Die Flirtfalle
schreiben. Der Skodanachbar meinte, heute Nachmittag könnte ich zu ihm kommen und die Bewerbungen an seinem PC abtippen. Dann fragte er mich, wie alt denn mein Rechner sei, ich antwortete, er wäre sieben Jahre alt. Daraufhin versprach der Nachbar, mir zu helfen, meinen Computer zum Sperrmüll zu tragen. Er hätte für die nächste Woche die Sperrmüllabfuhr bestellt, da er eine alte Kommode, zwei Toilettendeckel und eine funktionsunfähige Kaffeemaschine entsorgen wolle. Er half mir dann, die Kiste mit den Lebensmitteln nach oben zu tragen.
Mutti war nicht in der Wohnung, aber sie war da gewesen, denn ich konnte ihr Parfüm noch riechen. In der Küche lag ein Zettel für mich: ‚ Liebes, ich habe im Wohnzimmer Staub gewischt, Justins Zimmer aufgeräumt und die Pflanzen gegossen. Schön, dass du mit mir über diese andere Sache reden willst. Ruf mich bitte an. Was hältst du davon, wenn wir morgen Mittag schön essen gehen? Viktor möchte uns einladen. Das mit dieser Party musst du mir noch einmal erklären. Mach dir einen warmen Kakao und versuche, dich zu entspannen. Mutti.’
Diese andere Sache wurde mir langsam unheimlich. Ich musste endlich Klarheit sc haffen, also rief ich Mutti an.
„ Melanie! Na endlich. Erzähl! Was war das für eine Party?“
„ Nun, ich habe mir vorgenommen, mein Zölibat zu beenden. Dafür muss ich wieder auf Partys gehen, auf denen sich alleinstehende Männer herumtreiben, die ich aufreißen könnte.“
„Hast du bei Herrn Doktor der Psychologie Klaus-Jürgen Klitzke angerufen?“
„Nein. Abgesehen davon, dass seine Praxis am Wochenende geschlossen ist, sehe ich nicht die Notwendigkeit, mich psychologisch beraten zu lassen.“
„ Kleines, du weißt genau, dass es mir nur um deine Depressionen geht!“
„Depressionen ? Welche Depressionen?“
„ Gut, dann werde ich anrufen und einen Termin für dich ausmachen. Melanie, bitte. Du musst hingehen. Tu mir diesen Gefallen, ja?“
Tja. Warum eigentlich nicht? Vielleicht war der Herr Doktor ein gut aussehender junger Mann, den ich aufreißen könnte.
„Gut, Mum. Wie du meinst. Ich werde hingehen und mir den Mann anschauen. Aber eines sage ich dir: Wenn er nach nichts aussieht, dann gehe ich nie wieder hin!“
„Mein Gott, Melanie! Du denkst jetzt hoffentlich nicht, ich möchte ein Kennenlernen zwischen dir und dem Herrn Doktor arrangieren? Kindchen, es geht mir doch nur um deine Depressionen! Außerdem. So viel ich weiß, hat der Herr Doktor Klitzke eine Ehefrau und ein paar Kinder.“
Ha, d er Mann war verheiratet! Etwas Besseres kann einer Frau in meiner Lage nicht passieren. Er würde also keine Heiratspläne mit mir schmieden wollen und könnte mein Liebhaber für gewisse Stunden werden.
„Und wegen dieser anderen Sache …“
Ich spitzte die Ohren und hielt den Atem an.
„Ich, also ich habe ja gesagt!“
„Was Mum? Was hast du?“
„Ich habe ja gesagt!“
Jetzt war ich richtig durcheinander.
„Viktor und ich, wir werden in vier Wochen heiraten.“
„Was werdet ihr?“
Einen Augenblick lang dachte ich, mich tatsächlich verhört zu haben.
„In vier Wochen heiraten wir. Ich habe schon die Einladungskarten bestellt und das Lokal für die Hochzeitsfeier reserviert.“
Mich traf der Schlag. Mein erster Gedanke war, dass Viktor Mum geschwängert hatte und nun musste sie ihn heiraten, doch dann fiel mir ein, dass Mutti sechsundfünfzig Jahre alt war, zudem die Wechseljahre schon hinter sich hatte. Mutti wollte tatsächlich in ihrem hohen Alter noch einmal heiraten!
„Besteht die Hoffnung, dass ich dir deine Heiratspläne ausreden kann?“
„Nein! Nicht die geringste! Viktor und ich haben schon alles besprochen. Melanie, was ist mit morgen Mittag? Gehen wir gemeinsam essen?“
Noch hatte ich die Freiheit, nein zu sagen, aber nach der Hochzeit wird Mutti garantiert das Sonntagsessen als Pflichtveranstaltung einführen, um nach außen hin ein perfektes Familienglück vorzutäuschen: Mutter, Vater, Tochter und Enkelkind gehen am Sonntag ins Restaurant. Mutter und Vater schwer verliebt, halten Händchen und lachen. Tochter – eine alleinerziehende, emanzipierte und selbstbewusste Mutter, schaut in die Speisekarte, während Enkelkind mit Lutscher im Mund rundum zufrieden eine Serviette zum Schiffchen faltet.
„ Mum, der Sonntag ist leider schon verplant. Ich bin bei Lisa eingeladen. Abends wollen wir gemeinsam in eine Kneipe oder Disco gehen, um wieder Männer aufzureißen“, sagte ich trocken. Mutti
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