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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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möglicherweise Jeanne von Navarra vergiftet und würdet ihren Sohn dazu zwingen zu konvertieren. Aber wenn das geschieht, sagt er, wird er zu Navarras Verteidigung in den Krieg ziehen müssen.«
    Ich spürte, wie die Wut in mir hochkochte. Mit einiger Anstrengung bezähmte ich sie und brachte einen von Gefühlen freien Ton zuwege, als hätten seine Eröffnungen mich nicht überrascht. »Er hat all das wirklich gesagt?«
    »Ja! Aber wir haben ihm nicht geglaubt. Und Navarra hat ihm das auch auf den Kopf zugesagt. Er hat ihm geantwortet: ›Ich werde Margot heiraten, und ich schwöre Euch, dass nichts auf der Welt mich dazu bringen wird zu konvertieren.‹«
    Plötzlich warf sich Charles mir an die Brust und umschlang meine Hände. »Vergebt mir! Er hat mich um ein Treffen gebeten, und das konnte ich ihm doch nicht verweigern. Aber ich weiß, dass es ein Fehler von mir war, ihn all das sagen zu lassen.«
    Ich blickte auf seine Finger hinunter, die die meinen umklammert hielten. »Und doch hattest du vor, wieder zu ihm zu gehen«, hörte ich mich sagen und staunte selbst über meine Fähigkeit, meinen Zorn und die Angst zu verbergen.
    »Ich wollte ihm erklären, dass ich Euch niemals wegschicken werde.«
    Ich entzog ihm mit Bedacht meine Hände und trat einen Schritt zurück. Er schnappte nach Luft, als hätte ich ihn ins Gesicht geschlagen.
    »Nein, verlasst mich nicht«, flüsterte er. »Maman, bitte. Ich … ich fürchte ihn. Er sagt mir, dass ich nicht auf Euch hören darf, dass Ihr mich auf einen Irrweg führt.« Er erschauerte. »Ich möchte ihm ja so gerne glauben, wenn er sagt, dass ich ein großer König sein kann, aber dann blickt er mich so eigenartig an, als würde er mich überhaupt nicht sehen. Er hat mir versprochen, mir dabei zu helfen, Frankreich Frieden und Ruhm zu bringen, aber ich glaube nicht, dass ich derjenige bin, den er führen will.«
    Mein armer Sohn. Coligny hatte ihn hypnotisiert, ihm mit Lügen und Täuschungen den Kopf verdreht. Doch Charles war immerhin scharfsinniger, als ich es gewesen war. Er spürte bereits, dass er Coligny als Mittel zum Zweck dienen sollte, denn diesem war nicht an meinem Sohn gelegen. Coligny ging es um Navarra, seinen Schützling, den Erben seiner verstorbenen Königin; Navarra, der ein Blutrecht auf die Nachfolge hatte. Er wollte, dass Navarra ganz Frankreich erbte. Das war der Grund, warum er den Brief an Jeanne unterschrieben hatte, warum er danach trachtete, meine Autorität zu untergraben. Wenn es ihm gelang, mich beiseitezustoßen, würden die Hugenotten Krieg führen, bis niemand mehr da war, der Navarras Anspruch auf den Thron anfechten konnte.
    »Charles!« Ich fasste ihn bei den Schultern. »Du musst mir versprechen, dass du ihn nie wieder besuchst. Er ist ein Lügner. Das war er schon immer: ein Lügner und Verräter.«
    Seine Lippen begannen zu beben, Tränen quollen ihm aus den Augen. »Ich verspreche es Euch«, flüsterte er. »Hoch und heilig.«
    Ich drückte ihn an mich. »Nicht weinen«, murmelte ich. »Ich bin ja bei dir. Bei mir wirst du immer in Sicherheit sein.«

    Ich rief nach Birago, damit er Charles beaufsichtigte und Wachposten vor seiner Tür aufstellte. Dann kehrte ich in meine Gemächer zurück, wo Lucrezia die Fensterläden geschlossen hatte, um die schlimmste Hitze auszusperren.
    Lange saß ich in der Stille da und durchlebte noch einmal die Vergangenheit.
    Wieder sah ich ihn vor mir, wie er bei meinem Hochzeitsbankett gewesen war, ein ernster junger Mann in weißer Trauerkleidung und mit wunderschönen Augen. Ich erinnerte mich an die Abenddämmerung von St. Germain, als sein Körper sich mit dem meinen vereinte. Jedes Wort, das zwischen uns fiel, jede Berührung ereignete sich aufs Neue in mir. Und als es vorbei war und die Erinnerungen zu meinen Füßen lagen wie zerknülltes Papier, erkannte ich, dass es gar nicht so viele waren, eigentlich nur ein paar, doch die genügten, um ein ganzes Leben zu füllen.
    Die Nacht brach herein. Lucrezia schlüpfte ins Zimmer, um die Kerzen anzuzünden und sich zu erkundigen, was ich zum Abendbrot essen wollte. Da für heute kein Empfang vorgesehen war, ließ ich die Speisen in meinen Gemächern auftragen. Viel aß ich nicht, sodass sie besorgt fragte, ob ich vielleicht etwas anderes benötigte.
    »Ja«, erwiderte ich, »schick Henri zu mir. Es ist wichtig.«
    Er trat bald darauf ein. Bekleidet war er mit einer karmesinroten Pluderhose und einem über der dicht behaarten, muskulösen Brust

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