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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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ist es ja am besten so.«
    Ich starrte ihn an. »Das kann nicht Euer Ernst sein. Er will eine Guise heiraten!«
    »Eigentlich ist sie ja eine Lorraine, wie er es Euch gesagt hat. Und eine Bedrohung stellt sie wohl kaum dar.«
    »Ach ja? Und was, wenn er sich getäuscht hat? Was, wenn Monseigneur sie so wie damals Mary Stuart unter seine Fittiche nimmt?« Ich senkte die Stimme. »Sie weiß über Henri Bescheid; er hat es mir selbst gesagt. Zusammen mit Monseigneur könnte sie ihn der Lächerlichkeit preisgeben und den ganzen Hof durcheinanderbringen.«
    »Madama, ich traue Monseigneur ebenso wenig wie Ihr, aber Louise de Lorraine-Vaudémont bringt nichts in diese Ehe ein außer sich selbst. Und Männer mit Henris Neigungen sind deswegen doch nicht zur ehelichen Vereinigung unfähig. Wäre das so, wäre die Hälfte aller Ehen dieser Welt kinderlos.«
    Ich musterte ihn scharf. Insgeheim fragte ich mich, ob mir womöglich entgangen war, dass er dieselbe Vorliebe hatte. In all den Jahren, in denen er mir gedient hatte, war mir freilich nie die leiseste Andeutung von irgendetwas Unschicklichem zu Ohren gekommen, sodass ich ihn zuletzt als geschlechtsloses Wesen betrachtet hatte, obwohl natürlich auch er seine Bedürfnisse haben musste. Die Vorstellung, dass ich meinen intimen Vertrauten vielleicht gar nicht so gut kannte, wie ich dachte, entlockte mir kurz ein Auflachen.
    »Glaubt Ihr tatsächlich, dass sie beide Augen zudrücken wird, wann immer Guast ihren Platz in Henris Bett einnimmt? «
    »Ja. Bei Ehen in Königshäusern ist es doch immer das Gleiche: Unabhängig von den jeweiligen Vorlieben von Mann und Frau dienen sie alle demselben Zweck, der Aufzucht von Erben. Nach Seiner Majestät ist Prinz Hercule der nächste Anwärter auf den Thron, doch wir alle wissen, dass er nie in der Lage sein wird, zu regieren oder Kinder zu zeugen. Und nach ihm kommt Navarra. Unter anderen Umständen würde ich Euch darin zustimmen, dass Louise nicht unbedingt die ideale Wahl ist, aber unser erstes Ziel muss sein, in diesem Reich für Stabilität zu sorgen. Wir haben einen neuen König auf dem Thron; unser Staatsdefizit ist gewaltig, die Ernte erbärmlich, und die Hugenotten stehlen sich schon wieder über die Grenzen ins Land. Da können wir uns keinen Streit über seine Wahl der Königin leisten. Hauptsache, er hat eine.«
    »Ihr stellt meine Geduld auf die Probe«, erwiderte ich schroff. »Ich weiß nur zu gut, wie viel wir erdulden mussten. Habe ich etwa nicht all die Jahre die Geschicke dieses Landes gelenkt?«
    »Madama, niemand stellt Eure Hingabe infrage. Aber da wir jetzt einen König haben, der alt genug ist, das Land zu regieren, muss er das auch tun.« Er hielt inne. »Jeder Löwin fällt es schwer, ihr Junges ziehen zu lassen, aber am Ende bleibt ihr nichts anderes übrig. Das Junge muss lernen, aus eigener Kraft ein Löwe zu werden. Was der König jetzt braucht, sind erfahrene Berater, die ihn lenken, und eine Königin, die sich mit dem bescheidet, was er geben kann. Aber wenn Ihr versucht, ihn zu behindern, könnte er störrisch werden. Denkt an Charles: Wir können uns denselben Fehler nicht noch einmal leisten.«
    »Nun gut«, murmelte ich verdrießlich. »Aber nur, wenn Ihr vorher in Erfahrung bringt, was es über sie zu wissen gibt. Außerdem muss sie allein kommen, ohne Brüder oder Oheime, die Vergünstigungen für sich anstreben. Ich lasse nicht zu, dass die ganze Guise-Lorraine-Sippschaft über diesen Hof herfällt! Verstanden?«
    »Vollkommen. Und was machen wir mit Monseigneur? Er wird dafür einen weiteren Sitz im Kronrat erwarten.«
    »Eher kann er Almosen von Bettlern erwarten. Sobald er Louise gebracht hat, wird er in seine Diözese zurückkehren und sich um seine Schafe kümmern. Auf keinen Fall werde ich ihn in meiner Nähe dulden. Ich traue einem Guise erst, wenn er tot ist.«

    Sechs Tage danach fand sich der Kardinal persönlich ein, um sich zu verabschieden.
    Ich aß in meinen Gemächern zu Abend, als es plötzlich kalt um mich wurde. Ich blickte auf und sah ihn an der Wand stehen. Seine schwankende Gestalt gemahnte an roten Rauch, der vor dem Wandteppich in der Luft schwebte. Langsam hob er eine Hand. Ich sah ein süffisantes Lächeln über sein Gesicht flackern. Dann blinzelte ich, und er war verschwunden.
    Lucrezia erschauerte und lief zum Fenster, um die Vorhänge zuzuziehen. »Ich spüre einen Luftzug.«
    »Das war kein Luftzug«, widersprach ich. »Monseigneur ist tot.«
    Meine Hofdamen

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