Die Firma
Kaffee. Es wurde erwartet, daß er jeden Morgen ab neun in der Firma zur Verfügung stand, erklärte Avery, während er sich eine Montesino anzündete. Die Sekretärinnen kamen um halb neun.
Von neun bis fünf, aber niemand arbeitete acht Stunden am Tag. Was ihn selbst betraf, so war er um acht im Büro und ging selten vor sechs. Er konnte täglich zwölf Stunden in Rechnung stellen, Tag für Tag, ohne Rücksicht darauf, wie lange er tatsächlich arbeitete. Zwölf pro Tag, fünf Tage in der Woche, bei dreihundert pro Stunde, und das fünfzig Wochen lang.
Neunhunderttausend Dollar! In anrechenbarer Zeit! Das war sein Ziel. Im Vorjahr hatte er siebenhunderttausend geschafft, aber da hatte er private Probleme gehabt. Der Firma war es gleich, ob Mitch um sechs oder um neun erschien, solange die Arbeit getan wurde.
»Wann werden die Türen aufgeschlossen?« fragte Mitch.
Jeder hat einen Schlüssel, erklärte Avery, er konnte also kommen un d gehen, wie es ihm paßte. Die Sicherheitsvorkehrungen waren streng, aber die Wachmänner waren an Workaholics gewöhnt. Manche Arbeitsgewohnheiten waren geradezu legendär. Victor Milligan hatte in jüngeren Jahren sechzehn Stunden täglich gearbeitet, sieben Tage in der Woche, bis er Partner geworden war. Dann hatte er aufgehört, sonntags zu arbeiten. Danach hatte er eine Herzattacke und hörte auf, samstags zu arbeiten. Sein Arzt setzte ihn auf einen Zehn-Stunden-Tag, fünf Tage die Woche, und seither ist er seines Lebens nicht mehr froh. Marty Kozinski hatte alle Wachmänner beim Vornamen gekannt. Er war ein Neun-Uhr-Mann gewesen, der mit seinen Kindern frühstücken wollte. Er kam um neun und ging um Mitternacht. Nathan Locke behauptet, er könnte nicht richtig arbeiten, wenn die Sekretärinnen da sind; deshalb kommt er um sechs. Es wäre eine Schande, später anzufangen. Ein Mann von sechzig, zehnfacher Millionär, und arbeitet fünf Tage in der Woche von sechs Uhr morgens bis acht Uhr abends und dann noch den halben Samstag. Wenn er in den Ruhestand ginge, würde er bald sterben.
Stechuhren gibt es nicht, erklärte der Partner. Sie können kommen und gehen, wie es Ihnen gefallt. Hauptsache, die Arbeit wird getan.
Mitch sagte, er hätte verstanden. Sechzehn Stunden am Tag waren für ihn nichts Neues.
Avery äußerte sich anerkennend über seinen neuen Anzug.
Es gab eine ungeschriebene Kleiderordnung, und es war offensichtlich, daß Mitch ihr Rechnung trug. Avery hatte einen Schneider, einen alten Koreaner in South Memphis, den er empfehlen würde, sobald Mitch ihn sich leisten konnte.
Fünfzehnhundert für einen Anzug. Mitch sagte, damit würde er noch ein oder zwei Jahre warten.
Ein Anwalt von einer der größeren Firmen unterbrach sie. Er sprach Avery sein Beileid aus und erkundigte sich nach den Familien. Er hatte im vorigen Jahr mit Joe Hodge gemeinsam an einem Fall gearbeitet und konnte es einfach nicht glauben.
Avery stellte ihm Mitch vor. Er war bei der Beerdigung, sagte er.
Sie warteten darauf, daß er wieder verschwand, aber er redete und redete und erklärte immer wieder, wie leid es ihm täte. Es war offensichtlich, daß er Einzelheiten wissen wollte. Avery gab ihm keine, und endlich ging er.
Um zwei ging den Lunchpausen der Mächtigen der Dampf aus, und der Club leerte sich. Avery unterschrieb die Rechnung, und der Empfangschef geleitete sie zur Tür. Der Chauffeur stand geduldig am Heck der Limousine. Mitch stieg hinten ein und ließ sich auf den dicken Ledersitz sinken. Er betrachtete die Gebäude und den Verkehr. Er musterte die Fußgänger, die auf den Gehste i gen entlangeilten, und fragte sich, wie viele von ihnen je das Innere einer Limousine oder das Innere des Manhattan Clubs gesehen hatten. Wieviele von ihnen würden in zehn Jahren reich sein? Er l ä chelte, und er hatte ein gutes Gefühl Harvard war eine Millionjahre weit weg. Harvard ohne Darl e hensschulden. Kentucky lag in einer anderen Welt. Seine Vergangenheit war vergessen. Er hatte es geschafft.
Die Innenarchitektin wartete in seinem Büro. Avery entschuldigte sich und bat Mitch, in e i ner Stunde zu ihm zu kommen, damit er mit der Arbeit anfangen konnte. Sie hatte Bücher voller Büromöbel und Mustern von allem möglichen. Er bat um Vorschläge, hörte mit so viel Interesse zu, wie er aufzubringen vermochte, dann erklärte er ihr, er verließe sich voll und ganz auf ihr Urteil, und sie sollte aussuchen, was sie für angebracht hielt. Ihr gefielen der massive Schreibtisch aus Kirsche
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