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Die Flamme von Pharos

Die Flamme von Pharos

Titel: Die Flamme von Pharos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Sarah auf die schroffen Felswände, die einen atemberaubenden Anblick boten; Schwärme von Vögeln, die ihre Brutstätten auf der Insel zu haben schienen, umkreisten die Klippen in schwindelerregender Höhe, nicht nur die Heringsmöwen, von denen der Fischer gesprochen hatte, sondern auch Schwalben und Sturmtaucher. Sarah schaute zu, wie sie im Sturzflug herabstießen, um im nächsten Moment wieder steil emporzuflattern, lauschte den Schreien, die von den Felswänden widerhallten – und im nächsten Moment entdeckte sie etwas, das sie erschaudern ließ.
    »Maurice«, wandte sie sich an du Gard, der ihr aus schwarz geränderten Augen einen fragenden Blick zuwarf. Statt zu antworten, deutete Sarah nur die Klippen hinauf. Du Gard folgte ihrem Fingerzeig, und trotz seines elenden Zustands war ihm sofort klar, was sie meinte.
    »Mon dieu«, rief er laut, »du hattest recht!«
    Das Fischerboot, das nur etwa hundert Yards von der Insel entfernt kreuzte, hatte deren westliches Ende erreicht, und über dem steilen Fels der Klippen kam etwas zum Vorschein, dessen Anblick Sarah nur zu vertraut war: die Überreste eines mittelalterlichen Turmes!
    Die Basis der Ruine war von unten nicht zu sehen, lediglich der verfallene Turm, der die Insel wie ein Denkmal überragte. Nur eine Hälfte des aus groben Steinen gemauerten und einst von Zinnen gekrönten Bauwerks stand noch, der Rest war zerstört, durch den Beschuss feindlicher Kanonen oder die Gewalt von Wind und Wetter. Aber Sarah war sicher, dass dies jener Ort war, an dem sie erst vor zwei Tagen mit knapper Not dem Tod entronnen waren …
    Als der Fischer sah, was die Aufmerksamkeit seiner Passagiere erregt hatte, spuckte er aus, murmelte etwas in seiner Sprache und bekreuzigte sich.
    »Was haben Sie gesagt?«, wollte Sarah wissen.
    »Dass Insel verflucht«, antwortete der Fischer schlicht.
    »Verflucht?« Sarah hob die Brauen. »Was soll das bedeuten?«
    »Bedeuten, dass gefährlicher Ort. Ruine einst Burg von Orden. Verflucht, als Franzosen kommen.«
    »Ich verstehe.« Sarah nickte.
    »Moi, je ne comprends pas«, wandte du Gard ein. »Wovon spricht der Mann?«
    »Erinnerst du dich an das, was ich dir über Malta erzählt habe? Dass sich die Insel über Jahrhunderte im Besitz des Ritterordens der Johanniter befand?«
    »Natürlich. Und?«
    »Nun, offenbar haben die Johanniter auf dieser Insel einst eine Burg unterhalten, und in der einheimischen Bevölkerung geht das Gerücht, dass die Ritter das Gemäuer verfluchten, als Napoleon sie dazu zwang, Malta zu verlassen.«
    »Ort des Todes«, fügte der Fischer düster hinzu. »Leute gehen hin, aber kommen nicht zurück.«
    »Was für Leute?«
    »Fischer aus Kalafrana. Sehr jung, fast Kinder noch.«
    »Sie sind auf der Insel gewesen?«
    »Ja.« Der Fischer deutete am schroffen Kalkstein empor. »Junge Männer machen Mutprobe, klettern Felsen hinauf, aber kehren nie zurück. Geister von Rittern sie getötet.«
    »Wann ist das gewesen?«, wollte Sarah wissen.
    »Vor zwei Monaten, vielleicht auch drei.« Der Fischer machte eine unbestimmte Handbewegung. »Zeit nicht wichtig.«
    »Verstehe.« Sarah nickte grimmig. Natürlich glaubte sie weder an Flüche noch an Geister, die sich an wehrlosen jungen Männern vergriffen – viel eher hatte sie den Verdacht, dass der vermummte Hüne, dem auch du Gard und sie um ein Haar zum Opfer gefallen wären, schon eine ganze Weile sein Unwesen auf der Insel getrieben hatte. Vielleicht, sagte sich Sarah, ist er noch immer dort …
    »Gehen Sie näher ran«, wies sie den Fischer entschlossen an.
    »Was?«
    »Ich möchte, dass Sie das Boot näher an die Insel heranbringen«, wiederholte Sarah.
    »Was haben vor?«
    »Wir werden an Land gehen«, verkündete Sarah entschieden, während sie nach der Leinentasche griff und sie öffnete.
    »An Land? Aber nur Wände aus Stein …«
    »Vertrauen Sie mir, es gibt einen Zugang«, versicherte Sarah.
    »Und was mit Fluch?«
    »Auch darauf bin ich vorbereitet«, versicherte sie – und hielt unvermittelt einen Revolver in der Hand, den sie aus der Tasche gezogen hatte.
    »Sarah! Mon dieu!«, rief du Gard entgeistert. »Was ist das?«
    »Ein Revolver der Marke Enfield«, erklärte Sarah beiläufig, während sie die Trommel ausklappte und mit geübtem Blick die Ladung prüfte. »Die Marineausführung, um genau zu sein.«
    »Die Marineausführung? Soll das heißen, du hast dir außer der Karte noch etwas aus dem Besitz der Royal Navy geliehen?«
    »Sag’s nicht

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