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Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Titel: Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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Es war nichts, was er gesehen, was Finkler oder Hephzibah gesagt hätte, nur ein Gefühl. Und für die Eifersucht ist ein Gefühl Grund genug.
    Er nahm es hin, dass dieses Gefühl ein Sprössling seiner Hingabe war. Wenn man eine Frau derart liebt, bleibt es nicht aus, dass man glaubt, jeder andere Mann müsse ebenfalls in sie verliebt sein. Nur hatte er bei keinem anderen Mann Grund zu der Annahme, dass er ein Auge auf Hephzibah geworfen haben könnte. Bloß bei Finkler.
    Finkler hatte sich verändert, keine Frage. Er wirkte nicht mehr so von sich überzeugt, hielt den Kopf anders. Wenn er mit Libor zum Essen kam, war er still und ließ sich nur ungern auf Isrrrae ein. Soweit Hephzibah wusste, und im Bescheidwissen war Hephzibah ein Profi, hatte er sich mit seinen Mitrepräsentanten der jüdischen ASCHandheit wegen eines vorgeschlagenen akademischen Boykotts zerstritten. Wie ernst das Zerwürfnis war, konnte sie allerdings nicht sagen.

    »Bestimmt will er nicht auf eine kostenlose Vortragsreise nach Jerusalem, Tel Aviv und Eilat verzichten«, vermutete Treslove.
    »Julian!«, ermahnte ihn Hephzibah.
    (Sag ich’s doch, dachte Treslove.)
    »Was denn?«
    »Weißt du das genau?«
    Treslove gab zu, es nicht zu wissen, doch kenne er seinen Freund.
    »Nun, manchmal frage ich mich, ob das wirklich stimmt«, sagte Hephzibah.
    (Sag ich’s doch!)
    Selbst mit Treslove legte sich Finkler seltener an, als spüre er die Veränderungen, die auf Hephzibahs Einfluss zurückgingen. Hieß das, er sah Treslove in anderem Licht? Oder wollte er selbst etwas von dem, was Treslove für sich gefunden hatte?
    Allerdings war Hephzibah bestimmt nicht Finklers Typ, vor allem nicht, wenn man Tyler als Maßstab nahm. Treslove wusste, dass Finkler stets Geliebte gehabt hatte. Auch Jüdinnen, wie er von Tyler wusste, die er sich allerdings nicht vorstellen konnte. Die tiefe, dunkle Kluft zwischen Ronit Kravitz’ Brüsten wäre, wenn er sie denn gesehen hätte, gewiss eine Überraschung für ihn gewesen. Sooft er über Finklers Geliebte nachdachte, stellte er sie sich als jüdische Versionen von Tyler vor, die für ihn ja immer eine Jüdin gewesen war. Rasiermesserscharfe Frauen mit kantigem Kinn, denen eng anliegende Hosenanzüge lieber waren als Roben und Tücher. Frauen, die mit Stilettos und Bügelfalten durchstarteten, keine Frauen, die langsam niederschwebten, in weite Stoffbahnen gehüllt. Also keine, die Hephzibah auch nur entfernt ähnlich sahen. Was zweierlei bedeuten konnte: Entweder hatte es Finkler auf Hephzibah abgesehen, weil er es Treslove für irgendwas heimzahlen wollte, oder er war einer Frau verfallen, die seinen Erfahrungen und Vorlieben völlig
widersprach, und falls Letzteres, hatte er sich bestimmt Hals über Kopf in sie verknallt. Genau wie Treslove sich verknallt hatte. Genau wie Treslove immer noch verknallt war. Die große Frage aber lautete: Was empfand Hephzibah? War sie ebenfalls verknallt?
    Nach einigen Tagen, in denen es ungewöhnlich ruhig zwischen ihnen geblieben war, kam er schließlich im Bett darauf zu sprechen. Zu der Zeit wusste er nicht, dass sie ihm Informationen über den zweiten Anschlag aufs Museum vorenthielt.
    »Sollten wir Sam nicht bald einmal wieder zum Abendessen einladen?«, fragte er. »Mit Libor? Ich glaube, er ist einsam.«
    »Libor? Natürlich ist er einsam.«
    »Nein, Sam.«
    Hephzibah nippte an ihrem Tee. »Wenn du magst.«
    »Nein, nur wenn du magst.«
    »Ja, ich mag.«
    »Ihn? Oder den Gedanken an ein Abendessen?«
    »Das musst du mir erklären.«
    »Gefällt dir ganz allgemein der Gedanke, dass jemand zum Abendessen kommt, oder gefällt es dir vor allem, Sam zu uns einzuladen?«
    Sie stellte die Teetasse ab und rollte sich auf seine Betthälfte. Er liebte es, wie die Matratze wogte, wenn Hephzibah sich auf ihn zubewegte. An ihr war alles monumental. Von Anfang an hatte in ihrer Gesellschaft die Erde gebebt, das Meer sich aufgebäumt, der Himmel sich zugezogen. Sie zu lieben war, als überlebte man ein elektrisches Unwetter. Und in manchen Nächten hätte es ihm nichts ausgemacht, es nicht zu überleben. Doch war auch jeder Morgen voller Versprechen. Irgendwas würde gesagt werden. Irgendwas würde geschehen. Mit ihr verging kein Tag, der kein Ereignis war.
    So anders als die Mütter seiner Söhne, deren Schwangerschaften er gar nicht bemerkt hatte.

    Allerdings hatten sie ihn auch verlassen, sobald sie merkten, dass sie schwanger waren.
    Trotzdem hätte er wenigstens merken sollen, dass

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