über Bord, aber Hephyra hat eine bessere
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