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Die Flucht

Titel: Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Ness
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genau, wie vertrauensselig ein Hund ist? Matthew ist fast da.
    Ich packe das Messer fester.
    Matthew bleibt stehen, er ist jetzt so nah, dass ich seine Augen glitzern sehe.
    »Jessica«, sagt er.
    Er hebt die Machete über den Kopf.
    Ich weiche zurück, so weit ich kann mit erhobenem Messer, und wappne mich ...
    Aber er zögert ...
    Er zögert ...
    ... auf eine Art und Weise, die mir nur allzu vertraut ist. Und das genügt.
    Ich schicke ein Stoßgebet zum Himmel, dass sie nicht mit dem gleichen Zeug eingeschmiert sind wie auf der Brücke, hole mit dem Messer aus und schneide mitten durch die Seile (danke, danke), mit denen die Pressballen verschnürt sind. Die vorderen Seile sind entzwei und die restlichen reißen bei dem zusätzlichen Gewicht. Schützend halte ich die Arme über den Kopf und springe zur Seite, als die Pressballen ins Rollen kommen.
    Ich höre einen dumpfen Aufprall und ein Stöhnen, und dann sehe ich Matthew, er ist unter den Pressballen begraben, mit weit ausgestrecktem Arm, die Machete ist ihm aus der Hand gefallen. Rasch versetze ich ihr einen Tritt, dann suche ich Manchee.
    Er ist in der Ecke hinter den aufgetürmten Pressballen. »Todd?«, sagt er. »Schwanz, Todd?«
    »Manchee ?« Es ist so dunkel, ich muss mich neben ihn kauern, um zu sehen, was los ist. Sein Schwanz ist zwei Drittel kürzer als zuvor, überall ist Blut, und trotzdem versucht Manchee, Gott segne ihn, mit dem Schwanz zu wedeln.
    »Aua, Todd?«
    »Alles in Ordnung, Manchee«, sage ich und meine Stimme und mein Lärm schluchzen vor Erleichterung, dass es zum Glück nur sein Schwanz ist. »Das kriegen wir schon wieder hin.«
    »Okay, Todd?«
    »Ja, ich bin okay«, sage ich und streichle seinen Kopf. Er schnappt nach meiner Hand, aber ich weiß, er kann nicht anders, weil es so wehtut. Er leckt mich ab, um sich zu entschuldigen, und schnappt gleich darauf noch einmal. »Aua, Todd«, sagt er.
    »Todd Hewitt!«, erklingt der Ruf vom vorderen Scheunentor.
    Francia.
    »Ich bin hier!«, rufe ich zurück und stehe auf. »Alles in Ordnung. Aber Matthew ist durchgedreht ...«
    Ich rede nicht weiter, denn sie hört mir nicht zu.
    »Todd, mein Junge, du musst zurück ins Haus«, sagt Francia eilig. »Du musst ...«
    Sie hält inne, als sie Matthew unter den Pressballen sieht.
    »Was ist passiert?«, fragt sie und fängt an, die Ballen wegzurollen, zuerst den über seinem Gesicht, um nachzusehen, ob er noch atmet.
    Ich deute auf die Machete. »Das ist passiert.«
    Francia schaut erst die Waffe, dann sehr lange mich an, ihr Gesichtsausdruck spricht von etwas, was ich nicht verstehe, ja nicht einmal erahnen kann. Ich weiß nicht, ob Matthew tot oder lebendig ist, werde es auch nie mehr heraus finden.
    »Wir werden angegriffen, Junge«, sagt Francia und steht auf.
    »Wir werden was?«
    »Männer«, sagt sie. »Prentisstown-Männer. Der Spähtrupp, der euch verfolgt hat. Sie greifen das Dorf an.«
    Mein Magen dreht sich um.
    »Oh nein«, sage ich. Und dann noch einmal: »Oh nein.« Francia sieht mich unverwandt an. Ich habe nicht die geringste Ahnung, was ihr durch den Kopf geht.
    »Liefert uns nicht aus«, sage ich flehentlich. »Sie werden uns töten.«
    Bei diesen Worten runzelt Francia die Stirn. »Wofür hältst du mich?«
    »Ich weiß nicht«, sage ich. »Das ist ja das Problem.«
    »Ich werde dich ganz bestimmt nicht ausliefern, also wirklich. Und Viola ebenso wenig. Die meisten im Dorf waren in der Tat dafür, euch bei uns aufnehmen und vor dem drohenden Angriff zu schützen.« Sie wirft einen Blick auf Matthew. »Ein Versprechen, das wir nun womöglich nicht einhalten können.«
    »Wo ist Viola?«
    »In meinem Haus«, sagt Francia und ganz plötzlich kommt wieder Leben in sie. »Komm, ich bringe dich zu ihr.«
    »Einen Moment noch.« Ich zwänge mich hinter die Pressballen, wo Manchee in seiner Ecke kauert und sich den Schwanz leckt. Er hebt den Kopf und bellt, es ist nur ein sehr kurzes Bellen, es reicht nicht einmal für ein einziges Wort. »Ich werde dich jetzt hochheben«, sagte ich zu ihm. »Versuch bitte, mich nicht allzu fest zu beißen, okay?«
    »Okay, Todd«, wimmert er, und jedes Mal, wenn er mit seinem Schwanzstummel wedelt, jault er leise auf.
    Ich schiebe meine Arme unter seinen Bauch und hebe ihnhoch an meine Brust. Er jault, beißt ganz fest in mein Handgelenk und leckt es sofort.
    »Alles in Ordnung, Kumpel«, sage ich und halte ihn, so behutsam ich kann.
    Francia wartet an der Scheunentür auf mich und ich folge ihr

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