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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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Bewegung in den Mann. Trotzdem ging alles viel zu langsam. Irgendwann gab er auf, ließ den schwitzenden Priester in Ruhe und zog sich zurück. Er blieb in seinem Zimmer, ließ sich nur Bericht erstatten über die Fortschritte bei der Folterung des Gefangenen, dem ehemaligen Prinzen, der nun zu dem elenden Etwas geformt wurde, das er im Grunde seines Wesens längst war.
    Drei Tage später hatte der Erwählte Gewissheit: Dallachar war während einer Mondfinsternis auf die Welt gekommen! Der Priester hatte drei Mal nachgerechnet, aber es blieb dabei. Man konnte ihm deutlich anmerken, dass ihm die Überbringung dieser Nachricht Unbehagen bereitete. Er war einer der zwei Eingeweihten, die von der Prophezeiung wussten. So schnell wie möglich verabschiedete er sich und war offensichtlich erleichtert, dass der Erwählte nichts mehr von ihm wollte. Dieser blieb verstört in seinem Sessel zurück, sprang auf und zwang sich dann dazu, Ruhe zu bewahren. Er musste darüber nachdenken, was nun zu tun war. Ihm durfte ab jetzt kein weiterer Fehler unterlaufen! Die Hände ineinander verknotet stand er am Fenster und starrte in die anbrechende Nacht, ohne etwas zu sehen. Er konnte nicht fassen, dass es weder ihm selbst aufgefallen war noch einem der beiden anderen Priester, die von der Prophezeiung wussten. Es erschütterte ihn, dass der Feind ihm so nah gekommen war. Nur weil Aurnia die Feder gestört hatte, war es aufgedeckt worden! Gewiss hatte sie weder den Anflug einer Ahnung über das wahre Wesen ihres Sohnes, noch etwas mit der Täuschung zu tun gehabt. Sie wäre wohl kaum so dumm gewesen, es selbst zu verraten. Trotzdem hatte er sich vergewissern müssen, ob sie ein Mensch oder ein Dämonenabkömmling war. Die Menschen würden es nie dulden, von einem Mischling regiert zu werden, dafür hatten die Soldaten Jalluths seit Jahrhunderten gesorgt. Er konnte sich keinen Aufruhr leisten, jetzt, da er seine ganzen Kräfte für die Suche nach dem anderen Kind brauchte, und einen legitimen Nachfolger für den Thron gab es außer Aurnia nicht. Vielleicht hätte er sich schon lange damit beschäftigen müssen, um für alle Fälle einen Ersatz zu haben, aber wer konnte mit so einer Entdeckung rechnen? Die Lösung des Problems, einen Thronerben zu finden, musste erst einmal warten. Wichtiger war, Dallachars Tod anzuordnen. Je länger er lebte, desto größer wurde die Gefahr, dass eine Entwicklung eintrat, die sich nicht aufhalten ließ.
    Entschlossen klingelte der Erwählte nach den Flammenkriegern. Ganz kurz überlegte er, sein Versteck aufzusuchen, wenn er alles erledigt hatte. Doch dieser Gedanke war nur halbherzig. Seltsam, dass er seit Tagen äußerst selten von diesem Zwang geplagt wurde, hinab zu ihr zu gehen. Vielleicht war die Angst in ihm so stark, dass sie alle anderen Gefühle übertönte. Angst? Ja! Es war Angst, die ihn gepackt hatte, und sie war berechtigt. Eine Prophezeiung nahm auch er nicht auf die leichte Schulter, obwohl er sich sonst über alles hinweggesetzt hatte, was den Gesetzen entsprach, seien sie menschlich, göttlich oder einfach nur der Natur entsprungen.
    Es klopfte und die Gerufenen traten ein. Der Erwählte befahl ihnen, morgen, sobald die Ebbe einsetzte, den Dämonenjungen auf dem Hinrichtungsplatz anzuketten und ihn seinem Schicksal zu überlassen. Sein Befehl lautete ausdrücklich, dass sich alle zurückzogen, diesmal durfte niemand das Sterben des Gegners beobachten. Wer dem zuwiderhandelte, würde sich als Nächster dort befinden, samt Kindern und Kindeskindern. Der Erwählte verschwieg, dass er fürchtete irgendjemanden könnte Mitleid übermannen. Zwar verabscheuten die Soldaten Dämonen, aber der Prinz war seit seiner Geburt auch für sie und ihre Familien der Hoffnungsträger für eine bessere Zukunft gewesen, das war dem Erwählten durchaus bewusst. Am Ende kam noch einer auf den Gedanken, dem Jungen zu helfen.
    Er konnte nicht aufatmen, als die Männer wieder verschwunden waren. Zwar hatte er die richtige Entscheidung getroffen, aber auf eine Frage gab es noch keine Antwort: Wo befand sich der andere Junge?

    Es hielt Glic nicht mehr im Haus. Vier Tage war er schon hier und hatte nur Wände gesehen! Wie konnte er in einem kleinen Raum sitzen, während in der Stadt vielleicht die aufregendsten Dinge geschahen? Die Dohle war auch ausgeflogen. Am Morgen nach seiner Ankunft war sie so lange gegen die Scheiben geflattert, bis Glic ein Fenster öffnete und sie hinausließ. Er kannte sie inzwischen

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