Die Flirtfalle
unternehmen, so wie früher, ja?“, redete Lisa weiter. „Wir können in eine Disco gehen und mal die Sau rauslassen! Ich könnte dir mein gelbes Kleid ausleihen, das du so toll findest. Na sag schon! Wollen wir das machen? Mensch, ich wünschte, Mark wäre gestern auf der Party gewesen.“
Das hörte sich an, als wäre Mark gestern Abend nicht zurück zu der Party gefahren! Keine Ahnung, warum ich mich so darüber freute. Mark war schließlich ein Tabu für mich. Eine verbotene Frucht. Eine leckere Mahlzeit, die nur meine Augen erfreuen durfte. Wenn wenigstens das zwischen den Elchköpfen hängende Jagdgewehr nicht wäre. Mir kam es sogar in den Sinn, Lisa zu fragen, ob das Prachtstück funktionsfähig war oder nur als Dekoration bzw. eine Art symbolisches Denkmal für Lisas Großvater diente.
„ Melanie, du wirst es nicht glauben, aber ich denke, dass gestern Abend zwischen Anna und Leo etwas gelaufen ist. Die beiden waren für ganze zwei Stunden verschwunden und als sie wieder auftauchten, sahen sie ziemlich wüst aus. Annas Kleid hatte einen Riss und zwei Knöpfe weniger, außerdem war die rote Schürze verkehrt herum, aber damit nicht genug. Anna hatte Leos Teufelsmaske, während Leo Annas Maske mit den Stiefmütterchen trug. Als ich die beiden sah, bekam ich einen schlimmen Lachkrampf.“
Nein, unmöglich! Zwischen Anna und Leo war garantiert nichts gelaufen, denn A: Leo hatte zugegeben, schwul zu sein. B: Anna war eine verheiratete Frau und C: Anna und Leo kannten sich kaum.
„Morgen zusammen! Melanie, was war gestern mit dir los?“ Anna stand plötzlich da und blickte mich an, als hätte ich gestern Abend ein Verbrechen begangen. „Willst du darüber reden?“
Nein. Wollte ich nicht.
„Gut, dann nicht. Hört zu, ich muss euch etwas Wichtiges erzählen: Also, unser Leo ist gar nicht schwul! Er sagte, das wäre nur eine Notlüge gewesen, da er Melanie keine falschen Hoffnungen machen wollte. Leos Onkel und Melanies Mutter hätten nämlich das Kennenlernen zwischen den beiden arrangiert, aber dann … Melanie, es tut mir leid.“
„Ne, ist klar, schon gut“, sagte ich. Leo hatte sich also schwul gestellt, weil er mir keine Hoffnungen machen wollte. Ich fragte mich, ob das Hochzeitskleid meiner Urgroßmutti ausschlaggebend für seine panische Reaktion war. Oder war es vielleicht mein Doppelkinn, das besonders gut zur Geltung kam, weil ich es nicht wie üblich durch einen Rollkragen oder Schal verdeckt hatte. Wie dem auch sei. Leo war ein attraktiver Mann, aber sein gutes Aussehen hatte bei mir null Wirkung. Genauso wie alle Männer, mit denen mich Mutti zu verkuppeln versuchte. Mark hatte eine Wirkung! Und was für eine!
„ Melanie, bitte entschuldige. Das war ungeschickt von mir“, sagte Anna, während sie sich mit der flachen Hand drei Mal auf die Stirn schlug.
„Tja, ich glaube, ich muss dann los. Einkaufen, Bewerbungen schreiben, Fenster putzen, Tapeten im Flur kleben. Das Übliche eben“, sagte ich und richtete mich auf.
„ Komm schon, Melanie! Anna hat es bestimmt nicht so gemeint. Bist du uns jetzt böse?“
„Nein Lisa. Attraktive Männer vom Typ Leo gibt es viele. Komischerweise sprechen solche Typen keine einzige Zelle meines Körpers an. Übrigens, was Leo angeht – sein Pony sieht immer wie geleckt aus. Lisa, wenn die Kinder wieder da sind und Justin nach Hause will, dann …“
„Ich bringe ihn dir. Kein Thema!“
Kapitel 12
V on Lisa aus fuhr ich direkt zum Baumarkt. Für die Tapeten, den Kleister und die Farbe musste ich horrende achtzig Euro hinblättern. Danach fuhr ich in die Stadt, um das schicke schwarzweiße Kleid, das die Schaufensterpuppe bei ‚Birgits Boutiquestube’ trug, anzuprobieren. Das Kleid stand mir gut, aber ich log die Verkäuferin an, es wäre nicht mein Geschmack, denn ich würde mir dabei wie ein lebendiges Schachbrett vorkommen. Insgeheim hoffte ich, das schöne Kleid im Schlussverkauf zum halben Preis ergattern zu können. Ich sprach die Verkäuferin auf mein Trachtenkostüm an. Sie sagte, ihre Boutique würde grundsätzlich keine Trachtenkleider in das Sortiment aufnehmen und solche im Stil des 17. Jahrhunderts schon gar nicht. Dann eben nicht. Vielleicht könnte ich das Kleid doch noch einmal anziehen, wer weiß. Bei uns auf dem Parkplatz kam mir der Skodanachbar entgegen. Ich sprach ihn gleich an und erklärte ihm meine Situation. Mein Computer wolle nicht mehr hochfahren, sagte ich, ich müsste aber dringend ein paar Bewerbungen
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