Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
Vom Netzwerk:
Dallachar, das Boot zu vertäuen. Auch zwei Fischer packten mit an. Wehmütig schauten die beiden noch einmal aufs Meer, bevor sie schweigend die Stufen zur Stadt hinaufgingen. Dallachar fühlte sich, als trüge er eine Last auf den Schultern.
    Oben angekommen drehte sich Glic zu ihm um. »Bis zum nächsten Mal«, sagte er mit einem frechen Lächeln und blinzelte.
    »Bis zum nächsten Mal!«, sagte auch Dallachar und erwiderte das Blinzeln.
    Dann trennten sie sich und jeder ging seines Weges.
    Erst als er den Palast beinahe erreicht hatte, fiel Dallachar ein, dass er gar nicht wusste, wo Glic wohnte und auf welche Weise er ihn erreichen sollte. Wie vor den Kopf geschlagen, blieb er stehen. Er konnte nicht fassen, dass er das vergessen hatte! Nach einer Weile hellte sich seine Miene auf. Glic wusste ja, wo sich das Boot befand! Plötzlich hatte er keinen Zweifel daran, dass sie sich wiedersehen würden.
    In seinem Zimmer traf er auf Dídean, die gerade wütend den Pagen zur Rede stellte. Offensichtlich hatte dieser doch die Tür geöffnet. Dallachar nahm ihm das nicht übel. Wer könnte Dídean Widerstand leisten?
    »Lass ihn in Ruhe. Er hat nur getan, was ich ihm befohlen habe.«
    Dídean fuhr herum und Dallachar erschrak, als er ihren Blick sah. »Verschwinde!«, zischte sie den Pagen an, der kreideweiß die Flucht ergriff.
    Dallachar wappnete sich für eine Strafpredigt, doch Dídean sagte nur: »Macht das nie wieder!« Ihr Tonfall jagte ihm Schauer über den Rücken und er bekam weiche Knie. In ihren Augen sah er eine mörderische Wut.
    »Wo wart Ihr?«, wollte sie wissen.
    Dallachar blieb stumm, teils aus Angst, aber er spürte auch Trotz in sich aufsteigen. Er wollte sich den Ausflug von ihr nicht kaputt machen lassen! Finster starrte er sie an, die Lippen fest zusammengepresst. Dídean starrte zurück und eine Weile rührte sich keiner von beiden. Dann beendete Dídean diesen fruchtlosen Machtkampf, stürmte aus dem Raum und schlug die Tür hinter sich zu, nicht ohne den Schlüssel vorher abgezogen zu haben. Ungläubig hörte Dallachar, wie er sich von außen im Schloss drehte. Sie sperrte ihn ein!
    Er war eher überrascht als zornig, aber das änderte sich schnell. Wütend warf er alles gegen die Wand, was er in die Finger bekam und was leicht genug war. Als er endlich innehielt, sah der Raum aus wie nach dem Sturm. Nur die Fensterscheiben und die großen Möbel waren heil geblieben. Dallachar ließ sich erschöpft zu Boden sinken. Den Kopf gegen den kalten Stein der Außenmauer drückend schwor er sich, Dídean die nächsten Tage nicht zu beachten. Vielleicht würde er auch mit seiner Mutter sprechen. Sie hätte vermutlich kaum etwas dagegen, wenn eine unverschämte Dienerin wie Dídean ihre Stellung verlor.
    Beinahe hätte Dallachar seine Mutter in dem dunklen Kleid und ganz ohne Schmuck nicht erkannt. Noch nie hatte sie die Haare so streng zurückgekämmt. Ihre Wangenknochen stachen aus dem leichenblassen Gesicht hervor und unter blicklos starrenden, rot geränderten Augen lagen tiefe Schatten. Sie hatte die Lippen zusammengepresst, als versuchte sie mit aller Macht Schmerzensschreie zu unterdrücken. Dallachars Herz floss über vor Mitgefühl, und obwohl er sich sehr um sie sorgte, fühlte er sich gleichzeitig angenehm berührt, dass ihr trotz Krankheit sein Geburtstag wichtig war und sie ihn sehen wollte. Einen Moment lang schaute er triumphierend zu Dídean, die bei der Tür stehen geblieben war. Sie ließ sich nicht anmerken, was sie dachte. Aber dies war das übliche Verhalten in Gegenwart des Erwählten, und Dallachar konnte es ihr nicht verdenken. Als er die verhasste Gestalt gesehen hatte, hatte sich Enttäuschung in ihm breitgemacht. Der Priester würde ihm also auch dieses Jahr seinen Ehrentag verderben. Warum konnte nicht er statt der Mutter krank sein! Dallachar wünschte ihm von Herzen die Pest an den dürren Hals. Weil die Tatsache nun einmal unverrückbar war, versuchte er den Erwählten wenigstens zu übersehen. Angesichts seiner ihn wie eine Leibgarde flankierenden Flammenkrieger gar kein einfaches Vorhaben. Dallachar wunderte sich über die vielen Männer. Waren es heute mehr als sonst? Nein, das ergab keinen Sinn, er musste sich täuschen. Vielleicht lag es daran, dass sie sich ausnahmsweise nicht in dem großen Thronsaal befanden, sondern in einem der kleineren Empfangsräume der Königin. Mit all den Bediensteten, Höflingen und Soldaten wirkte das Zimmer überfüllt. Aber Dallachar war

Weitere Kostenlose Bücher