Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)
würde ein langsam in die Jahre kommender, verlebter Mann wie Konrad von Tiefenbrunn als strahlender Retter nicht konkurrieren können.
Schließlich regte Konrad sich doch, sah an sich herab und tippte dann mit dem Zeigefinger auf das große schwarze Kreuz auf seiner rechten Brustseite.
» Dies, mein Junge, ist das Zeichen dafür, dass mir leider– oder womöglich auch glücklicherweise– versagt ist, wovon du soeben sprachest: die Ehe. « Er schüttelte den Kopf und sah den verdutzten Johann freundlich an. » Ich bin ein Mönch, ein Mönch in Rüstung. Ein Mann ohne Unterleib. «
Bei diesen Worten blickte Marie ganz schnell zu Boden, damit Konrad ihr Grinsen nicht sah, denn noch vor wenigen Augenblicken hatte er das Gegenteil von dem, was er da soeben behauptet hatte, eindrücklich unter Beweis gestellt. Doch offenbar war ihm das selbst bewusst, denn auch er schaute nun lächelnd zu Marie herüber, die leicht ihren Kopf hob, sodass sich ihre Blicke für einen kurzen Moment trafen.
» Wenn Ihr nicht ihr Freier seid, wer seid Ihr dann? Um ihr Bruder zu sein, seid Ihr zu alt « , stellte Johann unverblümt fest und erntete ein wenig erfreutes Nicken seitens Konrad.
» Zu alt, also, so, so « , wiederholte dieser trocken. » Wo befindet sich denn das Fräulein Adelheid? « , fragte er dann, in herrischem Ton.
» Das sage ich Euch erst, wenn Ihr mir Euer Anliegen erklärt « , erwiderte Johann ebenfalls entschieden.
» Nun, gut, wie du willst, Bursche… «
» Wir wollen doch nicht streiten « , erscholl nun wie das Zwitschern eines Vogels die Stimme Reginos, der plötzlich– passend zu seiner Stimme– angeflattert kam und sich zu den Dreien gesellte, während Maja noch immer murmelnd und starr am Rande stand und den Blick nicht von Konrad abwandte, der dies jedoch nicht zu bemerken schien.
» Immerhin haben wir es hier mit einem hochwohlgeborenen Lebensretter zu tun. Meine süße Himbeere, mein Lebenselixier, meine Marie hat er mir aus den reißenden Fluten des Flusses Styx gefischt und wohlbehalten– oder sagen wir einigermaßen wohlbehalten– zurück ins Leben gebracht. Das ist ein Grund zu feiern. Und einem Diener Gottes– lieber Johann, damit spreche ich zu dir– wird es gewiss nicht einfallen, unseren beiden Jungfrauen ein Leid zuzufügen. Du täuschst dich gewiss in dem edlen Herrn Ritter. Wir wollen die Damen selbst dazu befragen, wie sie zu diesem Rittersmann stehen. Ist das nicht die beste Lösung? Gehen wir nun flussaufwärts, zurück zu den anderen und zum wärmenden Feuer, sonst holt sich meine nasse Himbeere noch einen Schnupfen. «
Mit einer überschwänglichen Geste lud Regino daraufhin alle Anwesenden dazu ein, ihm in Frieden zu folgen. Und das taten sie.
Marie tat es erleichtert.
Johann tat es erwartungsvoll.
Konrad ein wenig skeptisch.
Und Maja tat es mürrisch und voller böser Vorahnungen.
» Himbeere! «
Marie fühlte sich zunächst nicht angesprochen.
» Himbeere! «
Jetzt blieb sie doch stehen. Sie hatten das Lager noch nicht ganz erreicht, konnten aber schon das Feuer in der Ferne prasseln sehen. Marie schritt tropfend neben Maja und hinter Regino und Johann her, während ihr Lebensretter sich Zeit gelassen hatte, das Sattelzeug seines Pferdes zu richten, und offenbar erst jetzt zu ihnen aufgeschlossen war.
» Bitte missversteht die Worte Reginos nicht « , begann sie sich ein wenig stotternd gegenüber dem sich in der einbrechenden Dunkelheit nähernden Konrad zu rechtfertigen. » Regino und mich. Uns verbindet nur… Freundschaft. «
» Hier, fang. «
Etwas Großes, Weiches, nach Pferdeschweiß Riechendes landete plötzlich auf Marie und hüllte sie ein.
» Eine andere Decke kann ich dir leider nicht geben,… Himbeere. «
Marie schlang wohlig die raue Pferdedecke um ihren klammen Körper. Nun hatte er sie erreicht. Er führte sein dunkelbraunes Ross am Zügel und blieb vor ihr stehen, während die anderen weiterzogen. Maja tat dies nicht, ohne dem Kreuzritter einen weiteren bösen Blick über die Schulter zuzuwerfen.
» Lebenselixier « , raunte dieser belustigt in Maries Ohr, wodurch ihr, trotz der sie durchdringenden kalten Nässe, plötzlich unglaublich warm wurde.
» Er würde von einer jeden Frau so sprechen. Er sagt stets das, was ihm gerade einfällt « , stammelte sie und ärgerte sich im gleichen Moment über sich selbst. Was ging diesen Fremden ihr Verhältnis zu Regino an? Sie musste sich nun wirklich nicht erklären.
Doch diesem schien die
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