Die Flotte von Charis - 4
Brust und wandte sich ihm erneut zu. »Aber unter den Adeligen deutlich mehr als unter den Bürgerlichen, denke ich.«
»Bei allem Respekt, Eure Majestät, aber es ist gerade der Adel, der mich so beunruhigt«, sprach Seahamper freimütig aus.
»Und wahrscheinlich auch mit Recht. Es ist weiß Gott viel wahrscheinlicher, dass wir irgendwelche Adeligen bei Intrigen und Ränken ertappen, als dass uns plötzlich eine spontane Rebellion des Volkes überrascht. Zumindest keine Rebellion gegen die Krone. Aber selbst wenn die Chisholmianer ihr Herz nicht so sehr auf der Zunge tragen wie die Charisianer − noch nicht, zumindest! −, scheuen sie sich doch deutlich weniger als die Untertanen aus den meisten anderen Reichen, andere wissen zu lassen, was sie gerade denken. Das ist etwas, was Onkel Byrtrym den Adel selbst gelehrt hat − und er hat ihnen auch nahegelegt, es ja nicht zu vergessen.«
Langsam nickte Seahamper, auch wenn seine Miene immer noch besorgt wirkte. Das gemeine Volk von Chisholm hatte ›ihre Königin, das Mädchen‹ sofort ins Herz geschlossen, nachdem ihr Vater gestorben war. Dass Königinmutter Alahnah sich äußerster Beliebtheit erfreute, war natürlich dabei recht hilfreich gewesen, doch es war eben jene Unerschrockenheit dieser ›Kindfrau‹ gewesen, der so unerwartet und so plötzlich und in so tragischer Weise die Krone in den Schoß gefallen war, die sie so sehr für sie eingenommen hatte. Und dieser Zauber war nie vergangen. Selbst jetzt noch, wo so viele − wie Sharleyan genau wusste − gewisse Vorbehalte gegen ihren offenen Widerstand gegen die Kirche hegten, hatte sie diese tief empfundene Liebe ihrer Untertanen ihr die Treue halten lassen.
Aber selbst der tiefste Ozean hat seinen Grund, sagte er sich und mühte sich nach Kräften, sich die Beunruhigung, die er immer noch empfand, nicht anmerken zu lassen.
»Ich bin nur … nicht sonderlich glücklich darüber, dass Ihr der Heimat so lange fernbleibt, Eure Majestät«, sagte er.
»Was? Keine Angst vor fanatischen, charisianischen Attentätern, deren ganze Treue der Kirche gilt?«, zog die Kaiserin ihren Leibgardisten auf.
»Was das betrifft, habe ich mittlerweile deutlich weniger Sorge als kurz vor unserem Eintreffen hier − und das meine ich ganz ehrlich.« Er schüttelte den Kopf und lächelte reumütig. »Ich will es gerne gestehen, Eure Majestät, ich weiß nicht, wie Ihr das geschafft habt, aber auch die Charisianer fressen Euch schon aus der Hand!«
»Unfug.« Nun war es an ihr, den Kopf zu schütteln, sogar deutlich kräftiger als zuvor ihr Gardist. »Ach, ich will ja gar nicht bestreiten, dass sie mich wohl ins Herz geschlossen haben, aber das hat deutlich weniger mit mir zu tun als vielmehr mit Cayleb, denke ich. Ihn lieben sie wirklich, wissen Sie? Ich glaube, das Volk von Charis hätte jede Frau hier willkommen geheißen, wenn es nur der Ansicht ist, sie könne ihn glücklich machen.«
»Ach ja?« Sardonisch hob Seahamper eine Augenbraue. »Und die Tatsache, dass die wunderschöne junge, eigenständige Königin eines anderen Königreiches, Tausende von Meilen entfernt, sich dafür entschieden hat, ebenfalls den Kampf gegen die Kirche aufzunehmen, hat damit überhaupt nichts zu tun?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Nein, das habt Ihr wirklich nicht«, schnaubte Seahamper. »Aber trotzdem, ich mache mir wirklich weniger Sorgen als vorher, und ich hoffe, dass es auch so bleibt. Natürlich schadet es auch nicht, dass die Royal Guard − ich meine natürlich die Imperial Guard! − ganz genau weiß, in was für eine unheilige Katastrophe es Charis führen würde, wenn sie zuließe, dass Euch irgendetwas geschieht! Ich glaube ganz und gar nicht, dass Euer Volk in der Heimat dies leichten Herzens hinnehmen würde.«
»Nein, das glaube ich auch nicht«, pflichtete sie ihm bei und grinste.
»Und mit Recht«, grollte Seahamper, und seine Miene wurde wieder deutlich ernster. Dann neigte er den Kopf zur Seite. »Dennoch«, gestand er ein, »ich will nicht bestreiten, dass ich erleichtert war, als ich sah, zu was sie fähig sind.«
»Ihr gebt zu, dass Ihr von den Leibwachen beeindruckt seid, die jemand anderem als Ihnen selbst unterstehen?« Sharleyan trat einen Schritt zurück, lehnte sich in einer dramatischen Pose gegen die Zinnen und presste sich mit weit aufgerissenen Augen die Hand fest an die Brust, und unwillkürlich musste Seahamper lachen. Doch zugleich schüttelte er tadelnd den Kopf.
»Das ist überhaupt nicht
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