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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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hölzernen Gebäude am Kai und blieb vor dem Eingang stehen.
    »Da drin ist dein Boot?« Glic klang, als könnte er es nicht glauben. »Hast du den Schlüssel?«
    »Wir müssen warten. Die Bootsbauer verspäten sich«, sagte Dallachar. Um seine Enttäuschung zu verbergen, ging er ein Stück Richtung Treppe zurück und schaute angestrengt, ob er wenigstens einen der Männer unter den Menschen dort entdecken konnte.
    »Sieh mal!«, rief Glic plötzlich, der bei der Tür geblieben war, und grinste. »Das Schloss war nicht richtig zu.«
    Schnell wie der Wind war Dallachar bei ihm und gemeinsam öffneten sie das Tor. Zielstrebig ging Dallachar zu dem Boot. Mit beiden Händen strich er über das Holz und Glic konnte den Stolz in seinen Augen sehen. »Wir können genauso gut da oben an Deck warten«, sagte er. Glic hatte nichts dagegen und die beiden kletterten an Bord. Nachdem sie alles begutachtet hatten, setzten sie sich, den Rücken an die Reling gelehnt.
    »Das ist ziemlich bequem, dein Boot«, sagte Glic und lächelte spitzbübisch.
    Dallachar war einen Moment unsicher, denn er spürte, dass mehr hinter dieser Bemerkung steckte. Aber das Gefühl verflog gleich wieder, als Glic ungeduldig wissen wollte, wie sie denn das Boot ins Wasser bekämen.
    »Die Bootsbauer machen das. Sie richten auch den Mast auf und eigentlich sollten sie längst hier sein.« Jetzt hatte ihn ebenfalls die Ungeduld erfasst. Er wollte gerade aufspringen und nachsehen, wo die Männer blieben, da hörte er Stimmen. »Na endlich!«, sagte er.
    Beide Jungen schauten aufgeregt zu, wie die Männer das Boot mit vereinten Kräften vom Stapel ließen.
    »Und du kannst wirklich alleine damit segeln?«, fragte Glic zum dritten Mal.
    »Ich habe schließlich lange genug geübt!« Mit forschem Tonfall übertönte Dallachar die eigenen Bedenken. Bei seiner ersten Fahrt wollte er niemanden um sich haben – beinahe niemanden jedenfalls. Glic störte sein Glück nicht, er mochte den Jungen, obwohl er ihn kaum kannte.
    Die Männer machten die Leinen los. Als hätte er nie etwas anderes getan, setzte Dallachar die Segel. Langsam glitten sie aus dem Hafen, die Dohle blieb auf dem Dach des Bootshauses zurück.
    Weiter draußen frischte der Wind auf und sie gewannen an Fahrt. Dallachar erklärte, wie Glic ihm helfen konnte, und dieser ging dem jungen Kapitän eifrig zur Hand. Zuerst war es Glic ein wenig unheimlich, aber dann gewöhnte er sich daran, auf den Wellen zu schaukeln. Das Meer wollte ihn ja nicht verschlingen, auch wenn es vom Ufer aus so auf ihn wirkte. Über ihnen kreisten die lustigen weißen Vögel. Das Wasser war so klar, dass sie Fischschwärme unter sich beobachten konnten. Algen trieben vorbei und einige von diesen glibbrigen durchsichtigen Dingern, die Glic schon am Strand gesehen hatte.
    »Das sind Quallen«, erklärte Dallachar.
    Der Name passte, dachte Glic. »Wie heißen die?«, fragte er und zeigte auf die Vögel.
    »Das da oben? Das sind Möwen.«
    Glic lachte, das klang irgendwie komisch. Glücklich sah er zu, wie sich die Küste immer weiter entfernte, während die Möwen über ihren Köpfen kreischten und Böen sein Haar zerzausten. Er fühlte sich seltsam befreit.
    »Was für ein Tag!«, seufzte er.
    »Ja, was für ein Tag«, antwortete Dallachar und lächelte. Glic drehte sich um und schaute ihm ins Gesicht. »Du hast ein Boot zum Geburtstag bekommen und ich von dir mein Leben«, sagte er und war für seine Verhältnisse ungewöhnlich ernst. »Das ist wahrscheinlich das beste Geschenk, das man jemandem machen kann!«
    Dallachars Ausdruck war ebenso ernst, aber er erwiderte nichts. Es war auch nicht nötig.
    Viel zu schnell war die Zeit verstrichen, die Dallachar zur Verfügung stand. Während er das Boot zum Hafen zurücksteuerte, fiel die Leichtigkeit, die er draußen auf dem Meer mit Glic empfunden hatte, wieder von ihm ab. Er tröstete sich damit, dass ihm niemand diese Erinnerung nehmen konnte, und außerdem war es schließlich nicht sein letzter Ausflug. Aber vermutlich der letzte ohne Dídean, dachte er dann und seine Miene verdüsterte sich.
    Glic, der den Stimmungsumschwung seines Gefährten wohl bemerkte, verlor kein Wort darüber. Auch er bedauerte, dass sie umkehren mussten, aber es machte ihn längst nicht so niedergeschlagen. Dazu freute er sich viel zu sehr über die unverhoffte Fahrt und vielleicht war es ja nicht die einzige!
    Die Dohle erwartete sie oben auf dem First des Bootshauses ohne sich zu rühren. Glic half

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