Die Flammende
glaubt, das gefiele mir. Meine Geschwister werden Dir unsere Ãberlegungen mitteilen. Meine Soldaten warten und das hier ist eilig niedergeschrieben, aber ernst gemeint.
Dein Brigan
PS: Verlass dieses Haus nicht, bevor Tess Dir die Wahrheit gesagt hat, und verzeih mir, dass ich sie Dir vorenthalten habe. Ich habe es ihr versprochen und seitdem ständig darunter gelitten.
Fires Atem war zittrig, als sie in die Küche ging, wo sie Tessâ Anwesenheit spürte. Die alte Frau hob ihre grünen Augen von der Arbeit in ihren Händen.
»Was meint Prinz Brigan«, sagte Fire, die Angst vor der Frage hatte, »wenn er sagt, Sie müssen mir die Wahrheit sagen?«
Tess legte den Teig weg, den sie knetete, und wischte sich die Hände an der Schürze ab. »Was für ein verrückter Tag«, sagte sie. »Das habe ich nicht kommen sehen. Und jetzt, wo wir uns hier gegenüberstehen, bist du so ein wunderbarer Anblick, dass ich ganz eingeschüchtert bin.« Sie zuckte mit den Schultern und schien nicht mehr weiterzuwissen. »Meine Tochter Jessa war deine Mutter, Kind«, sagte sie. »Ich bin deine GroÃmutter. Möchtest du zum Abendessen bleiben?«
Fire glitt in einem Zustand der Verwunderung durch die nächsten Tage. Die Erkenntnis, dass sie eine GroÃmutter hatte, war schon erstaunlich genug. Aber von ihrem ersten zögerlichen Abendessen an zu spüren, dass ihre GroÃmutter neugierig war, sie näher kennenzulernen, und ihrer Gesellschaft gegenüber offen â das war für ein junges menschliches Monster, das so wenig Freude erfahren hatte, fast zu viel.
Sie aà täglich mit Tess und Hanna in der Küche des grünen Hauses zu Abend. Hannas unaufhörliches Geplapper füllte die Lücken im Gespräch zwischen GroÃmutter und Enkelin und linderte in gewisser Weise ihr Unbehagen bei dem Versuch, eine Beziehung aufzubauen.
Es half, dass Tess geradeheraus und aufrichtig war und dass Fire spüren konnte, dass ihre GroÃmutter all die Dinge, die sie durcheinander hervorbrachte, ernst meinte. »Ich bin eigentlich nicht leicht aus der Ruhe zu bringen«, sagte Tess bei ihrem ersten Abendessen aus Knödeln und Greifvogelmonstergulasch. »Aber du hast mich aus der Ruhe gebracht, Monsterlady. All die Jahre habe ich mir eingeredet, du seist Cansrels Tochter und nicht Jessas. Ein Monster, kein Mädchen, und dass wir ohne dich besser dran wären. Das habe ich auch Jessa klarzumachen versucht, aber sie hat nie auf mich gehört und sie hatte Recht. Ich kann sie ganz eindeutig in deinem Gesicht sehen.«
»Wo?«, wollte Hanna wissen. »Wo genau in ihrem Gesicht?«
»Du hast Jessas Stirn«, sagte Tess und fuchtelte unbestimmt mit einem Löffel vor Fire herum. »Und denselben Ausdruck in den Augen und ihre herrliche warme Haut. Deine Augen- und Haarfarbe kommen nach ihr, aber bei dir sind sie natürlich hundertmal kräftiger. Der junge Prinz hat mir gesagt, er vertraut dir«, schloss sie kraftlos, »aber ich konnte ihm nicht glauben. Ich dachte, er steht unter deinem Bann. Ich dachte, du würdest den König heiraten oder, noch schlimmer, ihn selbst und dann ginge alles von vorne los.«
»Schon gut«, sagte Fire sanft, die ihr nicht böse sein konnte, weil sie sich frisch in den Gedanken verliebt hatte, eine GroÃmutter zu haben.
Sie wünschte, sie könnte Brigan danken, aber er war immer noch unterwegs und es war unwahrscheinlich, dass er vor dem Ball zurückkommen würde. Sie wünschte sich mehr als alles andere, es Archer erzählen zu können. Was auch immer er sonst noch fühlen mochte, er würde ihre Freude darüber teilen â würde erstaunt über die Neuigkeit lachen. Aber Archer irrte irgendwo im Westen herum, mit einer winzig kleinen Wache â Clara zufolge hatte er nur vier Männer mitgenommen â, und brachte sich in wer weià was für Schwierigkeiten. Fire beschloss eine Liste zu machen mit allen freudigen und verwirrenden Aspekten davon, eine GroÃmutter zu haben, um ihm bei seiner Rückkehr davon zu erzählen.
Sie war nicht die Einzige, die sich Sorgen um Archer machte. »So schlimm war es eigentlich gar nicht, dass er dein Geheimnis verraten hat«, sagte Clara â und vergaà dabei, dachte Fire trocken, dass sie es in jenem Moment schlimm genug gefunden hatte, um ihn zu schlagen. »Jetzt, wo wir Bescheid wissen, sind wir
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