Die Flammen der Dämmerung: Roman (German Edition)
weiß es ja selbst nicht«, gab Renna zu. »Die Horclinge haben sie getötet, so viel steht fest, aber die Siegel wurden nicht durchbrochen – sie war draußen im Hof. Ich erinnere mich noch, dass sie und Dad sich in dieser Nacht fürchterlich gestritten hatten. Als ich noch klein war, machte ich mir nicht viele Gedanken darüber, aber jetzt glaube ich, dass sie hinausrannte, um von ihm wegzukommen. Bei der Nacht, ein paarmal war ich selbst kurz davor.«
»Ich bin froh, dass du es nicht getan hast«, sagte Arlen. »Man darf weglaufen, wenn man einen Ort kennt, an den man sich flüchten kann. Aber wenn du ohne eine Zuflucht in die Nacht hinaus musst, dann ist es besser zu kämpfen, als wegzulaufen.«
»Wirklich und wahrhaftig«, bekräftigte Renna.
»Der Umhang kann aber auch nützlich sein«, fuhr Arlen fort. »Ohne ihn hätten die Horclinge uns vielleicht schon erwischt.«
»Schätze, in diesem Fall sollte ich mich bei Leesha Papiermacher bedanken, weil sie uns das Leben gerettet hat.« Renna spuckte auf den Boden.
» Du hast uns das Leben gerettet, Ren«, berichtigte Arlen. »Nicht der Umhang oder das Messer deines Dads haben sich auf diesen Abschaum des Horc gestürzt und ihn getötet, sondern du . Der Seelendämon hätte mich um ein Haar umgebracht. Das war die gefährlichste Begegnung mit einem Dämon, die ich je hatte, und ich bin schon häufiger nur mit knapper Müh und Not entkommen.«
Er hielt ihr das Bündel entgegen, Renna nickte und nahm es an. Sie lächelte. »Ich denke, ich werde es genießen, wenn deine Leesha mich darin sieht. Alle Leute werden wissen, dass du mich ihr vorziehst.«
Arlen grinste. »Nicht alle, nur ein paar. Die anderen werden glauben, du seist eine von Leeshas Schülerinnen.« Renn blitzte ihn zornig an, und er lachte.
5
Fürsorger Hayes
333 NR – Sommer
25 Morgendämmerungen vor Neumond
Z um Horc, verdammt!«, fluchte Arlen.
»Was ist los?«, fragte Renna. Nach einem scharfen Ritt waren sie abgesessen und führten die Pferde durch einen dichten Wald, der sich gerade zu einer kleinen Lichtung mit einem Felsvorsprung öffnete.
»Jemand hat mein Versteck gefunden.« Er zeigte mit dem Finger auf den Felsvorsprung.
Renna schaute hin und schüttelte den Kopf. »Ich sehe nichts.«
»Es ist aber da. Erst wenn man direkt davorsteht, entdeckt man die Tür. Am Eingang befindet sich ein Tor aus Metall, das völlig mit Ringelwinde überwuchert ist, und der Rest wird von Moos und Gras bedeckt.«
Renna kniff die Augen zusammen und starrte angestrengt auf die Lichtung. »Woher willst du wissen, dass jemand deinen Schlupfwinkel gefunden hat?«
Arlen deutete auf eine dünne Rauchfahne, die aus dem Wipfel eines toten Baums driftete, der kahl und düster von der Spitze des kleinen Felsvorsprungs aufragte. »Das ist mein Kamin. Ich habe nicht drei Monate lang das Herdfeuer brennen lassen.«
»Hast du etwa wichtige Sachen dort zurückgelassen?«, fragte Renna.
Arlen zuckte mit den Schultern. »Ein paar halbfertige Siegelarbeiten. Die Leute, die sich den Holzfällen anschlossen, brauchten so viele Waffen, dass ich mit der Arbeit kaum nachkam, deshalb habe ich hier nie ein richtiges Vorratslager angelegt. Ich sorgte nur dafür, dass ich eine Stelle zum Schlafen hatte.«
Sie hörten ein heiseres Krächzen, und Arlen seufzte. »Und in mei nem schönen Stall hält er sich auch noch Hühner, verflucht noch mal.«
»Und was jetzt?«, erkundigte sich Renna.
»Schätze, wir mieten uns in der Stadt ein Zimmer«, sagte Arlen, der auf einmal müde klang. »Ab morgen. Egal, ob bei Tag oder bei Nacht, ich rechne damit, dass die Leute in Scharen angelaufen kommen, wenn wir dort auftauchen. Ich brauche ein paar Stunden Schlaf, ehe der Wirbel beginnt.«
»Warum können wir nicht im Freien kampieren, wie sonst auch?«, fragte Renna.
»Wir sind keine Tiere, Ren. Es spricht nichts dagegen, in einem Bett zu schlafen, und wir sind uns nicht zu gut dafür, ein paar Leute kennenzulernen.«
Renna zog eine Grimasse. In dieser Nacht hatte sie keine Gelegenheit bekommen zu jagen, und sie konnte sich ausmalen, dass ihre Chancen, ohne Arlens Wissen Dämonenfleisch zu essen, sich noch weiter verringern würden, wenn sie erst einmal in der Stadt waren. Je größer ihre Kräfte wurden, umso weniger fühlte sie sich von diesem Tun abgestoßen. Sie war hungrig, und normale Speisen reichten ihr nicht mehr aus.
Der müde Ausdruck auf Arlens Gesicht sorgte aber dafür, dass sie sich beherrschte. Auf seinen
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