Die Flammen der Dunkelheit
mir erzählt. Und ich weiß auch, dass kein Prinz einen Dieb retten muss, ja, nicht einmal sollte!« Er hielt kurz inne. »Du hast es wohl kaum getan, damit du Gesellschaft beim Segeln hast.« Jetzt wartete er gar nicht ab, ob Dallachar alles gehört hatte, sondern sprach weiter.
»Erinnerst du dich an unseren Aufstieg an der Klippe? Mehr als einmal hätte mich beinahe die Kraft verlassen oder ich wäre fast abgestürzt. Es war verflixt schwer, dich da nach oben zu kriegen – und gefährlich.«
Glic lehnte sich etwas zurück und schaute Dallachar ernst an. »Ein Leben gegen ein Leben«, sprach er ruhig. »Aber ich habe dich nicht gerettet, damit du hier verhungerst und verdurstest!« Weiter sagte er nichts und ließ seine Worte wirken. Es fiel ihm schwer, zu schweigen, aber er spürte, dass der andere den Anfang machen musste. Er sah, wie Dallachar mit sich rang. Die Stille dehnte sich aus. Glic musste sich auf die Zunge beißen, um zu verhindern, dass er mit etwas Unbedachtem herausplatzte.
Nach einer Ewigkeit begann Dallachar sich zu rühren. Mühsam richtete er sich auf. Glic unterließ es wohlweislich, ihm dabei zu helfen, auch wenn es ihm schwerfiel. Erschöpft von der Anstrengung lehnte Dallachar den Oberkörper an die Wand. Er flocht seine Finger ineinander, als könne er die Anspannung kaum ertragen.
»Du hast einem Dämon das Leben gerettet«, sagte er schließlich düster.
»Das war reiner Eigennutz«, gab Glic fröhlich zur Antwort, während er die Lederschnur unter dem Hemd hervorzog und sich die Federkette, das Vermächtnis seines Vaters, vom Hals streifte. Sofort begannen Glics Augen sich zu verändern. Er freute sich an dem überraschten Ausdruck in Dallachars Gesicht. Dieser musterte ihn, als wollte er seine innersten Gedanken lesen.
»Ich hatte keine Lust mehr, allein zu sein«, fuhr Glic fort. »Im Übrigen sind wir bloß halbe Dämonen. Allerdings …« Er machte eine bedeutungsvolle Pause und war glücklich über Dallachars gespannte Miene.
»Was?«, wollte der endlich wissen.
»Na, zwei halbe ergeben einen ganzen Dämon! Und das ist ganz schön mächtig!« Glic lächelte spitzbübisch und tat, als sähe er nicht, wie Tränen in Dallachars Augen stiegen. Er streckte den Arm aus und strich mit dem Zeigefinger über Dallachars zusammengekrampfte Hände. »Weißt du, ich habe mir immer Eltern gewünscht. Aber das hier ist viel besser!«
Dallachar schwieg lange. Ob er über seine Worte nachdachte oder um Fassung rang, konnte Glic nicht sagen. Vielleicht war es beides. Endlich lösten sich Dallachars Hände und gleich darauf packte er Glic an der Schulter. »Nie mehr allein …«, flüsterte er und sah ihm in die Augen.
»Nie mehr allein!«, bekräftigte Glic mit plötzlichem Ernst und erwiderte den Blick.
Sie wussten beide, dass sie in diesem Augenblick einen Bund besiegelt hatten, den nichts und niemand brechen konnte.
Am Abend kam Dallachar mit nach unten, um sich zu den anderen an den Tisch zu setzen. Er war noch sehr schwach auf den Beinen, bestand aber darauf, den Weg alleine zu bewältigen. Glic ließ ihn liebend gerne gewähren. Er war erleichtert und glücklich, dass er es geschafft hatte, die Mauern, die Dallachar um sich errichtet hatte, zu durchdringen. Zwar nahm er Ardals anerkennenden Ausdruck wahr, aber das war ihm nicht wichtig. Für ihn zählte nur, dass Dallachar ins Leben zurückkehren wollte.
»Wie sollen wir dich eigentlich nennen?«, fragte Ardal Dallachar nach dem Essen. »Du brauchst unbedingt einen anderen Namen, und je früher wir uns alle daran gewöhnen, umso weniger wird uns der alte aus Versehen rausrutschen.«
Dallachar musste nicht lange überlegen. »Dorchadas«, sagte er und schaute Ardal beinahe trotzig an.
»Dunkelheit?«, fragte Glic, der die zweite Bedeutung des Wortes nie gehört hatte. Er zog die Augenbrauen hoch. »Nicht schon wieder so einen langen Namen! Oh, ich weiß, wir können es abkürzen! Ich werde dich Dorc nennen!« Er strahlte Dallachar an. »Glic und Dorc! Das passt gut zusammen!«
Etwas, das ein winziges Lächeln hätte sein können, huschte über Dallachars Gesicht und er nickte. »Einverstanden! Ich bin ab jetzt Dorc!«
»Die Priester …«, begann Benen und verstummte sogleich, als ihn der warnende Blick seines Vaters traf.
Ardal hielt es für unklug, Glic im Beisein von Dallachar darüber aufzuklären, dass die Priester das Wort Dorchadas manchmal für die Hölle benutzten. Auch wenn er sicher war, dass Dallachar den Namen mit
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