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Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage

Titel: Die Finkler-Frage - Jacobson, H: Finkler-Frage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howard Jacobson
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mitfühlender abtupfen würde, als es ihr Mann je vermochte.
    »Du weißt, ich liebe dich«, sagte er ihr bei ihrem – wie sie wohl beide ahnten – letzten Stelldichein. Dass er sie liebte, hatte er ihr schon gesagt, als sie zum ersten Mal miteinander geschlafen und dabei Sam in der Flimmerkiste zugesehen hatten. Doch diesmal meinte er es ernst. Nicht, dass er es damals nicht ernst gemeint hätte, nur meinte er es diesmal anders ernst. Diesmal meinte er es um ihretwillen ernst.
    »Sei nicht blöd«, erwiderte sie.
    »Aber ich liebe dich wirklich.«
    »Tust du nicht.«
    »Tu ich doch.«
    »Tust du nicht, aber ich finde es rührend, dass du es versuchst. Du warst sehr lieb zu mir, nur gebe ich mich keinen Illusionen hin, Julian. Ich weiß, wie Männer ticken und auf welche bizarre Weise Männerfreundschaften funktionieren. Dass ich mich von anderen Frauen in dieser Lage unterscheiden würde, habe ich mir nie vorgemacht – für euch bin ich eine Möglichkeit, eure Rivalität auszuleben. Das habe ich dir gleich zu Anfang gesagt, aber ich fand es auch schön, das für mich selber auszunutzen. Und ich danke dir dafür, dass du mir das Gefühl gegeben hast, ich sei es, die du wolltest.«
    »Du warst es, die ich wollte.«
    »Ich glaube dir, nur hast du mich nicht so sehr gewollt wie Samuel.«
    Treslove war entsetzt. »Ich? Wie Samuel?«
    »Na ja, nicht in dem Sinn, dass du mit ihm vögeln wolltest. In diesem Sinn habe ich ihn auch nie geliebt. Ich bezweifle sogar, dass ihn jemals irgendjemand in diesem Sinn geliebt hat. Er ist
kein Mann zum Vögeln, auch wenn ihn das nie gehindert hätte … ihn oder die Frauen. Aber er hat was, mein Mann, nicht gerade eine Gloriole, doch eine Art Aura des Geheimnisvollen, die man durchdringen möchte, eine Überholspur-Kompetenz, ein praktisches Wissen, von dem man möchte, dass es auf einen abfärbt. Er ist einer von den Juden, die zu anderen Zeiten von Kaisern und Sultanen, selbst von den größten Judenhassern, in hohe Ämter gehievt worden wären. Er scheint Beziehungen zu haben, scheint zu wissen, wie man weiterkommt, und man spürt, bleibt man bei ihm, kommt man mit ihm zusammen weiter. Aber das brauche ich dir ja nicht zu sagen. Du spürst das. Ich weiß, dass du das spürst.«
    »Na ja, ich habe nicht gewusst, dass ich das spüre.«
    »Glaub mir, du spürst es. Und da komme ich ins Spiel. Durch mich färbt er auf dich ab. Durch mich bist du mit ihm verbunden. «
    »Tyler …«
    »Ist schon in Ordnung. Es macht mir nichts aus, gestohlener Sternenstaub zu sein, der dich mit Second-Hand-Bedeutung bestäubt. Ich räche mich an ihm und fühle mich gleichzeitig von dir liebevoller behandelt als von ihm.«
    Sie küsste ihn. Ein Dankeskuss.
    Ein Kuss, dachte Treslove, wie ihn eine Frau einem Mann gibt, der sie nicht bis in die Grundfesten erschüttert. Denn das hatte ihr »liebevoll behandelt« schon angedeutet – dass er nett, aber keine Herausforderung war, kein Mann von Einfluss, niemand, der ihr Zugang zur Überholspur gewährte. Sicher, sie kam zu ihm, glitt mit link ischer Untreue in sein Bett und vögelte mit ihm, ohne ihn jedoch richtig wahrzunehmen. Selbst dieser Kuss ging irgendwie an ihm vorbei, so als küsste sie eigentlich einen Mann, der hinter ihm im Zimmer stand.
    Stimmte, was sie gesagt hatte? Gewann er, indem er mit Sams Frau schlief, zeitweilig einen Zugang ehrenhalber zu Sams
Erfolg? Aber wenn das stimmte, warum fand er sich dann nicht erfolgreicher? Ihm gefiel der Gedanke, dass Sam kein Mann zum Vögeln war, doch was brachte ihm diese Information, wenn er selbst auch keiner war? Die arme Tyler, vögelte mit zwei Männern, die beide nicht zum Vögeln waren. Kein Wunder, dass sie krank aussah.
    Aber auch armer Treslove, dachte er.
    Eine Möglichkeit, eure Rivalität auszuleben, hatte sie sich genannt. Eure Rivalität – was besagte, dass dies auch für Sam galt. Hieß das, er wusste Bescheid? War es möglich, dass Tyler, wenn sie nach Hause kam, ihrem Mann vom gemeinsamen Freund erzählte, der einfach nicht zum Vögeln war? Und machte Sam das an? Machte es sie beide an?
    Taten Finkler so etwas?
    Zum ersten Mal brach Treslove jene Regel, an die sich alle Ehebrecher halten müssen, soll der Ehebruch nicht ihr Untergang sein, und stellte sich die beiden im Bett vor. Tyler, eben erst von Treslove zurück, drehte sich lächelnd zu ihrem Mann um, sah ihn an, wie sie Treslove nicht ein einziges Mal angesehen hatte, hielt seinen Penis vor sich wie einen Brautstrauß und

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