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Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Titel: Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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hatte kein Problem wie bei Treslove, das hinter ihrem Rücken gelöst werden musste. Sah ihn sich sogar an, bedachte ihn mit Kosenamen, bewunderte ihn und nahm ihn sich vor, wie sie seinen Penis nie bewundert und sich vorgenommen hatte.
    »Mittlerweile«, sagte sie und schaute auf die Uhr, obwohl sie nicht »jetzt, in dieser Minute« meinte, »hat er sich ein neues Hobby zugelegt.«
    Sollte sich Treslove dafür interessieren? »Was für eins?«, fragte er.
    Sie schien das Thema beiseitewischen zu wollen, als wünschte sie sich jetzt, da sie es zur Sprache gebracht hatte, sie hätte es nie erwähnt, oder als glaubte sie, er würde die Feinheiten ja doch nicht verstehen.

    »Ach, diese Israel-Sache. Tschuldigung, Palästina, auf dem Namen besteht er.«
    »Ich weiß. Ich habe ihn gehört.«
    »Du hast ihn in Desert Island Discs gehört?«
    »Hab’s verpasst«, log Treslove. Er hatte es nicht verpasst. Er hatte sogar gründliche Vorkehrungen dafür getroffen, sich diese Sendung nicht anhören und anschließend auch niemanden treffen zu müssen, der sie gehört hatte. Finkler auf dem Bildschirm zu sehen, während er mit seiner Frau schlief, war eine Sache, aber Desert Island Discs zu hören, eine Sendung, zu der sich das ganze Land einschaltete …
    »Gut gemacht. Hätte ich sie doch auch verpasst. Ich wäre sogar hergekommen, um sie zu verpassen, aber er wollte, dass ich sie mir mit ihm zusammen anhöre. Was mich hätte misstrauisch machen sollen. Wieso war da keine Ronit …?«
    Wieder merkte Treslove, dass er sich Tyler und Sam im Bett vorstellte, wie sie, einander zugewandt, Desert Island Discs hörten und Tyler dabei Sams Penis bewunderte, ihn begurrte, während ihr Mann am Radio sein Palästina-Ding abzog.
    Er sagte nichts.
    »Egal, da ist er jedenfalls damit rausgerückt.«
    »Womit?«
    »Seinem Schambekenntnis.«
    »Scham? Wegen Ronit?«
    »Nein, wegen Israel, du Blödmann.«
    »Ach das, ich habe ihn schon mit Libor drüber reden hören. Ist doch nichts Neues.«
    »Neu ist es, dem ganzen Land zu sagen, dass man sich schämt. Weißt du, wie viele Leute sich diese Sendung anhören?«
    Treslove hatte eine ungefähre Ahnung, wollte sich aber auf keine Diskussion über Zahlen einlassen. Die Erwähnung von Millionen hätte seinen Ohren wehgetan. »Und? Bedauert er es jetzt?«

    »Bedauern? Er ist wie die Katze, die von der Sahne schlecken durfte. Seitdem hat er einen ganzen Haufen neuer Freunde. Die ASCHandjiddn. Sind ein bisschen wie Peter Pans verlorene Jungs. Fehlende Mutterliebe, darauf läuft’s letztlich hinaus, wenn du mich fragst.«
    Treslove lachte. Zum einen über Tylers Scherz, zum anderen, um den Gedanken zu verscheuchen, dass Finkler neue Freunde hatte. »Weiß er, dass du sie so nennst?«
    »Die verlorenen Jungs?«
    »Nein, die ASCHandjiddn.«
    »Oh, das ist nicht meine Erfindung. Sie nennen sich selbst so. Sie sind eine Bewegung, ins Leben gerufen, ob du es glaubst oder nicht, von meinem Ehegespons. Sie schreiben an die Zeitungen. «
    »Als ASCHandjiddn?«
    »Als ASCHandjiddn.«
    » Klingt ein bisschen nach Selbstbeschneidung.«
    »Wie das?«
    »Naja, die eigene Scham zur Grundlage zu machen. Erinnert mich an die Ellen Jamesians.«
    »Nie davon gehört. Noch mehr Antizionisten? Sag bloß Sam nichts davon. Sind das Antizionisten und Frauen, tritt er ihnen auf der Stelle bei.«
    »Das sind ziemlich verwirrte Feministinnen aus dem Roman Garp und wie er die Welt sah von John Irving. Nie gelesen? Ein geschwätziger Amerikaner. Ringkämpfer. Schreibt auch ein bisschen so. Ich habe eine meiner ersten Sendungen über die Ellen Jamesians gemacht. Aus Solidarität mit einem Mädchen, das vergewaltigt und verstümmelt wurde, haben sich die Ellen Jamesians die Zunge herausgeschnitten. Eine reichlich selbstzerstörerische Aktion, weil sie danach ihre Wut nicht mehr wirksam zu Gehör bringen konnten. Ein prima antifeministischer Witz, finde ich, aber nicht dass du glaubst, ich sei …«

    »Na ja, ich glaube kaum, dass sich jemand von denen die Zunge rausschneiden lässt. Ist ein ziemlich scharfzüng iger Haufen; die sind das Rampenlicht und den Klang ihrer Stimmen gewöhnt. Jede freie Minute telefoniert Sam mit ihnen. Und dann sind da noch diese Treffen.«
    »Sie treffen sich?«
    »Nicht öffentlich, soweit ich weiß. Noch nicht jedenfalls. Aber sie verabreden sich privat. Klingt ziemlich unangenehm, finde ich. Wie Gruppenbeichten. Vergib mir, Vater, denn ich habe gesündigt. Sam ist ihr Oberbeichtvater. ›Ich

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