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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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konnte nie wissen, wer vor einem stand!
    Vor seiner Schwelle befand sich ein Junge und auf den ersten Blick sah Ardal, dass er rote Haare hatte. Das Verhängnis nahm also den vorbestimmten Lauf! Dass es sich um ein Verhängnis handelte, davon war er nach dem Traum der letzten Nacht überzeugt. Ebenso davon, dass der Junge dieser Glic sein musste, wie es in der Botschaft geheißen hatte. Rotschöpfe waren rar und noch seltener klopften unbekannte rotgelockte Jungen an seine Tür. Was für ein merkwürdiges Gefühl, Zeuge zu werden, wie sich ein Teil der Prophezeiung erfüllte! Weniger schön war die Gewissheit, dass diese ihm und Benen kein Glück bringen würde. Trotzdem ließ er den fremden Jungen, der kaum älter als sein Sohn war, ein und bat ihn zu Tisch. Er hatte die Entscheidung schon lange getroffen, mit anderen zusammen seinen Teil dazu beizutragen, Unrecht zu beenden und eine neue Zukunft zu schaffen. Es gab kein Zurück mehr, zu tief war er in die Ereignisse verstrickt, sonst hätte er andere Träume!
    Benen empfing den Gast freudig, natürlich war er dankbar für jede Abwechslung. Ardal konnte sehen, wie er im Lauf der Zeit regelrecht aufblühte. Glic war ein munterer kleiner Kerl. Er berichtete von der aufregenden Suche nach Ardal in den Gassen der Stadt, was er sicherlich ein wenig ausschmückte, und brachte Benen immer wieder zum Lachen. Die Stimmung in der Stube war inzwischen so fröhlich, dass Ardal seine Ängste beinahe vergaß. Dazu trug auch der zahme Vogel bei, den Glic mitgebracht hatte. Benen war beeindruckt, dass ihm das Tier sogar auf die Schulter hüpfte, und das stolze Leuchten in den Augen seines Sohnes rührte Ardal.
    Irgendwann schaffte er es sich loszureißen, um doch noch in die Schreibstube zu gehen, nicht ohne die beiden zu ermahnen, keinen Unfug zu machen und im Haus zu bleiben. Eine gewisse Unruhe haftete an ihm, als er über den Schriften saß. Auf Benen konnte er sich verlassen, aber Glic sah ihm nicht so aus, als ob Gehorsam zu seinen Tugenden gehörte.
    Obwohl es ihm nur halbwegs gelang, bei der Sache zu sein, machte er ausgerechnet heute eine wichtige Entdeckung. Zunächst hatte er sich wenig dabei gedacht, als er in einer der uralten Listen auf Pergamentrollen, die beinahe auseinanderfielen, eine Lieferung Erz entdeckte. Bei der dritten Lieferung ins Heiligtum wurde er dann misstrauisch. Jetzt begann er gezielt zu suchen. Dabei fand er nicht nur so viele Erzeinkäufe, dass man eine Schmiede damit hätte versorgen können, er bekam außerdem eher zufällig heraus, dass in jener Zeit mehrere Steinmetze und ein Priester als vermisst gemeldet wurden. Aufgeregt blätterte Ardal in den Papieren, aber die Verschwundenen tauchten nie wieder auf. Er fragte sich, was das eine mit dem anderen zu tun haben sollte, aber ohne Zweifel gab es einen Zusammenhang, dessen war er sich sicher. Er stützte den Kopf auf und kaute nachdenklich auf der schon ganz zerzausten Schreibfeder.
    »Was tust du da eigentlich?«, riss ihn ein junger Priester mitten aus den Überlegungen.
    Ardal machte vor Schreck einen Satz und fiel beinahe von seinem Hocker. Er konnte sich gerade noch am Pult festhalten. Wie gut, dass er sich schon vor langer Zeit eine Antwort für solche Fälle zurechtgelegt hatte.
    »Ich schaue nach wertvollen Texten, um sie zu kopieren. Seht, wie die alten Pergamente zerfallen! Es wäre doch schade, wenn vielleicht die weisen Gedanken eines Erwählten verloren gingen.«
    »Es wäre auch schade, wenn du die Arbeit nicht machst, die man dir aufgetragen hat!«
    »Ja, da habt Ihr wohl recht!« Ardal nickte eifrig mit genau dem richtigen Quäntchen Unterwürfigkeit, um die Eitelkeit des Priesters zu befriedigen.
    »Ich sehe, du nimmst dir meine Worte zu Herzen«, sagte der heilige Mann zufrieden und ließ Ardal in Ruhe.
    Dieser schmunzelte, aber wohlweislich so, dass es niemand sah.
    Einige Zeit forschte er weiter in den alten Schriften, aber er fand nichts mehr von Bedeutung. Endlich beschloss er nach Hause zu gehen. Die Verliese würde er jetzt nicht aufsuchen, er mochte die beiden Jungen ungern zu lange allein lassen. Lieber wollte er noch in der Küche vorbeischauen, vielleicht war der Koch heute großzügig aufgelegt und trat ihm etwas von den Resten des Mittagsmahls ab. Ardal war froh, wenn er nach seiner Rückkehr nicht am Herd stehen musste.
    Unterwegs kam er an mehreren Gruppen von Priestern vorbei, die aufgeregt miteinander flüsterten. Sobald sie ihn sahen, verstummten sie. Er war

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