Die Fliege Und Die Ewigkeit
in den letzten Jahren gesucht haben, denkt er, dann haben sie diese zweifellos hier draußen gefunden.
Sie bezahlt den Fahrer, und das schwarze Taxi fährt davon, weich über den Strand holpernd.
»Ja, so sieht es also hier aus. Willkommen.«
»Danke.«
»Ich habe eines der Gästezimmer für dich zurecht gemacht... im ersten Stock, aber wenn du lieber in der Bibliothek schlafen willst, dann ist das auch in Ordnung. Da ist es vielleicht etwas wärmer, und ein Bett steht schon drinnen. Tomas hat zum Schluss dort geschlafen.«
»Das Gästezimmer ist sicher ausgezeichnet.«
»Maertens ...«
Es ist zu spüren, dass sie sich Mühe gibt, seinen neuen Namen zu benutzen.
»Ja?«
»Ich bin dir dankbar, dass du gekommen bist, sehr dankbar. Ich werde es vielleicht nicht so recht zeigen können. Aber es ist so. Ich möchte, dass du das weißt.«
Sie wartet seine Antwort nicht ab, und er sagt nichts. Folgt ihr stattdessen. Auf die Veranda, die Treppe hinauf ins Obergeschoss, sie hält ihm die Tür zu seinem Zimmer auf.
Hält die Tür auf ... steht da in der Öffnung im Gegenlicht und macht sich dünn. Dennoch ist es unausweichlich, dass ihre Körper sich berühren, als er eintritt. Er bekommt augenblicklich eine Erektion, und das Blut steigt ihm in den Kopf. Wie um alles in der Welt soll das hier enden?, fragt er sich und fühlt sich plötzlich wie ein Dieb in der Nacht.
Er schluckt und tritt auf den Balkon hinaus. Der Wind erfasst ihn, und er gewinnt die Fassung wieder. Marlene geht ihm nach, sie bleiben dort stehen, beugen sich über das brusthohe Geländer. Schauen aufs Meer und den schmalen Strandstreifen. Es sind kaum dreißig Meter bis zum Wasser. Maertens kann den Salzgeschmack in der Luft schmecken.
»Ich muss dich für ein paar Stunden allein lassen«, sagt sie nach einer kleinen Weile. »Ich gehe in die Kirche ... oder willst du mit?«
»In die Kirche? Nein, lieber nicht ... gehst du immer?«
»Nein, nein!« Sie lacht. »Ich gehe sonst nie in die Kirche, aber jetzt habe ich versprochen, es dreimal zu tun ... weil Tomas es so möchte. Ich weiß nicht, ob du dich da auskennst, aber es scheint üblich zu sein, dass man den Gottesdienst an den folgenden drei Sonntagen nach ... ja, nach der Beerdigung eines nahen Verwandten besucht. Auch wenn man eher säkularisiert ist. Ich bin mir nicht sicher, was es damit eigentlich auf sich hat, aber Tomas war es sehr wichtig, und ich will mein Versprechen nicht brechen.«
»Natürlich nicht. Ich verstehe.«
»Heute ist der dritte Sonntag. Die Kirche liegt auf der anderen Seite der Stadt, ich bin mit dem Rad in zehn Minuten dort ... für dich habe ich ein kleines Frühstück vorbereitet. Unten in der Küche, du kannst essen und dich dann ein wenig umsehen, solange ich weg bin.« Er nickt dankbar. Merkt, dass es genau das ist, was er braucht – ein Stück Brot und ein paar Stunden Einsamkeit.
Gerade als sie sich auf den Weg machen will, fällt ihr noch etwas ein.
»Ach ja, natürlich, ich kann es dir ja ebenso gut gleich geben ...«
Sie lehnt das Rad gegen den Zaun, gegen einen Pfosten. Läuft zurück ins Haus und kommt mit einem kleinen braunen Umschlag zurück.
»Das ist für dich. ›Gib das Leon!‹, hat er gesagt. ›Versprich mir, dass du das Leon gibst, wenn ich nicht mehr bin!‹ Das war nur zwei Tage davor.«
»Was ist das?«
»Ich weiß es nicht.«
Sie blinzelt ein paar Mal, und ihr Mund wird dünn wie ein Strich.
»Wie ich schon gesagt habe, es gibt vieles, was ich nicht weiß. Ich hoffe, du kannst mir wenigstens einiges erklären.«
Maertens sagt nichts. Befühlt den Umschlag. Der scheint leer zu sein, bis auf etwas unten in einer Ecke. Ein paar Steinchen, oder was kann es sein?
»Ich bin in zwei Stunden zurück. Hoffe nur, dass es nicht regnen wird.«
Sie blicken in den grauschweren Himmel. Dann setzt sie sich auf das Fahrrad und strampelt los.
Er wartet, bis sie außer Sichtweite ist. Dreht sich dann um und geht zum Haus. Setzt sich auf einen Korbsessel auf der Glasveranda zum Meer hin. Öffnet den Umschlag und holt den Inhalt hervor.
Zwei Würfel.
Er schaut in den Umschlag. Nichts sonst. Nur zwei Würfel, ein schwarzer und ein weißer.
Im ersten Moment versteht er gar nichts. Seine Gedanken sind leer wie die eines tot geborenen Kindes. Er nimmt die Würfel hoch, wägt sie eine Weile in der Hand ab und lässt sie dann über den Tisch rollen.
Eine Eins und eine Sechs.
Er wiederholt die Prozedur.
Wieder eine Eins und eine
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