Die Firma
überprüften die Partner bei einem ihrer exklusiven Lunchs die
Rechnungsstellungen des voraufgegangenen Monats. Es ist eine großartige Zeremonie. Royce McKnight liest den Namen jedes Mitarbeiters vor und dann die Summe der von ihm geleisteten anrechenbaren Stunden. Die Konkurrenz zwischen den Partnern ist gewaltig, aber es gibt kein böses Blut.
Schließlich werden sie alle reich, nicht wahr? Es ist überaus motivierend. Was die angestellten Anwälte angeht, wird zu jemandem mit einem mageren Ergebnis nichts gesagt, sofern es nicht schon sein zweiter magerer Monat ist Dann macht Oliver Lambert im Vorübergehen eine Bemerkung. Niemand hat je drei magere Monate hintereinander gehabt. Mit besonders guten Ergebnissen können die jungen Anwälte Gratifikationen verdienen. Eine Partnerschaft hängt davon ab, wie man im Laufe der Jahre Kosten gemacht hat Also vergessen Sie das nie, warnte er noch einmal. Das hat immer Vorrang nach dem Anwaltsexamen natürlich.
Das Anwaltsexamen war lästig, etwas, das man einfach über sich ergehen lassen mußte, ein Übergangsritus, und nichts, wovor ein Mann aus Harvard Angst zu haben brauchte. Er sollte sich nur auf die Repetitorien konzentrieren, sagte er, und versuchen, sich an alles zu erinnern, was er an der Universität gelernt hatte.
Die Limousine bog zwischen zwei hohen Gebäuden in eine Nebenstraße ein und hielt vor einem kleinen Baldachin, der vom Gehsteig bis zu einer schwarzen Metalltür reichte. Avery schaute auf die Uhr und wies den Chauffeur an: »Seien Sie um zwei wieder hier.«
Zwei Stunden für den Lunch, dachte Mitch. Das sind mehr als sechshundert Dollar in anrechenbarer Zeit Was für eine Verschwendung!
Der Manhattan Club befand sich im obersten Stockwerk eines zehngeschossigen Bürogebäudes, das zuletzt Anfang der fünfziger Jahre voll belegt gewesen war. Avery bezeichnete das Haus als Bruchbude, wies aber gleichzeitig darauf hin, daß der Club das exklusivste Speiselokal in der Stadt war. Hier konnte man in Gesellschaft ausschließlich weißer und reicher Männer in anheimelnder Umgebung vorzüglich essen. Mächtige Lunches für mächtige Leute. Bankiers, Anwälte, leitende Angestellte, Unternehmer, ein paar Politiker und ein paar Aristokraten. Der Fahrstuhl fuhr nonstop an den leerstehenden Geschossen vorbei und hielt im eleganten zehnten Stock an.
Der Empfangschef sprach Mr. Tolar mit seinem Namen an und erkundigte sich nach seinen guten Freunden Oliver Lambert und Nathan Locke. Er bekundete sein Beileid zum Verlust von Mr. Kozinski und Mr. Hodge. Avery dankte ihm und stellte den neuesten Angehörigen der Firma vor. Der Lieblingstisch wartete in der Ecke. Ein höflicher schwarzer Kellner namens Ellis brachte die Speisekarten.
»Die Firma gestattet keinen Alkohol zum Lunch«, sagte Avery, als er die Speisekarte aufschlug.
»Ich trinke nicht beim Lunch.«
»Das ist gut. Was möchten Sie?«
»Tee, mit Eis.«
»Geeisten Tee für ihn», sagte Avery zu dem Kellner. »Für mich bringen Sie einen Bombay-Martini on the rocks mit drei Oliven.«
Mitch biß sich auf die Zunge und lächelte hinter der Speisekarte.
»Bei uns gibt es zu viele Vorschriften«, murmelte Avery.
Dem ersten Martini folgte ein zweiter, aber danach hörte er auf. Er bestellte für beide. Irgendwelchen gebratenen Fisch. Die Spezialität des Tages. Er achtete sehr auf sein Gewicht, sagte er. Außerdem trainierte er täglich in einem Fitnessclub, seinem eigenen Fitnessclub. Er lud Mitch ein, ihm dabei Gesellschaft zu leisten. Vielleicht nach dem Anwaltsexamen. Es folgten die üblichen Fr a gen nach Football im College und das übliche Abstreiten jeder Großartigkeit
Mitch erkundigte sich nach den Kindern. Avery sagte, sie lebten bei ihrer Mutter.
Der Fisch war halb roh und die gebackene Kartoffel hart.
Mitch stocherte auf seinem Teller herum, aß langsam seinen Salat und hörte zu, wie sich sein Partner über den größten Teil der zum Lunch erschienenen Gäste ausließ. An einem großen Tisch saß der Bürgermeister zusammen mit einigen Japanern.
Den Nebentisch hatte einer der Bankiers der Firma. Es waren noch etliche weitere namhafte Anwälte und Geschäftsleute anwesend, die alle eifrig aßen und sich ihrer Bedeutung und Macht bewußt waren. Die Atmosphäre war stickig. Avery zufolge war jedes Clubmitglied eine wichtige Persönlichkeit, ein Machtpotential sowohl auf seinem Gebiet als auch in der Stadt.
Avery war hier zu Hause.
Beide lehnten einen Nachtisch ab und bestellten
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