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Die Flammen der Dunkelheit

Die Flammen der Dunkelheit

Titel: Die Flammen der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyne Okonnek
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fremden Schwarm und beobachtete ihn lieber aus der Ferne. Viel würde sie allerdings nicht mehr sehen können, denn Nebel kroch heran. Die Soldaten fluchten, das hatte gerade noch gefehlt! Immerhin dämpfte er das Krächzen. Dafür drangen plötzlich andere Geräusche zu ihnen durch: ein Wispern, dann ein Heulen und Jammern, das ihnen die Haare zu Berge stehen ließ. Erschrocken sprangen sie auf.
    »Verdammt, was ist das?«, rief einer, doch niemand wusste eine Antwort. Gleich darauf verschluckte sie eine undurchdringliche Nebelwand.
    Geistesgegenwärtig hatten Dorc und Glic einander an den Händen gefasst, um sich nicht zu verlieren. Plötzlich landete ein Vogel auf Glics Schulter und zupfte ihn am Ohr.
    Erleichtert, dass er seine Dohle wiederhatte, sagte er leise zu Dorc: »Lass uns hier bleiben. Es ist Wahnsinn, auch nur einen Schritt weiterzugehen, ohne etwas zu sehen!«
    Dorc erhob keine Einwände, aber er zog sein Schwert. Irgendetwas stimmte nicht. Auch Glic spannte für alle Fälle seinen Bogen. Kurze Zeit später konnten sie erstickte Schreie hören und ein seltsames Zischen. Auf einmal stach ihnen der Geruch von verbranntem Fleisch in die Nase.
    »Grian sei mit uns«, flüsterte Glic. »Was geschieht hier?« Hätte die Dohle nicht ihr Köpfchen an seiner Wange gerieben, er wäre wie von Sinnen losgerannt. Er hoffte inständig, dass ihre Instinkte sie nicht trogen.
    Aber auch Dorc sagte leise: »Rühr dich nicht!« Nun, vielleicht war es wirklich besser, sich nicht bemerkbar zu machen. So standen sie Rücken an Rücken, die Waffen in der Hand, und warteten angespannt.
    Nach einer endlos langen Zeit lichtete sich der Nebel etwas. Sie konnten keinerlei Bewegung oder Geräusch um sich herum ausmachen. Waren sie allein? Als der Vogel aufflog und sie ruhig umkreiste, wagten sie es, sich umzusehen. Vorsichtig und immer beisammen bleibend untersuchten sie die Umgebung. Wie groß war ihr Schock, als die dunklen Felsbrocken auf dem Boden sich aus der Nähe als Tote erwiesen. Manchen der Soldaten steckten seltsam altertümliche Pfeile im Hals, andere waren vollkommen verkohlt, als wären sie in eine lodernde Esse geraten.
    »Grian …«, murmelte Glic tonlos, dann verschlug ihm das Entsetzen über den Anblick vollends die Sprache. Der Pfeil glitt ihm aus der Hand und fiel klappernd zu Boden. Aufgeschreckt von dem verräterischen Laut deutete er auf den Pfad und Dorc nickte. Sie mussten so schnell wie möglich weg von hier! Doch sie kamen nicht weit. Nach ein paar Schritten blieben sie wie angewurzelt stehen. Eine dunkle Gestalt raste durch den Nebel auf sie zu. Dorc hob sein Schwert und Glic legte in Windeseile einen neuen Pfeil in seinen Bogen ein. Als das Wesen nahe genug war, erkannten sie einen ihrer Kameraden, der mit vor Entsetzen verzerrtem Gesicht auf sie zurannte. Er hatte sie fast erreicht, da schoss ein blendender Lichtstrahl aus dem Nebel und hüllte den Soldaten ein. Gleich darauf war er zu einem verkohlten Etwas geworden. Erst glaubten sie an eine Sinnestäuschung, doch im nächsten Augenblick hatten sich die Freunde umgedreht und hasteten in die entgegengesetzte Richtung. Sie wussten nicht, ob sie direkt in die Falle liefen, aber das war ihnen in diesem Moment gleich, sie wollten nur fort von hier. Halb blind stolperten sie vorwärts, immer gewärtig, dass sie jederzeit in den Abgrund stürzen könnten. Steine lösten sich unter ihren Füßen und einmal rutschte Glic aus und auf dem Geröll ein ganzes Stück weit den Abhang hinab, bis es ihm gelang, sich an einem Vorsprung festzuhalten. Sobald er sich von dem Schreck erholte hatte, krabbelte er, so schnell er konnte, auf allen vieren wieder nach oben, bis er Dorcs ausgestreckte Hand erreichte. Mit einem kräftigen Ruck zog der ihn zurück auf den Pfad. Unter ihnen polterten die Felsbrocken ins Tal. Zu sehen war immer noch nicht viel, der Nebel war zwar weniger dicht geworden, aber die Sicht in die Ferne hatte sich nur unwesentlich verbessert. Doch es bedeutete schon eine große Erleichterung, zu wissen, wohin man trat. Weiter ging die wilde Hatz, und sie konnten nur beten, dass der Weg nicht vor einem unüberwindlichen Abgrund endete.
    Sie hatten jegliches Gefühl für Zeit verloren, aber an ihrer Erschöpfung merkten sie, dass sie schon lange unterwegs sein mussten. Plötzlich blieb Glic stehen und hielt Dorc am Ärmel fest.
    »Sag mal«, flüsterte er. »Der Nebel macht mich so wirr im Kopf, dass ich meinen Sinnen kaum mehr traue, aber hast du nicht

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