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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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von einem Wasserfall, der tosend in die Tiefe stürzte.
    Aber es war kein Wasser, das sich schlagartig aus den Öffnungen zu beiden Seiten des Tores ergoss.
    Es war Sand.
    In zwei gewaltigen Kaskaden brach er hervor und ergoss sich in den Graben. Das Wasser darin zischte feindselig, als wollte es ihn vertreiben, aber schon im nächsten Augenblick hatte der Sand es aufgesogen, und immer noch mehr davon stürzte in die Tiefe. Innerhalb von Sekunden konnte man die Hand nicht mehr vor Augen erkennen, so dicht war der Staub, der aus dem Graben aufstieg. Sarah und ihre Gefährten zogen die Halstücher vor Mund und Nase, jedoch waren sie nur bedingt von Nutzen. Von Hustenanfällen geschüttelt, blieb ihnen nichts, als sich in den Gang zurückzuziehen und abzuwarten, wobei sie sich mit den Händen vorantasten mussten.
    Eine endlos scheinende Weile waren Sarah und die Ihren zur Untätigkeit verdammt, konnten nichts tun, als am Absatz der Treppe zu kauern und der Staubwolke zuzusehen, die aus dem Durchgang quoll, begleitet von infernalischem Getöse …
    … das irgendwann erstarb.
    Der schwere Sandstaub legte sich, und nachdem die Expeditionsteilnehmer Gesichter und Kleider notdürftig gereinigt hatten, erklommen sie erneut die Stufen und lugten vorsichtig über die Kante. Was sie sahen, überraschte sie.
    Nicht nur, dass der Sand seinen Zweck erfüllt und den Graben aufgeschüttet hatte, sodass man die Kluft gefahrlos überqueren konnte – im hohen Tor stand auch eine schmächtige, nur zu bekannte Gestalt. Die Öllampe in ihrer Hand warf unstetes Licht auf ihre selbstzufrieden lächelnden Züge.
    »Hingis!«, entfuhr es dem alten Gardiner. »Was, bei Kastor und Pollux …«
    »Geben Sie es zu«, verlangte der Schweizer, »Sie hätten nicht gedacht, mich noch einmal wiederzusehen.«
    »Zugegeben«, gestand Sarah ohne Zögern und vor allen anderen.
    »Ich gestehe, die Versuchung war groß«, bekannte der Schweizer. »Als ich begriff, was es mit der Vorrichtung auf sich hatte, da wusste ich, dass ich rasch handeln musste, oder mein Vorteil würde vergeben sein. Also handelte ich, noch ehe mir klar wurde, wie töricht das war, was ich tat – schließlich hätte ich bei dem Sprung leicht mein Leben verlieren können. Aber ich erreichte unbeschadet die andere Seite, und tatsächlich fand ich dort, was wir wohl beide vermutet hatten – die steinernen Hebel des Zugangsmechanismus. Zuerst verschwendete ich keinen Gedanken daran, sie zu betätigen, aber dann tat ich es doch. Und wissen Sie, warum?«
    »Warum?«, fragte Gardiner.
    »Weil mir Ihre Worte nicht aus dem Kopf wollten, Kincaid. Und weil ich nach allem, was Sie für mich getan haben, irgendwie das Gefühl hatte, Ihnen etwas schuldig zu sein. Ist das nicht seltsam?«
    »Für einen Menschen Ihres Schlages wahrscheinlich schon«, räumte Sarahs Vater grinsend ein, während er den Sand durchquerte und sicher auf die andere Seite gelangte. »Umso mehr bin ich Ihnen zu Dank verpflichtet.«
    »Gern geschehen.« Der Schweizer lächelte. »Allerdings muss ich mich vorsehen, dass so etwas nicht zur schlechten Gewohnheit wird. Schließlich habe ich einen Ruf zu verlieren.«
    »Und die Lampe?«, erkundigte sich Sarah. »Woher haben Sie die?«
    »Dort vorn gibt es eine Nische im Fels.« Hingis deutete durch das Tor. »Da finden Sie alles, was Sie brauchen.«
    »Sieh an.« Sarah schürzte die Lippen. »So viel Sinn fürs Praktische hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut …«
    Sie ließ ihn stehen und suchte die Nische auf, wo sie tatsächlich eine Reihe tönerner Lampen aufgereiht fand. Einige davon waren zerbrochen und nutzlos, andere noch völlig intakt. Mit Öl gefüllte Amphoren lagerten nicht weit davon, und sogar an Feuersteine hatte man gedacht. Offenbar, vermutete Sarah mit grimmigem Lächeln, hatten die Erbauer der Anlage mit Besuch gerechnet …
    Rasch stellten die Gefährten mehrere funktionierende Lampen her, sodass nun jeder seine eigene Flamme hatte.
    »Weiter«, verlangte Gardiner Kincaid daraufhin. »Am Ende dieses Korridors werden wir hoffentlich finden, wonach wir suchen. Wissenschaftliche Erfüllung …«
    »… und ewigen Ruhm«, fügte Friedrich Hingis begeistert hinzu.
    »Um der Wahrheit die Ehre zu geben«, murmelte du Gard halblaut, »wäre ich schon mit dem Ausgang zufrieden …«
    Der Gang, der sich dem Tor anschloss, führte schräg in die Tiefe. Die Wände waren mit Malereien versehen, wie Sarah sie farbenprächtiger und prunkvoller nie zuvor zu sehen bekommen

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