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Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Flucht der Gauklerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Neumann
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verursachte. Manchmal kam es sogar vor, dass sie die wohlrationierte Wegzehrung, obwohl sie zuvor großen Hunger verspürt hatte, unmittelbar nach dem Essen wieder ausspie. Ihr selbst war dieses Verhalten unangenehm, sie versuchte es zu verheimlichen, sich zusammenzureißen, doch es gelang nicht.
    Konrad, der noch immer fürchtete, nun sei auch sie von dem Übel befallen, musste eines Abends, als sie gemeinsam um ein kleines Feuer saßen und Marie wieder hinter einen Busch geflüchtet war, um sich dort zu erleichtern, von dem jungen Johann aufgeklärt werden:
    » Die Pest? Nein, die hat ganz gewiss nicht die Pest « , beruhigte der Bursche den unwissenden Ordensmann. » Die hat was ganz anderes. «
    » Was soll sie anderes haben? « , fragte Konrad verunsichert, während er dem Jungen ungeduldig dabei zusah, wie dieser den schmutzigen Verband an seinem Oberschenkel neu richtete.
    Johann ließ sich mit der Antwort Zeit. Er genoss es, wenigstens in solchen Dingen dem so erfahrenen Ritter überlegen zu sein. Offenbar hatte man als Mann der Waffen, der die meiste Zeit seines Lebens unter Geschlechtsgenossen verbracht hatte, nur wenig Ahnung von den wirklich wichtigen Dingen des Lebens.
    » Meine Mutter litt mehrmals an dieser schrecklichen Krankheit, und ein Mal wäre sie fast daran gestorben « , fuhr Johann nun fort.
    Konrads Miene verfinsterte sich, er schien besorgt, aber auch wütend über das verklausulierte Gerede des Burschen. » Jetzt sprich. Was soll das für eine Krankheit sein? «
    » Mein Alter war schuld, dass die Mutter so oft an diesem Übel litt « , antwortete Johann bloß und blickte zu Regino herüber, welcher nun endlich verstand und ebenfalls zu schmunzeln begann.
    » Ja, ich hörte auch davon. In meinem Dorf war fast eine jede Frau davon befallen « , mischte dieser sich nun ins Gespräch ein.
    » Wollt ihr mich zum Besten halten? Was wollt ihr mir sagen, ihr Halunken? Raus mit der Sprache! « Konrad fühlte sich verulkt und wurde etwas aufbrausend.
    » Nun ja « , sagte Regino mit äußerst besorgter Miene. » Bei den meisten ist es so, dass diese Krankheit mit einem großen, wachsenden, inwendigen Geschwür einhergeht. «
    Johann senkte den Kopf ganz tief zwischen seine Beine, damit Konrad sein breites Grinsen nicht sehen konnte. War dieser Rittersmann denn tatsächlich so naiv?
    Schließlich nahm sich der Bursche zusammen, hob den Kopf wieder und meinte: » Nein, Regino, ich glaube doch nicht, dass Marie an dieser Krankheit leidet. «
    » Warum nicht? « , wollte der Gaukler wissen.
    » Nun: Wer soll ihr dieses Leiden zugefügt haben? Also, wenn ihr mich fragt: Ich bin unschuldig. «
    » Ich ebenso. « Der Gaukler legte seine rechte Hand aufs Herz und blickte zu Konrad herüber.
    Der zornige Blick des Ritters war die ganze Zeit über von einem zum anderen gewandert. Am liebsten hätte er einen Knüppel vom Boden aufgelesen und die beiden frechen Kerle verprügelt. Doch jetzt verstand auch er endlich und wurde mit einem Male über und über rot. Es war nicht der Zorn, der diese Farbe in sein Gesicht brachte. Konrad schämte sich, so unwissend gewesen zu sein.
    Regino und Johann prusteten los.
    » Was der arme, alte Ulrich wohl dazu sagt, wenn wir ihn jemals wiedersehen? « , lachte Johann.
    » Warten wir in diesen schrecklichen Zeiten nicht alle auf die Rückkehr des Messias? « , warf Regino ein. » Vielleicht ist der guten Marie ja auch bloß der Erzengel Gabriel erschienen. «
    Jetzt nahm Konrad tatsächlich gleich zwei Stöcke vom Boden auf und warf sie gezielt mit der rechten sowie mit der linken Hand an die Köpfe der beiden Witzbolde. Diese verstummten sofort und rieben sich die wachsenden Beulen.
    In ebendiesem Augenblick kam Marie zum Lagerplatz zurück. Alle schwiegen. Regino und Johann schauten betreten und Konrad äußerst verlegen, er konnte sie nicht einmal anblicken und rückte sogar ein Stück von ihr fort, als sie sich neben ihn setzte.
    Johann bemerkte dieses Verhalten und verstand.
    Er war enttäuscht.
    Von dieser Sorte Mann war also der bis dahin so bewunderte, tapfere Kreuzritter.
    Ein Drückeberger, wenn es ernst wurde.
    Am nächsten Tag– sie wanderten noch immer am südlichen Rand des menschenleeren Riesengebirges entlang– war Marie wieder einmal zurückgefallen. Die drei Männer konnte sie nur mehr als kleine Gestalten in einer tiefer gelegenen Ebene ausmachen, wo diese nun stehen blieben, um auf sie zu warten.
    Längst wusste auch sie, was mit ihr los war. Zunächst

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