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Die florentinische Prinzessin

Die florentinische Prinzessin

Titel: Die florentinische Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher W. Gortner
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erstarrten. Ich aß ungerührt weiter.
    Am nächsten Morgen erreichte uns die Nachricht, dass Monseigneur auf dem Weg nach Savoyen Fieber bekommen hatte und zu Bett gebracht worden war. Genau um die Zeit, als ich ihn gesehen hatte, war er gestorben. Er war neunundvierzig Jahre alt geworden.
    Ich trauerte nicht – so heuchlerisch war ich nun wirklich nicht. Doch mir gefiel die Vorstellung, dass er mit seinem Besuch bei mir endlich meinen Sieg anerkannt hatte.

34
    Im Februar fand die Krönung meines Sohnes statt. Zwei Tage später heiratete er Louise de Lorraine-Vaudémont.
    Biragos Untersuchung hatte ergeben, dass Louise von erstaunlicher Tugendhaftigkeit war. Und auch Claude, die gerade erst von ihrer zweiten Tochter entbunden worden war und wegen eines leichten Fiebers nicht an der Trauung teilnehmen konnte, pries sie. Unsere einundzwanzigjährige Braut hatte ein behütetes Leben geführt; sie war bis zum Tod ihres Vaters bei ihm gewesen und dann nach Savoyen gegangen, um meiner Schwägerin, Marguerite, Gesellschaft zu leisten.
    Abgesehen von ihrer Verbindung zu den Guises gab es also keinerlei Grund für irgendwelche Einwände. Doch als sie durch den Längsgang zum Altar schritt, ein feingliedriges Mädchen, ganz in Lavendelblau gehüllt, fragte ich mich, wie sie je einen dauerhaften Reiz auf meinen Sohn ausüben sollte. Gleichwohl schien Henri aufrichtig entzückt von ihr zu sein. So pflückte er aus der Girlande über ihnen eine pinkfarbene Rose und steckte sie ihr in das blonde Haar. Louises Wangen röteten sich, und hingebungsvoll hob sie die braunen Augen zu ihm. Als er sie küsste, brach der Hof in Jubel aus.
    Von der anderen Seite des Gangs erhaschte Birago meinen Blick und zwinkerte mir zu.
    Nach der Hochzeit widmete ich den Sommer gemeinsam mit Henri der Auswahl des Kronrats. Birago stand ihm dabei mit einer derart unterwürfigen Haltung zur Seite, dass mein Sohn gar nicht zu merken schien, in welchem Maß er in Wahrheit bevormundet wurde. Entgegen meinen ursprünglichen Befürchtungen hielt sich Guast im Hintergrund, was sich auch dann nicht änderte, als er seinen Titel und prunkvolle neue Kleider erhielt. Louise erwarb unterdessen viel Anerkennung für ihre würdevolle Zurückhaltung. Und Birago meldete, dass mein Sohn sie mindestens zweimal wöchentlich in ihrem Bett besuchte.
    Ende Juli erreichte uns die Nachricht, dass sich der Gesundheitszustand meiner Tochter Claude verschlechterte. Sie war erst siebenundzwanzig Jahre alt, doch die Strapazen der Geburt und des nicht enden wollenden Kampfes mit dem Kindbettfieber forderten ihren Tribut. Ich traf umgehend Vorbereitungen, zu ihr zu fahren. Als Lucrezia und ich in meine Kutsche steigen wollten, tauchte in letzter Sekunde Margot mit ihrem Mantelsack in der Hand auf. »Meine Schwester ist krank«, erklärte sie. »Ich möchte sie besuchen.«
    Ich verkniff mir die Bemerkung, dass sie sich noch nie um Claude gekümmert hatte. Tatsächlich führte meine zweite Tochter in Lothringen ein derart ruhiges Leben, weit von unseren Verstrickungen entfernt, dass wir sie bisweilen einfach vergaßen.
    Bei unserer Ankunft in ihrem Schloss ruhte Claude gerade. Da ich sie nicht stören wollte, ließ ich mir von ihrem zutiefst besorgten Gemahl meine Gemächer zeigen. Während Lucrezia meine Schrankkoffer ausräumte und ich auf einem Polstersessel saß, die schmerzenden Füße auf einem Schemel, führte er seine und Claudes zwei älteren Kinder zu mir herein, die kleine Christina und Charles.
    Die vierjährige Christina war ein Ebenbild von Claude, als sie in ihrem Alter gewesen war: genauso mollig und mit den gleichen rehbraunen Augen. Ihr hochaufgeschossener, schlanker Bruder Charles schlug dagegen nach den lothringischen Guises. Das ernste Gesicht des Heranwachsenden wurde von den für sein Alter typischen Pusteln verunstaltet. Ich konnte sehen, dass beide Kinder Scheu vor ihrer legendären Großmutter empfanden, über die sie zweifellos alle möglichen Geschichten gehört hatten, doch dann schlang Christina unvermittelt ihre dicken Ärmchen um meinen Hals. » Grandmaman , Ihr seid ja so alt!«
    Dass sie sich an mich erinnerte, war ausgeschlossen. Auch wenn ich jedes Jahr Geld und Geschenke für die Kinder schickte und nie einen Geburtstag oder Weihnachten vergaß, sah ich sie jetzt zum ersten Mal, denn bei ihren wenigen Besuchen am Hof hatte Claude sie stets zurückgelassen. Gleichwohl trieb mir Christinas unschuldige Bemerkung die Tränen in die Augen. Doch dann

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