Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
Vom Netzwerk:
Außerdem gab es noch jemand, der hier auffiel. Vor ihm ging ein Junge mit feuerroten Haaren, die in dem eintönigen Farbenspiel der grau und braun gekleideten Menschen wunderlich aufleuchteten. Dallachar hatte ihn noch nie gesehen und folgte ihm wie magisch angezogen. Er sah, wie sich der Junge einem Stand näherte und blitzschnell in einen Korb griff. Mit einem Apfel in der Hand wollte er rasch weitergehen, doch Dallachar war nicht der Einzige, der den Rothaarigen beobachtet hatte. Jemand schrie Zeter und Mordio wegen des Diebstahls, andere stimmten mit ein. Irgendwo krächzte ein Rabe wie von Sinnen. In kürzester Zeit hatte der Junge einen Aufruhr verursacht. Er versuchte wegzurennen, doch er kam nicht weit. Einer der Männer trat ihm in den Weg und packte ihn am Kragen.
    »Halt!«, rief Dallachar so gebieterisch, wie er nur konnte. Zu seiner Verwunderung kehrte augenblicklich Stille ein. Fast war es ihm unheimlich, welche Wirkung er auf die Menschen hatte. Er räusperte sich und ging zu dem Mann, der versuchte, den sich heftig wehrenden Jungen zu bändigen. »Lass ihn los!«, befahl er. »Er hat nicht gestohlen! Ich hatte ihm aufgetragen, mir einen Apfel zu bringen.«
    Der Mann ließ den kleinen Dieb so plötzlich los, dass dieser fast das Gleichgewicht verlor. Dann verbeugte er sich und die Umstehenden taten es ihm nach.
    Dallachar achtete nicht darauf, sondern ergriff hastig den Arm des fremden Jungen und hielt ihn mit aller Kraft fest. »Warum hast du denn dem Händler nicht gesagt, dass er für mich ist?«, fragte er und schüttelte den Kopf wie eine besorgte Mutter, die ihr vergessliches Kind schalt.
    Der ertappte Dieb starrte ihn mit offenem Mund an.
    Dallachar nickte den Menschen um sie herum zu und zog den Jungen mit sich fort. Dieser ging mit ihm, ohne sich zu wehren. Hoch über ihnen kreiste die Dohle und beobachtete sie, aber das merkte keiner der beiden.
    Als sie um etliche Ecken gebogen und für sein Gefühl weit genug gekommen waren, blieb Dallachar stehen und schaute sich um. Niemand war nah genug, ihn zu verstehen, trotzdem sprach er leise.
    »Das war ziemlich dumm von dir. Wegen eines Apfels dein Leben zu riskieren!«
    »Mein Leben?«, fragte der Junge so erstaunt, dass sich nun wiederum Dallachar wunderte. Es konnte doch nicht sein, dass der das nicht wusste – außer …
    »Du bist nicht von hier, oder?«, fragte er.
    Misstrauen blitzte kurz in den Augen des anderen auf.
    »Ich will dir nichts Böses. Ich denke, das habe ich bereits bewiesen«, sagte Dallachar trocken. »Weißt du nicht, dass hier in der Stadt auf das Stehlen von Essen die Todesstrafe steht? Es gibt dafür eine bestimmte Stelle auf der Stadtmauer. Dort werden Diebe kurzerhand die Klippen heruntergeworfen.«
    »We… wegen einem Apfel?«, stotterte der Junge.
    »Hunger kennt keine Gnade!«, erwiderte Dallachar.
    »Wäre ich nicht der Prinz, würdest du in diesem Augenblick dem Meer entgegenfliegen.«
    Der Junge war blass geworden. Stumm schaute er ihn an. Dann sagte er: »Ein Prinz. Hm. Was soll das sein?«
    Dallachar war verblüfft, dann lachte er. »Nichts Wichtiges«, sagte er schließlich. »Keine Sorge, ich lache dich nicht aus!«, versicherte er schnell, als er den gekränkten Ausdruck im Gesicht des anderen sah. »Hast du Lust zu segeln?« Der Satz rutschte ihm heraus, bevor er darüber nachdenken konnte.
    »Segeln?« Der rothaarige Junge blickte ihn fragend an.»Ja, jetzt gleich. Ich bin auf dem Weg zum Hafen.« Beinahe verlegen ergänzte er: »Ich bekomme heute ein Boot. Es ist mein Geburtstag.«
    »Ich habe auch Geburtstag!«, sagte der fremde Junge, und es war nicht klar, ob die Überraschung in seiner Stimme dem eigenen Geburtstag oder dieser seltsamen Übereinstimmung galt.
    »Dann lass dich zu einer Fahrt übers Meer einladen!« Dallachar biss sich auf die Zunge, er sollte nicht um Gesellschaft betteln!
    »Jetzt gleich?«, fragte der Rothaarige. Seine Augen glänzten und er strahlte übers ganze Gesicht.
    Dallachar nickte. »Es sei denn, du hast etwas anderes vor.«
    »Oh, nichts, was nicht warten könnte!«
    »Gut, dann lass uns gehen.« Ganz beiläufig fügte er noch hinzu: »Ich heiße übrigens Dallachar.«
    »Glic, man nennt mich Glic«, antwortete der Junge unbefangen. Offenbar sagte ihm auch der Name seines Gefährten nichts und darüber war Dallachar von Herzen dankbar.
    Ungestüm sprangen die beiden in ihrer Freude über den Ausflug die Treppe zum Hafen hinab. Unten angekommen rannte Dallachar zu dem

Weitere Kostenlose Bücher