Die Flammen der Dunkelheit
Gemächer der Königin einzudringen? Da stehen Flammenkrieger davor!«
»Du hast recht, es muss auf einem anderen Weg geschehen sein«, sagte Glic.
Sie schauten sich nachdenklich an und wendeten dann fast gleichzeitig ihre Köpfe nach links zu den Fenstern.
»Du solltest ihn braten«, knurrte Dorc und fixierte den Übeltäter mit finsterem Blick.
Für einmal protestierte der Vogel nicht, sondern ließ Kopf und Flügel hängen, als fühle er sich schuldig.
Zwei Tage später brachen sie im Morgengrauen auf. Es goss in Strömen. In der ledernen Flammenkriegerkleidung fühlten sie sich eingezwängt und die Brustpanzer drückten unangenehm. Vor allem Dorc litt, dessen Haut sich kaum über den Wunden auf seinem Rücken geschlossen hatte. Hoffentlich brechen sie nicht wieder auf!, dachte er und biss die Zähne zusammen, um ein Stöhnen zu unterdrücken. Aber viel schlimmer als alle Schmerzen war das auf die Panzer gemalte schwarze Achteck mit der roten Flamme. Dass sie das verhasste Zeichen tragen mussten, bedeutete für sie beide die größte Demütigung.
Bei jedem Schritt sanken sie in den Morast unter ihren Füßen. Da der Erwählte für seine fieberhafte Suche das Heer aufgestockt hatte, gab es längst nicht mehr genügend Pferde und einige der Truppen waren nur noch als Fußvolk unterwegs. Einer solchen waren die beiden Freunde zugeteilt worden. Hier war der Kommandant der einzige Reiter. Statt dafür dankbar zu sein, trieb er seine Soldaten missmutig an. Ab und zu preschte er ein Stück voraus und nahm einen Schluck aus einer ledernen Flasche, die er sorgsam vor den Blicken der anderen verborgen hielt. Die Mühe war vergebens, die Männer konnten an der Farbe seiner Knollennase sowieso ablesen, wie es um ihn stand.
Sie bewegten sich nach Norden, hatten Stadt, Meer und Sumpf hinter sich gelassen und näherten sich einem Gebirgszug, der die Insel von Westen nach Osten in zwei Hälften zu teilen schien. Allerdings waren die Berge nicht unüberwindlich und nur im östlichen Bereich wirklich hoch. Genau dort lag ihr Ziel. Sie hatten die Order, nach versteckten Hütten zu fahnden, die der Suche bislang entgangen sein mochten. Um dieses unzugängliche Gebiet hatte man stets einen Bogen gemacht, doch jetzt sollte auch noch der letzte mögliche Schlupfwinkel ausgeräuchert werden. Die Soldaten rechneten nicht damit, etwas zu finden. Wer konnte schon zwischen nackten Felsen überleben? Aber Befehl war Befehl. Glic und Dorc fragten sich einerseits bang, was sie wohl tun sollten, würden die Kameraden wider Erwarten einen Mischling aufstöbern. Andererseits war diese Frage müßig, denn niemals würden sie einfach nur zusehen, wie jemand vor ihren Augen barbarisch ermordet wurde, oder gar dazu beitragen!
Zu ihrer Überraschung mieden sie Dörfer und Höfe, offensichtlich sollten sie sich durch nichts aufhalten lassen. Siebzehn Tage dauerte der anstrengende Marsch, dann erreichten sie das ausgewählte Gebiet. Der Aufstieg war mühsam gewesen und die Luft hier oben schien dünn. Die Soldaten waren gereizt, viele hatten sich die Füße in schlecht sitzenden Stiefeln wund gelaufen, und ihr Magen knurrte. An manchen Stellen verschwand der Pfad und sie mussten sich steile Felshänge entlanghangeln. Bereits zwei der Männer waren zu Tode gestürzt, weil ihre durch die eisige Kälte klamm gewordenen Finger sie nicht halten konnten. Auch der Kommandant war äußerst schlecht gelaunt, weil er sein Pferd zurücklassen und wie die anderen zu Fuß weitergehen musste. Zu allem Überfluss wurden sie seit Tagen von einem Krähenschwarm verfolgt. Die Tiere betrachteten sie anscheinend als Eindringlinge, und das anhaltende Krächzen, von den Felsen als Echo zurückgeworfen, zerrte an ihren Nerven. Zuerst hatten einige der Männer versucht, die Vögel abzuschießen, doch die Krähen waren zu wendig, und keine einzige wurde getroffen. Um nicht all ihre Pfeile zu vergeuden, stellten die Soldaten die vergeblichen Versuche ein. Eines Mittags suchten sie einen halbwegs sicheren Rastplatz und kauten ihre Ration Stockfisch, um sich für die zweite Hälfte des Tages wenigstens halbwegs zu stärken. Die Krähen hockten auf den umliegenden Felsen und beäugten sie ohne Unterlass. Unwillkürlich zogen die Männer die Köpfe ein, das Ganze wirkte unheimlich. Glic versuchte unterdessen auszumachen, ob sich seine Dohle unter den Tieren befand. Er hatte sie seit zwei Tagen nicht mehr gesehen. Sie blieb verschwunden. Vielleicht hatte sie Angst vor dem
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