Die Firma
einem raschen Sandwich, lieferten sie den einstudierten Text über die Notwendigkeit, sich ein wenig Bewegung zu machen, und machten sich auf den Weg zur Straße. Sie hielten sich bei den Händen und gingen durch die kalte Nacht, redeten über die Firma und das FBI und darüber, was sie tun sollten, und gelangten immer zu demselben Schluß: es gab keinen Ausweg. Überhaupt keinen.
Siebzehn Tage und siebzehn Nächte.
Der achtzehnte Tag brachte eine neue Variante. Um neun Uhr abends war Mitch erschöpft und beschloß, nach Hause zu fahren. Er hatte fünfzehneinhalb Stunden ununterbrochen gearbeitet Für zweihundert pro Stunde. Wie gewöhnlich ging er den Flur im zweiten Stock entlang, dann stieg er die Treppe zum dritten Stock hinauf. Er überprüfte im Vorbeigehen jedes Büro, um zu sehen, wer noch arbeitete. Niemand im dritten Stock. Er stieg weiter hinauf in den vierten Stock und durchwanderte den ganzen Flur, als suchte er etwas. Nur in einem einzigen Büro brannte noch Licht. Royce McKnight machte Spätschicht. Mitch passierte sein Büro, ohne gesehen zu werden. Averys Tür war zu, und Mitch ergriff den Türknopf.
Das Büro war verschlossen. Er ging zur Bibliothek und suchte nach einem Buch, das er nicht brauchte. Nach zwei Wochen derartiger nächtlicher Inspektionsgänge hatte er festgestellt, daß es in den Fluren und den Büros keine Überwachungskameras gab. Er kam zu dem Schluß, daß sie lediglich mithörten, aber nichts sahen.
Er verabschiedete sich am Tor von Dutch Hendrix und fuhr nach Hause. Abby rechnete um diese frühe Stunde noch nicht mit ihm. Er schloß leise die vom Carport ins Haus führende Tür auf und schlich in die Küche. Er schaltete das Licht ein. Sie war im Schlafzimmer. Zwischen der Küche und seinem Zimmer gab es eine kleine Diele mit einem Rollpult, auf dem Abby die tägliche Post deponierte. Er legte seinen Aktenkoffer leise auf das Pult, dann sah er ihn. Ein großer brauner Umschlag, mit schwarzem Filzstift an Abby McDeere adressiert Keine Absenderangabe. Auf dem Umschlag stand, in dicker schwarzer Schrift: FOTOS-NICHT KNICKEN. Zuerst setzte sein Herzschlag aus, dann sein Atem. Er griff nach dem Umschlag. Er war geöffnet worden.
Auf seiner Stirn bildete sich eine dicke Schweißschicht. Sein Mund war trocken, und er konnte nicht schlucken. Sein Herzschlag setzte mit der Gewalt eines Schmiedehammers wieder ein. Das Atmen war mühsam und schmerzhaft. Ihm war schlecht. Langsam wich er, mit dem Umschlag in der Hand, von dem Pult zurück. Sie ist im Bett, dachte er. Verletzt, angewidert, niedergeschmettert und wütend. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und versuchte, sich zu fassen. Trag es wie ein Mann, sagte er sich.
Sie war im Bett und las bei eingeschaltetem Fernseher. Der Hund war im Garten. Mitch öffnete die Schlafzimmertür, und Abby fuhr erschrocken auf. Bevor sie erkannt hatte, wer der Eindringling war, hätte sie ihn fast angeschrien.
»Du hast mich erschreckt, Mitch!«
Ihre Augen funkelten vor Angst, dann vor Freude. Es waren keine Tränen aus ihnen geflossen. Sie sahen gut aus, ganz normal. Kein Schmerz. Keine Wut. Er konnte nicht sprechen.
»Wieso bist du zuhause?« wollte sie wissen, setzte sich im Bett auf und lächelte.
Sie lächelte? »Ich wohne hier«, sagte er schwächlich.
»Warum hast du nicht angerufen?«
»Muß ich anrufen, bevor ich nach Hause kommen darf?«
Sein Atem war jetzt wieder fast normal. Es war alles in bester Ordnung.
»Das wäre nett. Komm her und küß mich.«
Er beugte sich über das Bett und küßte sie. Er reichte ihr den Umschlag. »Was ist das?« fragte er beiläufig.
»Das wollte ich dich fragen. Er ist an mich adressiert, aber es war nichts darin. Überhaupt nichts.« Sie klappte ihr Buch zu und legte es auf den Nachttisch.
Überhaupt nichts? Er lächelte sie an und küßte sie abermals.
»Erwartest du Fotos von irgendjemandem?« fragte er, scheinbar völlig ahnungslos.
»Nicht, daß ich wüßte. Muß ein Irrtum sein.«
Er konnte fast hören, wie DeVasher in diesem Augenblick im fünften Stock lachte. Das fette Schwein stand dort in einem dunklen Raum voller Drähte und Maschinen mit einem Kopfhörer auf seiner massigen Kegelkugel von einem Kopf und lachte sich halb tot.
»Das ist merkwürdig«, sagte Mitch. Abby schlüpfte in ihre Jeans und deutete auf den Hintergarten. Mitch nickte. Das Signal war einfach, nur ein kurzes Handausstrecken oder Kopfnicken in Richtung Terrasse.
Mitch legte den Umschlag wieder auf das
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