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Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Titel: Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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sie ihn verlassen hatten.
    »Was soll das? Worum geht’s hier?«, fragte Hephzibah, nachdem sie schließlich in jenem kleinen Winkel des Bettes zur Ruhe gekommen war, der ihm gehörte.
    »Das? Nichts. Ich habe mich bloß gefragt, ob es dir gefällt, jemanden zum Abendessen einzuladen.«
    »Ein Abendessen mit Sam?«
    »Aha, das mit Sam gefällt dir also, ich meine, ein Essen mit Sam?«
    »Worum geht’s hier, Julian?«
    »Ich frage mich, ob du eine Affäre mit ihm hast.«
    »Mit Sam?«
    »Oder zumindest daran denkst, eine Affäre mit ihm zu haben.«
    »Mit Sam?«
    »Siehst du? Du kannst kaum aufhören, seinen Namen zu wiederholen.«
    »Warum, Julian, sollte ich eine Affäre haben oder auch nur daran denken, eine Affäre zu haben? Ich habe doch schon eine Affäre mit dir.«
    »Das hält andere Leute auch nicht davon ab.«
    »Würde es dich nicht davon abhalten?«
    »Mich? Ja, aber ich bin nicht wie andere Leute.«
    »Stimmt«, sagte sie, »aber das bin ich auch nicht. Davon solltest du lieber ausgehen.«
    »Gut, dann tue ich das.«
    Sie wollte, dass er sie anschaute. »Ich habe kein Interesse an Sam Finkler«, sagte sie. »Ich finde ihn weder interessant noch attraktiv. Er ist die Art jüdischer Mann, der ich schon mein Leben lang aus dem Weg zu gehen versuche.«

    »Und was ist das für eine Art Mann?«
    »Arrogant, herzlos, egoistisch, ehrgeizig und davon überzeugt, die eigene Klugheit mache ihn unwiderstehlich.«
    »Nach all dem, was du mir erzählt hast, klingt das wie eine Beschreibung deiner beiden Exehemänner.«
    »Ganz genau. Wenn ich nicht mit einem von ihnen verheiratet war, bin ich ihnen aus dem Weg gegangen. Und seit ich mit ihnen verheiratet war, habe ich sie gemieden.«
    »Aber man meidet doch nur, was man fürchtet. Fürchtest du dich vor Sam?«
    Sie lachte laut. Zu laut?
    »Na ja, das würde ihm sicher gefallen, aber ich tu’s nicht. Was für eine merkwürdige Frage. Kann es sein, dass du dich vor Sam fürchtest?«
    »Ich? Warum sollte ich Sam fürchten?«
    »Aus demselben Grund wie ich.«
    »Aber du hast doch gesagt, du tust es nicht.«
    »Und du hast gesagt, du glaubst mir nicht. Hattet ihr während der Schule was miteinander?«
    »Sam und ich? Gott bewahre.«
    »Sei nicht so entsetzt. Jungs machen doch so was, oder nicht?«
    »Nicht die Jungs, die ich gekannt habe.«
    »Wäre vielleicht besser gewesen. Ich glaube, es ist immer gut, so etwas frühzeitig aus dem Weg zu räumen. Meine beiden Männer hatten beide was in der Schule.«
    »Miteinander?«
    »Nein, du Blödmann. Sie haben sich gar nicht gekannt. Mit anderen Jungen.«
    »Tja, aber es hat dich nicht glücklich gemacht, mit ihnen verheiratet zu sein.«
    »Doch nicht deshalb. Ich habe die ganze Zeit nur auf dich gewartet.«

    »Den Goi?«
    Sie schlang ihre mächtigen Arme um ihn und zog ihn an ihren Busen. »Ehrlich gesagt, als Goi bist du eigentlich eine Enttäuschung. Die meisten Gojim, die ich kenne, verbringen ihre Zeit nicht damit, Maimonides zu lesen und sich jiddische Kosenamen auszudenken.«
    Er ließ den Sturm über sich hinwegfegen, ein wilder Ritt in wogender See. Wenn sie ihn auf diese Weise hielt, sah er nichts, doch war die Farbe, die seine erblindeten Augen sahen, die Farbe sich brechender Wellen.
    » Neschomele «, sagte er in ihr Fleisch.
    Lange konnte er es nicht dabei belassen. Über sein Fünf-Pfannen-Omelett gebeugt, sagte er am nächsten Tag: »Gibt es da eine besondere Bindung?«
    »Zwischen wem?«
    »Juden.«
    »Kommt auf die Juden an.«
    »Ist es wie schwul sein? Habt ihr ein besonderes Radar, ein ›Judar‹, mit dem ihr euch gegenseitig erkennt?«
    »Kommt wieder drauf an. Es passiert selten, dass ich jemanden für einen Juden halte, wenn er keiner ist, aber in einem Gespräch weiß ich oft auch nicht, ob ich mich mit einem Juden unterhalte, selbst wenn er einer ist.«
    »Und wonach hältst du Ausschau?«
    »Nach nichts.«
    »Wieso weißt du es dann?«
    »Kann ich nicht erklären. Es ist nicht bloß das eine, eher eine Vielzahl von Dingen. Gesichtszüge, Mimik, eine Art zu reden, sich zu bewegen.«
    »Geht es um was Rassisches?«
    »Rassisch würde ich das nicht nennen, nein.«
    »Um was Religiöses?«
    »Nein, definitiv nichts Religiöses.«

    »Um was dann?«
    Sie wusste es nicht.
    »Aber es gibt dann da eine Verbindung.«
    »Kommt wieder drauf an.«
    »Und mit Sam?«
    »Was ist mit Sam?«
    »Gibt es da für dich eine Verbindung?«
    Sie seufzte.
    Sie seufzte auch, als Treslove später erneut auf Sam zu sprechen

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