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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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Eine Aufmüpfige « , meinte sie dann. » Also gibt es keinen Helden? «
    Wieder errötete Adelheid und schaute verlegen in ihren Schoß.
    » Doch nicht etwa einer von den Bauern? « , stieß Mathilde daraufhin entsetzt hervor.
    Adelheid wurde noch roter. Ihre Ohren begannen bereits zu glühen. Fast tat sie Mathilde leid, sodass diese vorerst das Thema ruhen ließ und an einer anderen Stelle weiterbohrte.
    » Diese besagte Plage hat Eure Weggemeinschaft dann also auseinandergerissen? «
    » Ja. «
    Das Mädchen war erleichtert, dass sie nicht gezwungen war, etwas über ihr verwirrendes Verhältnis zu Johann sagen zu müssen. Viel lieber sprach sie über die Pest, dieses schreckliche Übel, das ihr in den letzten Wochen so viel Schmerz bereitet hatte. Sie begann sich in einen regelrechten Wahn zu reden, sprach sich alles von der Seele und dachte in der Gräfin eine einfühlsame Zuhörerin gefunden zu haben. Sie erzählte von ihrem Bruder Friedrich und dessen Tod, von dem Knecht Otto, der so stolz auf seine neue Mütze gewesen war, von Lisa und Josef, die hatten heiraten wollen, von dem starken, guten Wilhelm sowie den noch so blutjungen Brüdern Fritz und Gustav, sie berichtete auch von der verschwundenen Elisabeth, deren Schicksal ungewiss sei, von den wütenden Bauern, die der alten Maja und dem guten Ulrich die Schuld gegeben hatten, und von allen anderen, welche sie auf ihrer abenteuerlichen Reise begleitet hatten.
    » …und so kann ich gar nicht sagen, welcher Verlust mir mehr zu Herzen geht. Natürlich ist es der Tod des geliebten Bruders, der mich innerlich zerreißt, aber sein Sterben habe ich nicht mitangesehen, das der anderen sehr wohl. Es waren die grausamsten Momente meines Lebens. Ihr könnt Euch nicht vorstellen, gute Gräfin, welch Schrecknis diese Plage mit sich bringt. Nur zu gut kann ich die Wut der Bauern verstehen, die in uns die Schuldigen für diese plötzliche, grausame Heimsuchung gesehen haben. «
    Mathilde hatte Adelheid zugehört. Sie hatte ihr sogar gut zugehört.
    » Ihr seid nicht schuld, Adelheid. Ihr habt nichts mit der Verbreitung dieses Unheils zu tun. Es sind die Juden. Sie haben die Brunnen vergiftet. So erzählen es die Reisenden aus Italien und Frankreich, die ab und an zur Burg kommen « , murmelte die Gräfin ein wenig abwesend, nur um etwas zu sagen. Ihre Gedanken waren jedoch ganz woanders.
    Das junge Ding hatte in ihrer rührseligen Erzählung einen Namen genannt, der Mathilde durchaus mehr interessierte als der Schreckensbericht über eitrige Beulen und brennendes Fieber.
    Adelheid hatte von einem Konrad von Tiefenbrunn gesprochen.
    Ritter des Ordo Teutonicus und ehrenhafter Helfer in der Not.
    So zumindest war er von dem Mädchen dargestellt worden.
    Doch Mathilde wusste nur allzu gut, dass ganz das Gegenteil der Fall war: Ein Übeltäter, Feigling, Heidenfreund und Mörder war dieser Ritter von Tiefenbrunn– und, der Erzählung dieses dummen Dings nach zu urteilen, nun auch fahnenflüchtig. Denn warum sonst sollte ein gestandener Ordensritter plötzlich die Gesellschaft von ausgerissenen Bauern einem Leben in der prächtigen Marienburg vorziehen?
    » Wo hätte die Reise der bemitleidenswerten Bauern denn hingehen sollen, mein liebes Kind? « , fragte Mathilde mit trauriger Stimme.
    » Nach Mähren ins Altvatergebirge wollten sie ziehen. Sie erhofften sich dort fruchtbares Land, Wohlstand und volle Mägen… «
    » …doch das war ihnen wohl nicht vergönnt « , ergänzte die Burggräfin. » Aber vielleicht hat dieser Ritter, von dem Ihr sprachet… Wie war noch gleich sein Name? «
    » Konrad von Tiefenbrunn. «
    » Vielleicht haben dieser Konrad von Tiefenbrunn und auch die Leute, die losgezogen sind, um Eure Mitschwester Elisabeth zu suchen, ja überlebt. Und vielleicht kommen sie schon bald gesund und wohlbehalten am eigentlichen Ziel ihrer Reise an. « Mathilde nickte Adelheid aufmunternd zu.
    » Ja, dafür werde ich beten « , sagte das Mädchen mit verklärtem Blick. Ein wenig Hoffnung keimte in ihr auf. Sie konnte nichts wissen von den Hintergedanken ihrer Gastgeberin, sie dachte lediglich an Johann, dem sie so sehr wünschte, dass er lebendig das Altvatergebirge erreichen würde. Und nicht nur ihm und den übrigen Überlebenden wünschte sie es– sie wünschte es auch sich selbst…
    Warum eigentlich nicht? Was sprach noch dagegen?
    Weshalb nicht auf Annas Genesung hoffen und dann den gemeinsamen Weg zu zweit– oder im schlimmsten Falle auch allein–

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