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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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Alles, was ich tat, tat ich für sie und in Hinblick auf die Stunde, in der ich nicht da sein würde, um sie zu führen.
    Im Überschwang meiner Mutterschaft glaubte ich immer noch, ich könnte die Zukunft gestalten.

25
    Im Frühling verließen wir das Loire-Tal.
    Im letzten Augenblick musste ich den kleinen Hercule in der Obhut der Humeries zurücklassen, weil er eine mildere Form der Pocken bekommen hatte. Er befand sich schon wieder auf dem Wege der Besserung, doch nach Meinung seiner Ärzte war er zu schwach, um den Strapazen einer derart langen Reise gewachsen zu sein. Dr. Paré, der ihn pflegte, versicherte mir, dass er mit der Zeit genesen würde, die Pusteln jedoch womöglich Narben hinterlassen und die Fieberanfälle das Wachstum beeinträchtigen konnten. Weil es mir Schuldgefühle bereitete, ohne ihn aufzubrechen, umgab ich ihn mit einer ganzen Schar von Ärzten und Dienern, die ich anwies, sofort nach mir zu schicken, falls irgendetwas Besorgniserregendes geschehen sollte.
    Wenigstens begleiteten uns Margot und Henri, dazu Birago und meine Hofdamen. Ich hatte sogar eine neue Kutsche mit einem in die Türen eingearbeiteten goldenen C und robusten Polstersitzen anfertigen lassen, in der ich beim Fahren Staatsangelegenheiten erledigen konnte. Wir hatten alles dabei, was wir irgendwann vielleicht brauchen würden: Möbel, Geschirr, Pferde, Maultiere, Rinder und Bedienstete, die für einen ganzen kleinen Staat ausgereicht hätten.
    Biragos Netzwerk von Spionen hielt mich regelmäßig auf dem Laufenden. So erfuhr ich, dass Philipp eine Nachricht gesandt hatte, laut der er meinen Vorschlag eines Treffens prüfen wollte. Ich hatte keinen Zweifel, dass er am Ende zustimmen würde, und war bei dem Gedanken an ein baldiges Wiedersehen mit Elisabeth schon ganz aufgeregt vor Freude.
    Zwischen den zerklüfteten Küsten der Normandie, den Weinbergen Burgunds und den goldenen Feldern der Auvergne besuchten wir eine Vielzahl von Städten, ehe wir schließlich in dem ruhigen Städtchen Salon in der Provence zur Ruhe kamen. Obwohl ich meinen Besuch nicht angekündigt hatte, empfing mich Nostradamus in der Tür seines Hauses, als hätte er mich schon seit Wochen erwartet. Er war sichtlich gealtert, ein Eindruck, der durch seine schwarzen Kleider noch betont wurde, von denen sich der weiße Bart und der kahle Kopf deutlich abhoben. Gleichzeitig war der Ausdruck von Allwissenheit in seinen diamantklaren, durchdringenden Augen noch schärfer geworden.
    Als er sich vor mir verneigte, hielt er sich an einem Holzstab fest, der so gerade war wie er selbst gebeugt. In dem mit bemalten Möbeln eingerichteten Flur schwirrte eine vor Energie schier berstende Frau um mich herum und nahm mir den Umhang ab. »Eure Hoheit erweist uns eine große Ehre!«, rief sie, nur um gleich danach Nostradamus mit erhobenem Zeigefinger zu drohen. »Ihr dürft sie nicht durstig in Eure Studierstube emporsteigen lassen. Ich habe eine Karaffe Bier auf den Tisch gestellt und erwarte Ihre Hoheit und Euch vor fünf im großen Zimmer zum Abendbrot.«
    Ich wagte einen Widerspruch. »Das ist doch nicht nötig. Ich kann ja auch später mit meinem Hofstaat speisen.«
    »Unsinn. Eure Hoheit muss bleiben. Wir dulden nichts anderes. Kommt, meine Liebe.« Sie winkte Lucrezia zu sich. »Ich habe in der Küche einen hübschen Krug für uns zwei.«
    Ich verkniff mir ein Grinsen. Nie hätte ich gedacht, dass Nostradamus eine derart resolute Frau bei sich zu Hause haben könnte, die seine persönlichen Angelegenheiten für ihn regelte.
    »Madame Saint-Tère meint, ich sei ihr Eigentum«, beklagte er sich, während er mich eine schmale Treppe hinaufführte, die lebhafte Erinnerungen an ein anderes Treppenhaus in einem anderen Land weckte, wo die Luft ebenfalls von den Gerüchen alchemistischer Versuche durchdrungen gewesen war.
    Nostradamus’ Studierstube war eine geräumige Mansarde, in der gleich beim Eintreten zwei Dinge ins Auge stachen: ein auf einem Stativ aufgebautes, mächtiges Teleskop und unzählige mit Büchern und Schriftrollen beladene Regale an den Wänden. Dieser Raum hätte ebenso gut das Empfangszimmer eines Arztes mit einem gewissen Interesse an Astronomie sein können.
    »Ich habe Euch schon erwartet«, meinte Nostradamus, während er sich zu einem kleinen Tisch schleppte, auf dem die Karaffe stand. »Ich habe Euch im Wasser gesehen. Vor Euch liegt eine weite Reise.«
    Ich warf einen Blick auf die verbeulte Kupferwanne auf seinem Pult. »Was ist das

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