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Die Flammende

Die Flammende

Titel: Die Flammende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Kristin; Diestelmeier Cashore
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Toddin, der Hart in Umfang, Größe und Haltung ziemlich ähnelte. Nach einem schnellen Kleiderwechsel in der Kutsche trug Toddin Harts Hut, Mantel, Schal und seine gelben Stiefel aus Monsterleder, während Hart viel weniger anhatte als vorher und bewusstlos auf einem Haufen aus Toddins Kleidern lag. Dann nahm Toddin Harts Schwert und purzelte mit Welkley aus der Kutsche. Fluchend und ächzend lieferten sie sich ganz in der Nähe der Klippe einen Schwertkampf – vor den Augen von Harts gefesselten Dienern, die entsetzt zusahen, wie der Mann, den sie für Hart hielten, zu Boden stürzte und sich die Seite hielt. Drei Räuber hoben ihn auf und schleuderten ihn ins Meer.
    Dann floh die Räuberbande mit ihrer Beute aus diversen Münzen, vierzehn Pferden, einer Kutsche und einem Hauptmann, der tief und fest in der Kutsche schlief. Als sie sich der Stadt näherten, wurde Hart in einen Sack gesteckt und einem Lieferanten übergeben, der ihn zusammen mit dem nächtlichen Getreide in den Palast bringen würde. Die übrige Beute wurde schnell weggebracht, um auf dem Schwarzmarkt verkauft zu werden. Und schließlich kehrten die Räuber nach Hause zurück, verwandelten sich in Milchmänner, Ladenbesitzer, Bauern, Edelmänner und fielen in ihre Betten, um noch etwas Schlaf zu bekommen.
    Am nächsten Morgen wurden Harts Männer gefesselt und zitternd an der Straße gefunden. Die Geschichte, die sie zu erzählen hatten, war ihnen sehr peinlich. Als die Neuigkeit den Palast erreichte, sandte Nash einen Trupp aus, um den Vorfall zu untersuchen. Welkley ließ Harts Witwe einen Blumenstrauß schicken.
    Und alle waren an jenem Nachmittag erleichtert, als endlich die Nachricht von Toddins Frau eintraf, dass Toddin gesund und munter war. Er war ein erstklassiger Schwimmer, der es lange im kalten Meerwasser aushielt, aber nachts waren Wolken aufgezogen und das Boot, das ihn aufnehmen sollte, hatte lange nach ihm suchen müssen. Natürlich hatten sich alle Sorgen gemacht.
    Als Hauptmann Hart zum ersten Mal vor Fire gezerrt wurde, war sein Bewusstsein eine verschlossene Kiste und seine Augen waren zugepresst. Tagelang erreichte Fire gar nichts. »Wahrscheinlich sollte es mich nicht überraschen, dass ein alter Freund und Kamerad von Lord Brocker so stark ist«, sagte sie im Verhörraum zu Musa, Mila und Neel nach einer weiteren Sitzung, in der Hauptmann Hart sie nicht ein einziges Mal angesehen hatte.
    Â»Allerdings, Lady«, sagte Musa. »Ein Mann, der so viel erreicht hat wie Oberbefehlshaber Brocker zu seiner Zeit, muss starke Hauptmänner ausgewählt haben.«
    Fire hatte eher daran gedacht, was Brocker persönlich erlitten hatte, als daran, was er militärisch erreicht hatte – König Nax’ wahnsinnige Strafe für Brockers geheimnisvolles Verbrechen. Fire sah ihrer Wache geistesabwesend zu, als diese eine schnelle Mahlzeit aus Brot und Käse auspackte. Mila reichte Fire einen Teller, vermied dabei jedoch, sie anzusehen.
    Das tat sie jetzt immer. In den letzten Wochen, seit Archer die Sache mit ihr beendet hatte, war sie irgendwie geschrumpft – war schweigsam und zerknirscht in Fires Gegenwart. Fire dagegen hatte sich Mühe gegeben, ganz besonders freundlich zu ihr zu sein, und war vorsichtig darauf bedacht gewesen, Mila Archers Anwesenheit nicht mehr als nötig auszusetzen. Die beiden Frauen hatten kein Wort über die Angelegenheit verloren, aber beiden war klar, dass die andere Bescheid wusste.
    Ausgehungert brach Fire ein Stück Brot ab und biss hinein; sie bemerkte, dass Mila stumm dasaß und ihr Essen anstarrte, aber nichts aß. Ich könnte Archer verprügeln, dachte Fire. Seufzend wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder der Angelegenheit mit Hauptmann Hart zu.
    Er war ein Mann, der nach seinem Abschied von der Armee großen Wohlstand angehäuft und sich immer stärker an ein komfortables Leben gewöhnt hatte. Konnte Komfort ihn jetzt milder stimmen?
    In den nächsten Tagen sorgte Fire dafür, dass Harts Zelle im Kerker geputzt und besser ausgestattet wurde. Er bekam edles Bettzeug und Teppiche, Bücher und Licht, gutes Essen und Wein, außerdem warmes Wasser zum Waschen, wann immer er wollte, und Rattenfallen, die vielleicht den größten Luxus darstellten. An einem Tag stattete Fire ihm mit offen auf die Schulter fallenden Haaren und einem Kleid, das vielleicht ein bisschen weiter

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