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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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können!
    »Du weißt sicher, dass hier in der Stadt Diebe ihr Leben lassen«, sagte Silberauge in die Stille hinein, und es war, als ob das Metall in seinem Gesicht funkelte.
    »Ich war es«, sagte Dorc plötzlich ruhig. »Ich habe den Ring dort versteckt.« Ein Flüstern und Raunen brach los und Glic sah ihn wie vom Donner gerührt an.
    Silberauge zog nur eine Augenbraue hoch.
    »Das kannst du …«, begann Glic.
    »Ich will nicht, dass ein Unschuldiger für meine Tat büßen muss!«, fiel ihm Dorc ins Wort und wandte sich zu Glic. »Ganz gleich, was du jetzt vorbringst, ich werde die Wahrheit niemals leugnen.« Seine Entschlossenheit war deutlich zu spüren.
    »So so, die Wahrheit …«, sagte Silberauge und drehte den Ring in seinen Fingern. Es war klar zu erkennen, dass er Dorc nicht glaubte. Sämtliche Geräusche im Raum erstarben, alle warteten gespannt, was nun geschehen würde, und wieder einmal wurden sie von ihrem Vorgesetzten überrascht.
    »Nun, der Tod wäre für einen Unschuldigen in der Tat zu hart«, sagte er nach einer langen Pause zu Dorc. »Hundert Schläge mit der Peitsche werden deine Strafe sein.« Einige der Umstehenden sogen hörbar die Luft ein, das war eine gewaltige Zahl! Mancher fragte sich, ob man so etwas überleben konnte.
    Immer noch vollkommen gelassen beobachtete Silberauge den kreidebleich gewordenen Glic, als warte er auf ein Geständnis. Doch der Angesprochene rührte sich nicht, er war wie gelähmt. Die Stimme des Richters bekam einen scharfen Klang, als er zu ihm sagte: »Und du wirst jeden einzelnen Hieb laut mitzählen! Für jedes Stottern und jeden Fehler gibt es fünf Schläge mehr.« Er lehnte sich zurück und sah die beiden nacheinander an. »Ehrlose Männer haben hier keinen Platz. Ihr seid alle beide ab sofort aus dem Dienst entlassen und in fünf Tagen werdet ihr mit dem Heer ausrücken. Wann immer ihr einen aus der Dämonenbrut aufspürt, denkt daran, dass ihr das Glück hattet, dem Tod gerade noch zu entrinnen.«
    Glic konnte sich nach wie vor nicht aus seiner Erstarrung lösen, aber Dorc nickte und nahm das Urteil an.
    Nie würde Glic jenen Tag vergessen! Das Zischen der Peitsche und das Geräusch, wenn sie auf Dorcs Rücken traf und das Fleisch aufriss, gruben sich unauslöschlich in sein Gedächtnis ein. Silberauge hatte die ganze Prozedur zelebriert, als würde sie ihm Vergnügen bereiten. Mit aller Kraft unterdrückte Glic seine Gefühle, um sich auf das Zählen zu konzentrieren, er durfte Dorc nicht noch mehr Qualen verursachen. Später, als er zusammengekauert auf seiner Pritsche saß und über den schrecklich zugerichteten Freund wachte, liefen unaufhörlich Tränen über sein Gesicht. Es scherte ihn nicht, dass die Kameraden spotteten. Irgendwann war auch das vorbei und die beiden blieben allein. So gut es ihm möglich war, versorgte Glic die Wunden und flößte Dorc Wasser ein. Das Essen verweigerte dieser. Wenigstens die Kräuter nahm er zu sich, die die Dohle gebracht hatte. Wenn die anderen Soldaten weg waren, hockte der Vogel auf dem Fensterbrett, als wache er über sie.
    Drei Tage später ging es Dorc etwas besser. Hatte er bis dahin die ganze Zeit auf dem Bauch gelegen, setzte er sich zum ersten Mal auf und löffelte ein wenig von der Algensuppe, die Glic ihm gebracht hatte.
    »Übermorgen brechen wir auf«, sagte Glic düster. »Mir graut davor«, murmelte er und nestelte unruhig an seinem wollenen Hemd.
    Dorc sah ihn stirnrunzelnd an. »Das hättest du dir vorher überlegen sollen! Wie konntest du nur so etwas Idiotisches tun?«
    Wie von einer Schlange gebissen fuhr Glic hoch. »Ich bin kein Dieb!«, sagte er heftig. »Na ja, jedenfalls nicht so. Beim Kartenspielen hatten diese Dummköpfe immerhin eine Chance, zu merken, was geschieht. Und das haben sie schließlich auch, wenn du dich mal an mein schrecklich verbeultes Gesicht erinnerst. Aber ich schleiche mich nicht heimlich in fremde Zimmer, um dann solch einen nutzlosen Tand zu entwenden. Das macht keinen Spaß!«
    Etwas, das vielleicht ein winziges Lächeln hätte sein können, huschte über Dorcs schmerzverzerrte Miene, während er aufmerksam Glics längst wieder verheiltes Gesicht betrachtete. »Ich glaube dir«, sagte er schließlich. »Aber wenn du es nicht warst, wie ist der Ring dann unter dein Kissen gekommen?«
    Glic breitete hilflos beide Hände aus. »Keine Ahnung! Denkst du, einer von unseren Kameraden wollte mir etwas unterschieben?«
    »Wer von denen ist fähig, unbemerkt in die

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